Abschaffung der Maske an Schulen wird kontrovers diskutiert.
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Köln – Gegen eine Beibehaltung der Maskenpflicht an den Schulen in Nordrhein-Westfalen formiert sich ein breiter Elternprotest. „Es ist einfach wahnsinnig ungerecht und auch unverhältnismäßig, dass Erwachsene in allen Bereichen wieder ohne Maske unterwegs sind, während die Kinder in der Schule weiter Maske tragen müssen“, ärgert sich die Kölnerin Nina Poppe. Die Mutter von zwei Söhnen hat gemeinsam mit Trixi Kolb eine Petition zur „Abschaffung der Maskenpflicht an Schulen“ gestartet, in der sie fordern, dass die Maskenpflicht am Platz in der Grundschule mit sofortiger Wirkung aufgehoben wird.
Unfair den Kindern gegenüber
Die Resonanz ist riesig: Nach einer Woche verzeichnet die Petition bereits 23.000 Unterschriften. „Wir haben einen Nerv getroffen, weil viele das unheimlich wütend macht.“ Getestete Erwachsene schwitzten im vollen Fitnessstudio ohne Maske, während die Kinder weiter eingeschränkt sind. Dass die 3-G-Regel für die Eltern gilt, obwohl doch auch die Kinder zwei Mal pro Woche mit einem PCR-Test getestet werden, wollen sie nicht mehr hinnehmen. „Wir möchten für unsere Kinder aufstehen, weil sie sich nicht wehren können“, sagt Poppe.
Ähnlich argumentiert die Elterninitiative, die sich an der Roosenmaar-Schule gegründet hat. Sie wendet sich an die Landesregierung und an Oberbürgermeisterin Henriette Reker mit der Aufforderung, sich mit der Abschaffung der Maskenpflicht für das Kindeswohl einzusetzen. Das ständige Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung sei eine unangemessene Zumutung, wenn gleichzeitig auf privaten Hochzeitsfeiern bis zu 100 Menschen in geschlossenen Räumen hemmungs- und maskenlos feiern dürften.
Bei Medizinern stößt die Forderung nach einer Lockerung in den Schulen dagegen auf deutlichen Widerstand. Professor Jörg Dötsch, Leiter der Kinderklinik an der Uniklinik Köln, warnte eindringlich vor einem voreiligen Ende der Maskenpflicht an den Schulen. Gerade mit Beginn der kalten Jahreszeit riskiere man damit einen deutlichen Anstieg der Infektionen. Durch ein vorschnelles Aufheben könne man so wieder selbst verschuldet in eine schwierige Situation steuern. „Wenn dann im Winter doch wieder ganze Klassen in Quarantäne müssen oder Schulen gar schließen müssen, dann haben wir etwas ganz Gravierendes falsch gemacht.“ Dann müssten die Kinder wieder die Zeche zahlen.
Professor Jörg Dötsch
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Neben dem Testen habe das Masketragen wesentlich dazu beigetragen, dass die Ansteckungswahrscheinlichkeit in den Schulen trotz der Delta-Variante im Rahmen geblieben sei. Es gebe aktuelle Publikationen, die die Wirkung der Masken in den Schulen klar belegten und eine Reduktion der Ansteckungen um 40 Prozent festgestellt hätten. „Die Masken und die anderen AHAL-Regeln sind das zentrale Instrument der Pandemie in den kommenden zwei Monaten“, betont er.
Das Argument, dass für Kinder deutlich strengere Regeln gelten würden als für alle Erwachsenen, sei dagegen völlig korrekt, so Dötsch. „Diese Ungerechtigkeit zieht sich durch die ganze Pandemie.“ Es gehe immer darum, den Erwachsenen Freiheiten wieder zu geben und nicht an die Kinder zu denken. Aber weil diese Ungleichheit bestehe, werde die Maßnahme des Maskentragens dadurch nicht falsch. „Man muss aber im Gegenteil darüber nachdenken, auch bei den Erwachsenen strengere Maßnahmen in Innenräumen zu ergreifen und nur noch Getestete und Genesene zuzulassen. Wir Erwachsenen sind da gerade schlechte Vorbilder.“
„Die Kinder wollen sich ins Gesicht schauen“
Die Eltern argumentieren auch mit der psychischen Situation der Kinder. Non-verbale Kommunikation sei gerade für die Kleinen wichtig und schon seit so langer Zeit nicht möglich. „Sie wollen sich einfach endlich ins Gesicht schauen“, sagt Poppe. Die Elterninitiative der Rosenmaar-Schule beklagt bei den Kindern Kopfschmerzen und Belastungssymptome durch das Masketragen. Professor Dötsch betont, dass FFP-2-Masken das Atmen erschweren und für Kinder nicht geeignet seien. Medizinische Masken seien dagegen für Kinder unproblematisch. „In sämtlichen Untersuchungen konnten keine gesundheitlich negativen Auswirkungen belegt werden.“
Um das Ansteckungsrisiko auch ohne Maske so gering wie möglich zu halten, schlägt die Petition vor, die Anzahl der wöchentlichen PCR-Testungen von zwei auf drei zu erhöhen. Das Restrisiko einer Ansteckung müsse man in der Abwägung in Kauf nehmen, sagt Poppe. Zumal Kinder sehr selten gravierend erkrankten. Es stimme, dass aktuell die Infektion bei den Kindern in den meisten Fällen nicht schwer verläuft, erwidert Dötsch. Aber jede Infektion mache Kinder krank. Sie schließe vom sozialen Leben aus und sorge für eine Ausbreitung. „Ohne Masken lassen wir zu, dass sich mehr Kinder infizieren und riskieren im schlimmsten Fall eine Durchseuchung.“