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Vergabestreit droht zu eskalierenFällt der Weihnachtsmarkt am Kölner Dom 2026 aus?

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12.12.2024 Köln. Weihnachtsbäume in der Stadt. Weihnachtsmarkt am Dom. Foto: Alexander Schwaiger

Rechtsstreit programmiert: Die Stadt stoppt das Vergabeverfahren für den Weihnachtsmarkt am Kölner Dom ab 2026, obwohl die Findungskommission schon entschieden hat.

Das Vergabeverfahren muss wegen gravierender Mängel neu gestartet werden, obwohl die Findungskommission schon eine Entscheidung getroffen hatte.

Droht dem Weihnachtsmarkt am Kölner Dom das gleiche Schicksal wie der Deutzer Kirmes? Das europaweite Aushängeschild, das laut Köln-Tourismus jährlich rund vier Millionen Besucher anzieht, könnte 2026, wenn es ganz schlecht läuft, wegen langwieriger Rechtsstreitigkeiten über den neuen Betreiber ins Wasser fallen.

Die Stadtverwaltung hat das Vergabeverfahren für die Jahre 2026 bis 2030 Anfang August völlig überraschend wegen gravierender Mängel gestoppt, obwohl die Findungskommission sich am 13. Juni dem Vernehmen nach schon darauf verständigt hatte, der Kölner Weihnachtgesellschaft mbH erneut den Zuschlag zu erteilen. Das Unternehmen betreibt den Weihnachtsmarkt seit 2010 und hatte sich offenbar gegen fünf Konkurrenten durchgesetzt.

Vergabeverfahren beginnt von vorn

Für das Verfahren ist das Amt für öffentliche Ordnung zuständig. Der Hauptausschuss des Stadtrats hat am Montag in nicht-öffentlicher Sitzung die Entscheidung, dass das Vergabeverfahren „aus Gründen der Gleichbehandlung“ von Neuem beginnen muss, zur Kenntnis genommen.

Hinter den Kulissen ist ein heftiger Streit über das gesamte Verfahren entbrannt, obwohl es noch gar keine offizielle Mitteilung gibt, dass der alte Betreiber auch der neue geworden wäre.

Dessen Konkurrenten werfen der Verwaltung vor, dass die Kölner Weihnachtsgesellschaft (KW) schon an der ersten Hürde gescheitert sei, weil sie mit ihrem Konzept die Mindestkriterien nicht erfüllt habe.

Es geht um den einzigen Rettungsweg zum Römisch-Germanischen Museum, der freigehalten werden müsse. Dort sei im Konzept der KW aber ein Karussell positioniert. „Das ist ein Kriterium, das zum sofortigen Ausschluss des Bewerbers führen muss“, sagt Rechtsanwalt Rolf Bietmann, der einen der Konkurrenten vertritt.

Mehrere Anwälte eingeschaltet

Der Anwalt eines weiteren Bewerbers wird noch deutlicher. Die Tatsache, dass die Stadtverwaltung zunächst versucht habe, dieses und andere Hindernisse nachträglich aus dem Weg zu schaffen, um das Angebot der KW zu „heilen“, erhärte den „Verdacht, dass bislang eine bestimmte Bieterin – hier die Kölner Weihnachtsgesellschaft mbH – um jeden Preis im Vergabeverfahren“ gehalten werden sollte, heißt es in einem Schreiben an das Rechtsamt, das dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegt.

Nochmal ganz vorn zu beginnen, sei nicht nachvollziehbar. Die Findungskommission, der auch Vertreter der Politik angehören, habe schließlich einen Zweitplatzierten ermittelt, dessen Angebot zuschlagsfähig sei.

Angst vor einer zweiten Blamage

Das sieht man an der Stadtspitze anders. In der vergangenen Woche hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) die Spitzen des Ratsbündnisses aus Grünen, CDU und Volt zu einem Krisengespräch gebeten. Dort soll man sich darauf verständigt haben, das gesamte Verfahren neu auszurollen. „Die haben alle große Angst vor einer zweiten Blamage wie bei der Deutzer Kirmes“, wird einer der Teilnehmer zitiert.

Das Volksfest in Deutz wird wohl auch im Herbst ausfallen, weil wegen eines Vergabestreits noch eine rechtliche Prüfung vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf ansteht.

Ordnungsamt räumt Fehlerkette ein

Für das Ordnungsamt ist es ein peinlicher Vorgang, eine ganze Kette von Fehlern in der Ausschreibung einräumen zu müssen. Fehler, die so schwerwiegend seien, dass das gesamte Verfahren von neuem beginnen muss, heißt es.

Man habe, heißt es in einer E-Mail des Ordnungsamtes an die sechs Bewerber, sich nicht an die Vorgabe des Stadtrats gehalten, nach der maximal 15 Prozent der genehmigten Verkaufsfläche mit gastronomischen Ständen belegt werden dürfen, um den besonderen Charakter des Weihnachtsmarkts als „europäisches Aushängeschild“ nicht zu gefährden. Statt der Verkaufsfläche sei versehentlich die gesamte Veranstaltungsfläche angegeben worden.

Als weitere „gravierende“ Mängel werden ein „fehlerhafter Kanalkataster-Auszug“, widersprüchliche und objektive Fehler in den Lageplänen für den Roncalliplatz und falsche Durchmesser-Angaben bei den Lichtstelen angegeben. Auch die Gepäckaufbewahrung für Kölner Dom-Besucher sei in den Plänen nicht mit ihren korrekten Maßen eingezeichnet, ein Blumenbeet nicht berücksichtigt worden.

Das neue Verfahren kommt für die Kölner Weihnachtsmarktgesellschaft völlig überraschend. „Wir haben nur gerüchteweise erfahren, dass die Findungskommission zu unseren Gunsten entschieden hat“, sagt Geschäftsführerin Monika Flocke auf Anfrage. „Das haben wir von diversen Seiten gehört. Der Kreis ist klein, irgendwann wird man angesprochen und einem wird gratuliert. Eine offizielle Verlautbarung der Stadt gab es nicht.“

Wir sind mit Selbstbewusstsein in die neue Bewerbung gegangen
Fabian Schulze-Terboven, Geschäftsführer Kölner Weihnachtsgesellschaft mbH

Für die weiteren Bewerber habe man sich während des Verfahrens nicht interessiert. „Wir sind mit einem gewissen Selbstbewusstsein in die neue Bewerbung gegangen, weil wir das 15 Jahre lang sehr ordentlich gemacht haben. Dass die Londoner Times Köln zur Weihnachtsmarkt-Hauptstadt Europas gewählt hat, hat auch ein wenig mit unserer Arbeit zu tun“, ergänzt Geschäftsführer Fabian Schulze-Terboven.

Im Nachhinein frage man sich, wie die Mitbewerber an die Detailinformationen aus „unserer Bewerbung“ wie fehlende Rettungswege oder blockierte Kanalanschlüsse gekommen seien. „Das lässt doch nur den Schluss, dass unsere Unterlagen der Konkurrenz bekannt sind. Wie kann das sein? Wir kennen die Bewerbungen der anderen jedenfalls nicht.“

Das sei für die neue Runde ein erheblicher Nachteil und entsprechend gering die Wahrscheinlichkeit, dass die neue Vergabe ohne juristische Auseinandersetzung über die Bühne gehe. Die könnte sich hinziehen. Auch, weil beim Weihnachtsmarkt am Kölner Dom im Vergleich zur Deutzer Kirmes deutlich mehr Geld im Spiel ist.