15 Kilometer, Prüfungen, SpielplatzWo NRW einen eigenen Weg der Corona-Regeln geht

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Laschet Laumann Scharrenbach

Armin Laschet (CDU, l.), NRW-Ministerpräsident, Karl-Josef Laumann (CDU), Gesundheitsminister von Nordrhein-Westfalen, und Ina Scharrenbach (CDU), Ministerin für Heimat, Kommunales, Bauen und Gleichstellung.

Köln/Düsseldorf – Hunde dürfen während des Corona-Lockdowns weiter in Tiersalons frisiert werden. Menschen bleibt der Friseurbesuch aus Schutz vor einer Infektion untersagt. Auch Kosmetikstudios, Massagepraxen und Tattoo-Studios sind weiterhin geschlossen – passt das zusammen? Das Gerichtsurteil aus Münster vom Mittwoch ist eine weitere Facette der Besonderheiten in der Pandemie-Bekämpfung in NRW. 

Am Dienstag trat die Regionalverordnung für NRW in Kraft – ein zusätzliches Regelwerk für Corona-Hotspots, die neben der schon bestehenden Coronaschutzverordnung gilt, auf die sich Bund und Länder bis zum 31. Januar verständigt haben.

SPD-Landtagsfraktionschef Thomas Kutschaty warf daraufhin der Landesregierung vor, Sonderweg und Regionalverordnung würden „mehr Verwirrung als Klarheit“ schaffen – hat er Recht? Ein Blick auf Abweichungen im Corona-Kurs des Landes.

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Verwirrung um 15-Kilometer-Regel in NRW

Einer der größten Streitpunkte und Unterschiede im bundesweiten Vergleich ist die Handhabung der 15-Kilometer-Regel als Schutzmaßname für Corona-Hotspots. Bei einem Inzidenzwert über 200 dürfen Bewohnerinnen und Bewohner der Region sich nur eingeschränkt bewegen und besucht werden. Nach der Beratung zwischen Bund und Ländern setzte NRW die Regel zunächst nicht um.

Kurzfristig setzte die Landesregierung die Regel am späten Montagabend doch um: Seit Dienstag gilt die Regionalverordnung in NRW, die auch die 15-Kilometer-Regel als Hotspot-Schutzmaßnahme möglich macht. Sie gilt aktuell etwa im Oberbergischen Kreis. „Eine schwankungssichere Datenbasis stand aufgrund des Meldeverzugs während der Feiertage bislang aber nicht zur Verfügung“, begründete NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) die verspätete Umsetzung. Nun soll sie den Hotspots einen „rechtssicheren Rahmen“ geben.

Eil-Anträge gegen die Einschränkung der Bewegungsfreiheit sind bei Gerichten eingelaufen. Die Opposition kritisierte im Landtag das Vorgehen als „halbherzig und schlecht gemacht“. Auch andere Bundesländer wie Baden-Württemberg haben zunächst auf die Umsetzung der Regel verzichtet. Beratungen sind aber angelaufen.

Kontaktbeschränkungen: Kinder zählen in NRW nicht dazu

Treffen im öffentlichen Raum sind nur zwischen Angehörigen eines Hausstands sowie einer weiteren Person erlaubt – so sieht es auch der Beschluss von Bund und Ländern vor. Anders als in vielen Bundesländern zählen zu betreuende Kinder unter 14 Jahren in NRW nicht dazu.

Auch auf dem Spielplatz gelten in NRW Sonderregeln: „Spielplätze haben in vielen Bundesländern geöffnet. Dabei sind Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten“, heißt es in der Erklärung des Bund- und Länderbeschlusses. In der Erklärung für NRW heißt es hingegen: „Ausgenommen sind demnach u.a. spielende Kinder auf einem Kinderspielplatz“ – Abstandsregeln gelten nur für betreuende Personen und Eltern.

Partys, Feiern und öffentlicher Alkoholverzehr weiterhin untersagt

Partys, vergleichbare Feiern und der öffentliche Verzehr von Alkohol sind generell weiter untersagt – da ist NRW auf einer Linie mit dem Bund- und Länderbeschluss. Nach Darstellung der Bundesregierung sollen private Zusammenkünfte grundsätzlich nur für Angehörige des eigenen Hausstandes und mit maximal einer weiteren nicht im Haushalt lebenden Person erlaubt sein.

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Der private Raum wird in der NRW-Coronaschutzverordnung nicht explizit als solcher genannt. „Partys und vergleichbare Feiern sind generell untersagt“, heißt es in der entsprechenden Passage. Ein Sprecher des NRW-Gesundheitsministeriums präzisierte aber auf Anfrage: „Generell meint sowohl im öffentlichen Raum als auch im privaten.“ Der private Raum gilt weiterhin als Streitpunkt, weil er die persönliche Freiheit sensibel einschränken könnte.

Schule im Distanzunterricht – keine Klassenarbeiten in NRW

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) folgte nach den verlängerten Weihnachtsferien dem Bund- und Länderbeschluss: Seit dem 11. Januar findet Schule nur mit Distanzunterricht statt.

NRW hat zudem explizit beschlossen, dass grundsätzlich keine Klassenarbeiten bis zum 31. Januar geschrieben werden sollten. Es könne laut Landesinformation jedoch Ausnahmen geben, etwa bei noch zwingend zu absolvierenden Prüfungen.

Bau- und Gartenmärkte in NRW für Gewerbe geöffnet

Der Einzelhandel bleibt bis zum 31. Januar mit einigen Ausnahmen wie Supermärkten oder Apotheken geschlossen – NRW folgt der Bund- und Länderempfehlung. Zusätzlich können im rund 18 Millionen Einwohner umfassenden Bundesland Baumärkte für Gewerbetreibende öffnen: „Der Betrieb von Bau- und Gartenbaumärkten ist nur zur Versorgung von Gewerbetreibenden zulässig. Anderen Personen darf der Zutritt nicht gestattet werden “, heißt es im NRW-Regelwerk.

NRW setzt schärfere Regeln im Sport um

Während der Profisport mit Ausnahmen und ohne Zuschauer stattfinden darf, ist der Freizeit- und Amateursport in öffentlichen und privaten Sportanlagen untersagt – ähnlich wie beim ersten Shutdown im Frühling 2020.

„Erlaubt bleiben der Individualsport sowie Sport zu zweit oder mit den Angehörigen des eigenen Hausstands“, heißt es im Bund- und Länderbeschluss. Die Landesverordnung präzisiert diese Angabe: Erlaubt sind unter Einhaltung der Kontaktbeschränkung etwa Joggen und Walken, Sportarten im Freien. Sobald eine Sportanlage genutzt wird, gilt jedoch auch bei zwei Teilnehmerinnen ein Verbot: So sind etwa Tennis und Golf untersagt.

Das Land NRW bietet auf seiner Webseite die wichtigsten Beschlüsse und Verbote als Übersicht an. Landesregierung und Gesundheitsministerium haben mehrfach betont, die Lage und das Infektionsgeschehen zu überwachen und die Regeln anzupassen. (mab mit dpa/afp)

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