„Wie sollen Gäste mit Maske essen?“Kölner Gastronomen über Ängste in der Corona-Krise

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Manfred Schäfer (r.)  und Till Riekenbrauk auf der Baustelle kurz vor der Eröffnung von Schäfers Brauhaus. (Archivfoto)

  • Seit dem 17.März 2020 müssen Kneipen, Bars und Restaurants in Köln aufgrund der Corona-Krise geschlossen bleiben.
  • In der Zwischenzeit wurden einige zuvor ergriffene Maßnahmen gelockert, so darf der Einzelhandel mittlerweile unter Auflagen wieder öffnen. Den Gastronomen fehlt noch immer die Perspektive.
  • Zudem würden Lockerungen weitere neue Probleme mit sich bringen. Wir haben mit Kölner Gastronomen über ihre Sorgen und Bedenken gesprochen.

Köln – Am meisten schmerzt, dass eine Perspektive fehlt. Ein konkretes Datum, auf das sich die Gastronomen einstellen können. Dennoch atmete Till Riekenbrauk an diesem Donnerstag erleichtert auf: Der Bund hat nämlich soeben beschlossen, die Mehrwertsteuer für Gaststätten und Restaurants von 19 auf 7 Prozent zu senken – ab dem 1. Juli und befristet für ein Jahr. „Ein großartiges Zeichen“, sagt Riekenbrauk, der das Brauhaus Johann Schäfer in der Südstadt betreibt. Die Steuersenkung bedeute „eine wahnsinnige Entlastung“ für die Zeit, in der Lokale ihre Gäste wieder am Tisch bedienen dürften.

Auf diesen unbekannten Tag fiebern die von der Krise hart getroffenen Gastronomen zwar hin – doch er löst zusätzliche Ängste aus. Denn noch niemand kann derzeit sagen, welche Auflagen Wirte dann erfüllen müssen. Und welche Umsatzeinbußen ihnen dann weiterhin drohen. Es ist von Mindestabständen die Rede, die auch vor dem Lockdown galten. Auch verschärfte Hygienemaßnahmen wie häufigere Reinigung der Toiletten und Warmwasser-Anschlüsse sind im Gespräch.

Schutzmasken machen es Gästen schwer

Ab Montag gilt zudem eine landesweite Maskenpflicht. Kann das überhaupt funktionieren? „Wir als Personal können Masken tragen. Doch der Gast? Wie soll er damit essen?“, sagt Biagio Favazza von Rocco’s Kitchen in Brück. Auch für Köche sei eine Maskenpflicht schwierig umzusetzen, sagt Neobiota-Chef Erik Scheffler, denn „er muss das Essen regelmäßig kosten“, so der Sternekoch aus der Kleinen Brinkgasse. Während Favazza über eine großzügige Außenterrasse verfügt, auf der im Normalbetrieb bis zu 70 Menschen Platz nehmen können, gibt es im Neobiota gerade einmal 30 Innenplätze – und keine Außengastronomie. „Ein Abstand von 1,50 Meter würde Sinn machen, auch wenn uns das wehtun würde: Unsere Platzzahl würde sich halbieren“, so Scheffler.

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Lohnt sich eine Öffnung mit Schutzmaßnahmen also gar nicht? „Das ist das große Damoklesschwert, das derzeit über der Branche steht“, sagt Riekenbrauk, der im Vorstand der Kölner Interessengemeinschaft Gastro ist. Seine Mitarbeiter sind in Kurzarbeit. Die Soforthilfe mildert den wirtschaftlichen Aufprall wenigstens für kurze Zeit ab. „Das große Problem aber: Wenn der Kostenapparat erst einmal wieder läuft, dann verursacht er einen Berg. Und den muss man mit weniger Platz erstmal erwirtschaften.“

Kölner Gastronomie braucht kreative Lösungen

Die Fraktionen der Bezirksvertretungen Innenstadt und Lindenthal fordern ihre jeweiligen Bezirksbürgermeister und Oberbürgermeisterin Henriette Reker daher auf, das Thema Außengastronomie auf die Tagesordnung ihrer kommenden Sitzungen zu setzen. In ihren Anträgen heißt es, „dass es unkonventionelle kreative Lösungen brauche“. So könnten Lokale im Hinblick auf die Sommersaison „Parkplätze vor den Gastronomien“, „private Flächen“ und bei Ladenschluss auch „Nebenflächen“ mitnutzen. All dies soll helfen, eine geringere Tischauslastung zu kompensieren.

Mit der erträumten Lockerung wären die Probleme der Gastronomen also nicht vom Tisch. Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband geht derzeit davon aus, dass ein Drittel der 51.000 Betriebe in NRW entweder schon mitten in der Insolvenz stecke oder kurz davor stehe. „Wir wären froh, wenn wir wenigstens ein zeitliches Fenster und damit Planungssicherheit hätten“, sagt Matthias Johnen, stellvertretender Geschäftsführer der Dehoga Nordrhein. 

Johnen hofft daher auf konkretere Aussagen als bisher zu Öffnungsplänen, wenn am 30. April Bund und Länder über das weitere Vorgehen beraten. Der Verband richte sich unterdessen schon auf strenge Auflagen ein. Gastronom Karl-Heinz Köckerlitz vom Niehler Gaffel im Linkewitz entwickelt gerade ein Sicherheitskonzept zusammen mit dem Verband, mit dem er auch an die Landesregierung herantreten will. Das sieht vor: Glashauben über dem Essen, leuchtende Seifenspender, Spuckschutz an der Theke.

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Die großen Fragezeichen bleiben aber: Wie serviert der Kellner das Essen an den Tisch, wenn ein Mindestabstand gilt? Sollen Toiletten nur einzeln betreten werden? Soll der Gast seine Kontaktdaten hinterlassen? Und vor allem: Kann man das alles überhaupt einhalten? Auch über Plexiglas an den Tischen herrscht Uneinigkeit. „Plexiglasscheiben seitlich von Tischen als Alternative zu Mindestabständen wären total sinnvoll und leicht anzubringen. Oben von der Decke mit Seil befestigt oder mit Ständerwerk auf dem Boden“ sagt Riekenbrauk.

Andere Gastronome fürchten, dass der Plexiglas-Markt bald leer gefegt sein und sich eine solche Investition zudem dauerhaft nicht lohnen könnte. Doch auf Modernisierungen kommt es womöglich an – ob sie finanziell zu stemmen sind, steht allerdings auf einem anderen Blatt.

Kölschgläser versus Flaschenbier

Ob Kölschgläser gut genug gespült werden und ob zunächst nur der Verkauf  von Flaschenbier möglich sein wird – damit müssen sich künftig Brauhäuser beschäftigen. „Das Problem ist nicht das Bier. Das ist virenfrei. Problematisch sind die Rückstände in den Gläsern, die Kaltspülen mit Bürsten nicht angemessen entfernen können“, sagt Christian Kerner, Geschäftsführer des Kölner Brauereiverbands. Es sei davon auszugehen, so Kerner, dass die großen Brauhäuser mit entsprechenden Heißspülen ausgerüstet seien, während die einfache Eckkneipe oder Vorstadtgaststätte schon passen müsste. „In vielen Gastronomien sind die Bedingungen exzellent, insbesondere bei den großen, wie bei uns. Ich finde diese Diskussion  müßig. Mir wäre daran gelegen, in der Krise nicht noch ein weiteres Fass aufzumachen“, sagt Dirk Heisterkamp, Marketing- und Vertriebsleiter bei  Früh Kölsch. Wie sich die Päffgen-Brauerei, die ihr Kölsch nur in Fässern und nicht in Flaschen abfüllt, dazu positioniert, wurde am Donnerstag auf Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ nicht beantwortet.

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