Restaurierungen in der Corona-ZeitWie der Kölner Dom im Lockdown herausgeputzt wird

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Kölner Dom Engel

Nach der Restaurierung werden die Steinengel mit Hilfe eines Krans auf eine Plattform in 100 Meter Höhe gezogen.

Köln – Das aktuelle Kölner Domblatt ist mit etwa 870 Gramm ein Schwergewicht. Auf mehr als 300 Seiten informiert das Jahrbuch des Zentral-Dombau-Vereins (ZDV) über die wichtigsten Ereignisse rund um die Kathedrale von Oktober 2019 bis September 2020. Die über 17 800 Mitglieder des ZDV bekamen den Bestseller zum Jahresende frei Haus geliefert. Wie sehr die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie die Arbeit der Menschen in der Dombauhütte beeinflusst hat, beschreibt Dombaumeister Peter Füssenich in seinem Dombaubericht.

Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens wurden auch in dem Gotteshaus sichtbar. „Der Kölner Dom hält für gewöhnlich den Rekord des meistbesuchten Bauwerks in Deutschland, doch in diesem Jahr war er so menschenleer wie selten. Diese Bilder des verwaisten Domes werden uns noch lange im Gedächtnis bleiben.“ Füssenich erinnert zudem an Arnold Wolff, einen seiner Vorgänger, der am Heiligen Abend 2019 im Alter von 87 Jahren gestorben war. Füssenich würdigte Wolff „als großen Dombaumeister des 20. Jahrhundert (...), der sein ganzes Leben dem Kölner Dom verschrieben hatte“. Arnold Wolff war von 1972 bis 1998 Dombaumeister.

Dom von Graffiti gereinigt

Die erzwungene Corona-Ruhe im Dom nutzten die Mitarbeiter der Dombauhütte für Arbeiten, die bei normalem Besucherbetrieb nur mit Mühe erledigt werden können. So wurden die Fußböden des Chormosaikes und die Natursteinböden in den Chorkranzkapellen restauriert und gereinigt. Im Treppenhaus des Südturmes wurden die Treppenstufen ausgebessert und die Natursteinflächen gereinigt. Die über die Jahrzehnte entstandenen Graffiti an den Wänden des Treppenaufgangs sind seither verschwunden. Es müssen wohl sehr viele unerwünschte Botschaften und Kritzeleien gewesen sein, wenn Peter Füssenich schreibt: „Dabei stellte der Dom einen Rekord mit der flächenmäßig größten Graffiti-Entfernung Europas auf.“

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Aufwendig war die Prozedur auf jeden Fall. Zunächst wurden die Wandflächen mit Heißdampf gereinigt. Verbliebene Graffitireste wurden dann mit einer Tiefengrundierung behandelt und anschließend noch einmal mit Heißdampf endgültig entfernt. Zum Schluss bekamen die Wände eine Schutzbeschichtung, damit eventuelle neue Graffiti nicht so tief in den Untergrund eindringen können. „Besser wäre es natürlich, wenn die Besucherinnen und Besucher künftig mehr Freude an den schönen Natursteinoberflächen als an Schmierereien haben“, so der Dombaumeister. In der Schatzkammer wurden während des Lockdowns im Frühjahr alle 90 Vitrinen innen und außen gereinigt. Dazu mussten die Exponate aus den Vitrinen herausgenommen, durchgesehen, gereinigt und zwischengelagert werden. Diese Prozedur erfolgt nur alle fünf bis sechs Jahre.

Steinengel kehren zurück

Die Ersten und Letzten auf einer Baustelle im und am Dom sind für gewöhnlich die Gerüstbauer. Für nahezu alle Arbeiten zur Erhaltung und Wiederherstellung werden kleinere oder größere Gerüste gebraucht. Sie waren auch im Einsatz, als im Mai 2020 zwei gewaltige Engel aus Stein am Nordturm des Domes auf die Gerüstplattform in 100 Metern Höhe emporgezogen wurden. Die beiden Skulpturen kehrten nach fünf Jahren an ihren ursprünglichen Aufstellungsort in den Figurenbaldachinen auf einer Höhe von 75 Metern zurück. Sie waren 2015 wegen gravierender Verwitterungsschäden abgenommen und anschließend rekonstruiert und komplett erneuert worden.

Kölner Dom Engel Werkstatt

Die beiden Steinengel werden in der Werkstatt restauriert.

Es handelt sich um zwei musizierende Engel. Der eine spielt Bratsche, der andere Schalmei. Die beiden 2,70 Meter hohen und rund 1500 Kilogramm schweren Engel sind um 1876 nach Entwürfen von Dombildhauer Peter Fuchs entstanden. Die beiden Skulpturen wiesen erheblichen Beschädigungen auf. Zum Teil fehlten ihnen Arme und Hände, Teile des Flügels und ein Großteil der Instrumente, die sie spielen. Die Ausmaße der Engel waren so gewaltig, dass sie nicht in einem Stück transportiert werden konnten. Die vier rund 750 Kilogramm schweren Einzelstücke wurden zunächst vom Hof der Dombauhütte und dem Schaudepot in den Bauaufzug des Domes gefahren, der sie bis auf die 45-Meter-Ebene des hohen Dachs brachte. Von der Dachwerkstatt zwischen den Türmen wurden sie mit einer Seilwinde aus einer Dachluke gehoben und bis auf die Gerüstplattform in 100 Meter Höhe emporgezogen. Zum Schluss wurden die Einzelteile auf einer Höhe von 75 Metern wieder zusammengefügt und montiert.

Neuer Tauben-Wohlfühlort

Kurioses findet sich auch im Domblatt. Weniger Menschen im und am Dom führten dazu, dass sich die Tauben freier und ungestörter fühlten und sich vor allem in üblicherweise stark frequentierten Bereichen wie dem Zugang zum Südturm breitmachten. Um diesen neuen Tauben-Wohlfühlorten den Reiz zu nehmen, wurden dort die Zwischenräume in den Decken und Gewölben mit weiteren Netzen gesichert. Welche positiven Effekte der Austausch von Türschlössern im Dom und im Aufgang zum Nordturm und in der Sakristei neben der Verbesserung des Einbruchschutzes bewirkt, verrät Füssenich. Mit der Erweiterung der Schließanlage und den neuen Schlössern sei „der bisherige lange Steckschlüssel, der sämtliche Hosen- und Manteltaschen durchlöcherte“, bald Geschichte.

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Die Berichte im Domblatt 2020 spannen einen Bogen von den armenischen Dreikönigenpilgern des 12. Jahrhunderts über das theologische Programm des Kinderfensters bis zu den Rosenschliffen an den Edelsteinen der barocken Prunkmonstranz in der Domschatzkammer. Es geht zudem unter anderem um die Insignien der Erzbischöfe, die Ebstorfer Weltkarte und die Grablege der Erzbischöfe im Alten Dom. Die Großbaustelle am Nordturm ist ebenso Thema wie die Restaurierung des Christusfensters im nördlichen Querhaus.

Mehr Vereinsmitglieder

Das Deckblatt zeigt eine gekrönte Frauengestalt, die auf einem reich verzierten Thron sitzt. Sie stellt die Personifikation Deutschlands, mit einem Modell der Kirche St. Gereon in den Händen, dar. Sie gehört zu einer Gruppe von acht Frauengestalten, die zu beiden Seiten des Kaisermosaiks die großen christlichen Nationen der alten Welt repräsentieren. Der Mosaikfußboden in Vierung, Binnenchor und Chorumgang ist mit einer Fläche von 1350 Quadratmetern das flächenmäßig größte Kunstwerk im Kölner Dom. Der Entwurf stammt von dem Architekten August von Essenwein aus dem Jahr 1887. Der Glasmaler Fritz Geiger stellte die Arbeiten an dem Fußbodenmosaik 1899 fertig.

Michael Kreuzberg, Präsident des Zentral-Dombau-Vereins, freut sich, dass die Mitgliederzahl weiter gestiegen ist. Am Stichtag 31. Dezember 2019 waren es 17 813 Mitglieder, gut 300 mehr als zu Jahresbeginn. 2019 betrug der Beitrag des Vereins zum Dom 4 350 000 Euro. Die Budgetplanung für 2020 sieht vor, dass der ZDV der Dombauhütte 4 110 000 Euro zur Verfügung stellt. Die Vereinsmitglieder erhalten das Kölner Domblatt unentgeltlich. Im Buchhandel kostet das Jahrbuch 29,90 Euro, es ist im Verlag Kölner Dom erschienen. Herausgeber sind Peter Füssenich und Klaus Hardering.

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