Ein inklusives Wohnprojekt zieht in die Artilleriehalle am Alpener Platz, aber wohl erst in 2029. Bis dahin können Zwischennutzer kreativ werden.
Alpener PlatzArtilleriehalle in Ehrenfeld kann bald genutzt werden – etwa für Weihnachtsmarkt

Die Artilleriehalle am Alpener Platz war am Festungstag zugänglich für Besucher.
Copyright: Hans-Willi Hermans
In der Artilleriewagenhalle am Alpener Platz haben die Veränderungen begonnen. Im Juni 2025 erfolgte die offizielle Schlüsselübergabe durch Vertreter der Stadt, wie Digo Chakraverty von Wohnwerk Cologne berichtete, einem Verein, der in dem Gebäude aus preußischer Zeit ein inklusives Wohn- und Arbeitsprojekt realisieren möchte. „Schon im Juli fand hier die erste Mitgliederversammlung statt“, so Chakraverty weiter. Wenn alles gut geht, wird im Advent sogar ein Weihnachtsmarkt in der Halle eröffnen.
„Wir sind in ernsthaften Gesprächen mit einem Bewerber, der sich für eine Zwischennutzung interessiert“, erklärte Wohnwerk-Gründungsmitglied Hubertus Halbfas. „Auch Food-Märkte oder Konzerte sind denkbar – aber es wird nicht laut, schon wegen der Nachbarschaft.“ Eine Zwischennutzung und damit eine Öffnung des Gebäudes, das jahrzehntelang als Lager der Bühnen Köln gedient hatte und für Außenstehende nicht zugänglich war, befürwortet der Verein sehr. Zumindest bis 2027, dann sollen die Pläne für den Umbau stehen. „2029 wollen wir einziehen“, sagte Digo Chakraverty

Viele Jahre lang war das Innere der Wagenhalle nicht zugänglich.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Gespannt lauschten etwa 40 Zuhörer in der weiträumigen, an einen Pferdestall mit sehr hohen Decken erinnernde Halle. Sie waren zu der gemeinsamen Veranstaltung von Wohnwerk und dem Verein Fortis Colonia gekommen, der das Innenleben der Artilleriewagenhalle in diesem Jahr erstmals im Rahmen seiner „Kölner Festungstage“ vorstellen konnte. Denn das 1879 errichtete Gebäude war einst Teil des Äußeren Festungsrings, wie Roland Schüler von Fortis Colonia erläuterte. Den hatten die Preußen um Köln gezogen, weil die fortgeschrittene Geschütztechnik einem Feind – hier dachte man vornehmlich an Frankreich – den Beschuss der Stadt schon aus weiter Ferne erlaubt hätte.
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Kriegsgerät und Geschütze lagerten in der Halle
Die Halle beherbergte Wagen zum Transport von Kriegsgerät sowie fahrbare Geschütze, die im Verteidigungsfall mit Pferdegespannen zu den Festungen, etwa Fort IV in Bocklemünd, verbracht worden wären. Pferde waren hier allerdings nie untergebracht, auch für Munition gab es spezielle Magazine. Zur Zeit des Ersten Weltkriegs waren die Festungen aufgrund der Veränderungen bei Waffentechnik und Kriegsführung veraltet, nach 1918 wurden 19 der 20 Kölner Artilleriewagenhallen abgerissen, nur die am Alpener Platz blieb stehen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde das ursprünglich 70 Meter lange und 17 Meter breite Backsteingebäude stark beschädigt. Weil die rückwärtige Giebelwand vollkommen zerstört war, verkürzte man die Halle um fünf Meter, der Dachstuhl verbrannte und wurde später durch ein Notdach ersetzt. Verloren ging auch die aus Holz bestehende Innenaufteilung der Halle, niemand weiß, wie viele Geschosse sie früher hatte: „Es gibt in den Archiven kaum Pläne“, so Schüler.

Roland Schüler (ganz rechts) von Fortis Colonia erzählt von der Geschichte der Halle.
Copyright: Hans-Willi Hermans
Das Interesse an der Halle flammte erst wieder auf, als sich vor etwa zehn Jahren herumsprach, dass die Bühnen das Lager aufgeben wollten. Gleich dachte man über den Abriss der Halle und Wohnungsbau auf dem Ehrenfelder „Filetstück“ nach. Das stieß allerdings auf energischen Widerstand bei den Ehrenfelder Bezirksvertretern, auch die Bürgervereinigung Ehrenfeld protestierte gegen diesen Umgang mit einem historischen Gebäude und gab ein Gutachten zur Überprüfung des Denkmalwerts in Auftrag. Unter Denkmalschutz allerdings wurde die Halle aufgrund der baulichen Veränderungen nie gestellt.
Dennoch ließ sich die Stadt auf eine Konzeptvergabe ein, wonach ein Grundstück nicht einfach an den Meistbietenden vergeben wird, sondern aufgrund der besten Ideen für eine gemeinwohlorientierte Nutzung. Wohnwerk Cologne konnte sich mit seinen Vorstellungen von einem inklusiven Wohn- und Arbeitsort für 120 Menschen mit und ohne Behinderungen, Jung und Alt, für WGs, Singles und Paare durchsetzen. Das Äußere der Halle soll weitgehend erhalten bleiben, nur die zugemauerten Fenster werden aufgebrochen. Ein Drittel der neuen Wohnungen wird öffentlich gefördert, ein Drittel frei finanziert, das letzte Drittel geht an Studenten. Ein Viertel der Nutzfläche von 4800 Quadratmetern soll von Gewerbe genutzt werden.
Der Verein möchte nun eine Genossenschaft gründen, um an Fördermittel und günstige Darlehen zu kommen, immerhin muss man rund 5 Millionen der Gesamtkosten in Höhe von 23 Millionen Euro für das Projekt als Eigenanteil vorweisen. Noch in diesem Jahr soll es soweit sein, auch bei der Suche nach passendem Gewerbe ist man weitergekommen. Zwar hat die traditionsreiche Rösterei Schamong von nebenan anscheinend das Interesse verloren, dafür ist nun neben einer zweigruppigen Kita auch ein inklusives Café im Gespräch, wie Hubertus Halbfas erzählte: „Vielleicht sogar mit einem Ausbildungsplatz für Menschen mit Einschränkungen.“