„Den wahren Freund erkennt man in der Not“Kölns OB Henriette Reker empfängt ukrainischen Bürgermeister

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Reker hinter Filatov, der am Schreibtisch sitzt

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Boris Filatov, Bürgermeister von Dnipro, der sich ins Gästebuch der Stadt Köln eintrug.

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Boris Filatov, Bürgermeister von Dnipro, haben eine Projektpartnerschaft unterzeichnet.

„Den wahren Freund erkennt man in der Not.“ So beginnt der Eintrag, den Boris Filatov, Bürgermeister der ukrainischen Stadt Dnipro, am Freitag ins Gästebuch der Stadt Köln geschrieben hat und in dem er für die Unterstützung dankt. Am 27. Oktober hatten Oberbürgermeisterin Henriette Reker und Filatov im Rahmen einer Videokonferenz den Vertrag einer Projektpartnerschaft unterzeichnet.

Währenddessen herrschte in Dnipro Luftalarm, doch Filatov lehnte das Angebot, den Termin zu verschieben, mit den Worten ab: „Das heutige Ereignis ist zu für uns zu wichtig, als dass wir jetzt in den Luftschutzkeller gehen könnten.“ Nun trafen sich die Stadtoberhäupter zum ersten Mal: Reker empfing ihren Amtskollegen, der mit einer Delegation nach Köln gekommen ist, im Historischen Rathaus. „Willkommen in einer Stadt, die Ihnen ihre Herzen geöffnet hat“, sagte Reker.

Ukrainischer Bürgermeister ist dankbar für Kölner Unterstützung

Dnipro liegt etwa 400 Kilometer südöstlich von Kiew, nicht weitentfernt von der Front. Wie Köln hat es gut eine Million Einwohner und Einwohnerinnen. Seit Russland den Krieg begann, war es mehrfach Ziel schwerer Raketenangriffe. Reker sprach den bisher verheerendsten Angriff an, bei dem am 14. Januar dieses Jahres in einem großen Wohnhaus 46 Menschen ums Leben kamen und rund 80 verletzt wurden. Angriffe auf Wohnblöcke und die zivile Infrastruktur seien „zentraler Teil der russischen Kriegsführung“, ebenso, in den besetzten Gebieten die Zivilbevölkerung bis hin zum Mord zu terrorisieren.

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„Russland führt Krieg gegen die Menschlichkeit, die Freiheit und das Selbstbestimmungsrecht der Völker Europas.“ Die westliche Unterstützung sei das einzige Mittel, Bilder wie die vom Grauen in Butscha und Irpin zu verhindern. Köln sei zwar nicht in der Lage, Waffen liefern, und der finanzielle Spielraum sei klein, doch es könne ideelle und zivile Unterstützung leisten. Im Juni 2022 hatte der Kölner Stadtrat beschlossen, mit Dnipro, das eine Drehscheibe für Binnenflüchtlinge ist, eine Projektpartnerschaft einzugehen, um humanitäre Hilfe zu leisten und entwicklungspolitisch zusammenzuarbeiten.

Köln hat Hilfslieferungen nach Dnipro gesandt

Schon vor der Vertragsunterzeichnung hatte die Stadt mithilfe des deutsch-ukrainischen Vereins Blau-Gelbes Kreuz Medikamente, Lebensmittel und Fahrzeuge für den Stadtverkehr nach Dnipro geschickt. Weitere Hilfslieferungen folgten, und sie setzen sich fort. Sie wünsche sich, dass die Partnerschaft, die zunächst auf drei Jahre befristet ist, über die Zeit des Krieges und des Wiederaufbaus hinaus Bestand habe, sagte Reker. Der Austausch konzentriert sich auf Bereiche wie Energieeffizienz, Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Technik und Kultur. Zur Delegation zählen sieben Personen, darunter auch Dnipros Vizebürgermeister Volodymyr Miller.

Auf dem Programm stehen unter anderem Treffen mit Vertretern der Kölner Feuerwehr, der Rheinenergie und des NS-Dokumentationszentrums. Für ihn sei es nicht leicht gewesen, seine Stadt „in einer Zeit zu verlassen, in der die russische Armee sie mit Drohnenattacken und Raketenbeschuss terrorisiert“, sagte Filatov. Er zeigte Fotos von Menschen, die bei Luftangriffen umgekommen sind. Dnipro, eine weltoffene Stadt und ein bedeutender Industriestandort, habe sich durch alle Krisen seiner Geschichte immer wieder behauptet.

Ukrainischer Bürgermeister warnt davor, auf Russland zuzugehen

Köln habe Dnipro in einem Maße geholfen, wie es noch keine Stadt getan habe, ob mit Bussen oder Generatoren. Filatov, der aus einer russischen Familie stammt, warnte davor, einen Schritt auf Russland zuzugehen. Dies öffne „der blutigen Maschinerie Tür und Tor Richtung Europa“. Die Ukraine nannte er „Vorbild für die ganze freie Welt“ Zum Schluss übergab er Reker ein Geschenk, das für den Schrecken des Krieges steht: ein Trümmerstück des Gebäudes, das am 14. Januar in Schutt und Asche gelegt wurde.

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