Die neue Folge von„ True Crime Köln“ berichtet vom Raub des Domkreuzes im Jahr 1995, das die Rotlichtgröße Schäfers Nas wiederbeschaffte. Sein Boot sorgt für neue Schlagzeilen.
Torpedo-Abfangboot mit goldener KlobürsteHafenverbot für die Yacht von Schäfers Nas

Die 1997 verstorbene Kölner Rotlichtgröße Schäfers Nas an Deck seines umgebauten Torpedo-Abfangbootes auf dem Rhein. Die neuen Besitzer denken über eine Versteigerung nach.
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Ein Kölner Deutz-Motor mit 328 PS, 22 Meter lang, 80 Jahre alt, aber gut in Schuss, dazu eine recht extravagante Ausstattung mit schusssicheren Türen und 24-karätigen Goldarmaturen in Bad und WC – das sind die wichtigsten Daten eines ehemaligen Torpedo-Abfangbootes, das in Kürze zum Verkauf stehen könnte. Für Liebhaber dürfte ein weiteres Detail von Interesse sein: Bei der „MS Colorado“ handelt sich um die schwimmende Wohnung der kölschen Unterweltgröße Heinrich Schäfer, genannt „Schäfers Nas“. Für den 1997 verstorbenen Zuhälter aus dem sogenannten „kölschen Milieu“ war das ausrangierte Kriegsschiff Alterssitz und Statussymbol. Zu Heinrich Schäfers Zeiten lag es im Rheinauhafen. Gleich in der Nähe des Ankerplatzes will Schäfers Nas 1995 das von unbekannten Tätern aus der Domschatzkammer gestohlene Lieblingskreuz des Kardinals gefunden haben. Die wohl bekannteste Geschichte um Kölns Rotlichtgröße ist Thema der neuen Folge von „True Crime Köln“, der Podcast-Reihe des „Kölner Stadt-Anzeiger“ über wahre Verbrechen aus Köln und der Region.
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Die Spurensuche rund um diesen seltsamen Kriminalfall, bei dem das Domkapitel angeblich den vorbestraften Gewalttäter um Mithilfe bei der Wiederbeschaffung des Diebesgutes gebeten haben soll, führte auch nach Duisburg zu Birgit Steinich und Sascha Rösler. Lange Zeit galt das Schiff, das 1945 in Bremen für den Krieg gebaut worden war, als verschollen. Und auch als das Duisburger Paar im Jahr 2020 das Boot kaufte, wusste es nichts von seiner Vorgeschichte. „Wir kannten Schäfers Nas überhaupt nicht“, so Steinich. Hätten sie gezögert, wenn ihnen der Vorbesitzer bekannt gewesen wäre? Das wäre für sie kein Problem gewesen. Das Leben auf dem Boot sei „super“. Von schlechtem Karma keine Spur. Die Extras, die sich Schäfer einbauen ließ, seien alle noch da. „Sogar eine vergoldete Klobürste haben wir.“ Die gesamte Ausstattung ließe „keine Wünsche offen“, heißt in einer alten Baubeschreibung. „Man kann hier die Neigung des verstorbenen Eigners mit seinem Hang zur Perfektion deutlich erkennen.“

Birgit Steinich und Sascha Rösler an Bord der MS Colorado
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Dreißig Jahre liegt der Diebstahl des Domkreuzes und die nicht minder spektakulären Wiederbeschaffungsaktion im Rheinauhafen zurück. Schäfers Nas wartete damals zusammen mit dem Kölner „Express“-Reporter Werner Schlagehan an Bord der „MS Colorado“ auf den Anruf der Diebe. Diese sollen das Kreuz dann in einer Tasche im Hafen abgelegt haben, wo es dann gefunden wurde. „Den Dom beklaut man nicht“, soll Heinrich Schäfer vorher verkündet und dann mit dem nötigen Nachdruck seine Kontakte in Gangsterkreisen genutzt haben. Nach dem Fund der Beute im Hafen habe er das Kreuz dem Dom zurückgebracht. Der Bericht über die folgende Begegnung zwischen dem schmächtigen Dompropst Bernhard Henrichs und dem gewaltigen Schäfer, der wegen Körperverletzung, Zuhälterei und Freiheitsberaubung im Gefängnis gesessen hatte, gehört zu jeder Krimi-Stadtführung. Der 2007 verstorbene Henrichs hat selbst fleißig mit an der Legende gestrickt. Es gibt berechtigte Zweifel an dieser Erzählung, wie der Kölner Autor Bernd Imgrund im Gespräch mit Helmut Frangenberg bei „True Crime Köln“ berichtet.

Das gestohlene Vortragekreuz aus der Domschatzkammer
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Keine Zweifel bestehen jedoch an der Fortsetzungsgeschichte rund um die „MS Colorado“, die seit einigen Monaten in Duisburg spielt. War das Schiff damals in Köln nur einer der Schauplätze eines Kriminalfalls, steht es nun selbst im Mittelpunkt einer juristischen Auseinandersetzung. Die städtische Hafengesellschaft hat Birgit Steinich und Sascha Rösler gekündigt: Die „MS Colorado“ ist im Duisburger Hafen nicht mehr erwünscht. Der Streit bietet durchaus neuen Krimistoff, denn der Vermieter weigert sich standhaft, seinen Mietern mitzuteilen, warum sie den Liegeplatz räumen sollen. Selbst vor Gericht hüllte sich das Unternehmen, das mit öffentlichen Geldern arbeitet, in Schweigen. Als der Richter den Anwalt der Vermieter nach dem Grund für die Kündigung gefragt hat, gab es keine Antwort. „Die müssen offenbar keinen Grund nennen“, so Steinich. Die Strategie der Hafengesellschaft gegen das Objekt der Kölner Stadtgeschichte und seine neuen Besitzer war bislang ohne Erfolg. Die Räumungsklage des wortkargen Klägers scheiterte.
Eine Anfrage des „Kölner Stadt-Anzeiger“ brachte keine neuen Erkenntnisse. Da es sich um ein laufendes, gerichtliches Verfahren handele, mache man grundsätzlich keine Angaben, so Felix zur Nieden, Pressesprecher der zuständigen Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft. Auch allgemeine Fragen, was denn ganz grundsätzlich zur Kündigung eines Liegeplatzes im Hafen führen könnte, werden nicht beantwortet. „Wir können nur spekulieren“, sagt Steinich im Gespräch bei „True Crime Köln“. Sie vermutet kommerzielle Interessen. Der Liegeplatz solle wohl an neue Interessenten teurer vermietet werden. Doch das wäre kein Kündigungsgrund. Auch das Aussehen des Bootes sowie das Interesse an seiner Vorgeschichte dürften nicht ausschlaggebend sein.
70.000 Euro für ein ehemaliges Kriegsschiff
Nun geht der Streit um die „MS Colorado“ in die nächste Instanz. Im Sommer soll wieder vor Gericht verhandelt werden. Wenn keine neuen Fakten auf den Tisch kommen, dürften die Chancen der städtischen Gesellschaft nicht steigen. Und doch zeigt deren Beharrlichkeit entnervende Wirkung: Steinich und Rösler spielen mit dem Gedanken, das Boot von Schäfers Nas zu verkaufen. „Wir warten den Prozess ab und dann schauen wir mal, ob wir es in eine Online-Versteigerung geben.“ Das Schiff, in das Heinrich Schäfer einen Millionenbetrag gesteckt haben dürfte, könnte für 70.000 bis 80.000 Euro zu haben sein. „Damit wären wir zufrieden“, so Rösler. Mit dem schwimmenden Eigenheim in einem anderen Hafen am Rhein zu ankern, komme für sie nicht infrage.
Die neue Folge von „True Crime Köln“ kann man überall hören, wo es Podcasts gibt, oder über die Homepage des Kölner Stadt-Anzeiger.