Kommentar zur Corona-LageOhne strengere 2G-Regeln droht im Winter Chaos

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2G

Die Infektionszahlen steigen, trotzdem ist 2G nicht die Norm.

Köln – Wäre die Bekämpfung der Corona-Pandemie ein Uhrwerk, so müsste man sagen: Die Zahnräder greifen nicht mehr ineinander. Die Zeiger stehen still, die Zeitangabe ist dahin. Die Uhr ist damit unbrauchbar.

Was daran mehr und mehr beunruhigt: Außer dem so unermüdlichen wie unvermeidlichen SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach und den Ärzten in den Kliniken, die erneut vor einer Überlastung der Intensivstationen stehen, schlägt bislang kaum jemand ernsthaft Alarm.

Verstörende Zahlen

Dabei sind die Nachrichten und die Zahlen ähnlich verstörend wie vor einem Jahr, als das Land – fast zur selben Zeit – auf den „Weihnachtslockdown“ zusteuerte, um einen damals noch als katastrophal empfundenen weiteren Anstieg der Inzidenzen zu verhindern.

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Heute hören wir von Rekordzahlen bei den Neuinfektionen, von wiederum Hunderten Toten täglich und vor allem, was neu ist, von massenhaften Impfdurchbrüchen. Damit aber gerät all das ins Wanken, was wir nach der Entwicklung und Verabreichung vermeintlich zuverlässiger Impfstoffe gesichert zu haben glaubten: die unbeschwerte Bewegungsfreiheit, die Möglichkeit zur Begegnung in beruflichen und privaten Zusammenhängen, auch die sichere Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel, wo es naturgemäß zu großer Nähe vieler Menschen auf engem Raum kommt.

Zorn über Impfverweigerer

Eine anhaltende notorische Impfverweigerung – speziell in den Gesundheitsberufen – macht vor dem Hintergrund stark steigender Infektionszahlen zunehmend ratlos, ja zornig.

Unerklärlich ist es aber auch, wie die politisch Verantwortlichen in Düsseldorf gerade jetzt die Maskenpflicht an Schulen abschaffen konnten. Das Infektionsgeschehen in den Klassenräumen wird dadurch faktisch unkontrollierbar: Lehrkräfte womöglich ungeimpft, Kinder ungeimpft und ungeschützt, massive Zunahme von Infektionen und Erkrankungen. Fast könnte man sagen: Die Räder des Corona-Uhrwerks greifen bestens ineinander.

Freundliche Unterstützung aus Düsseldorf und Berlin

Mit freundlicher Unterstützung aus Düsseldorf und Berlin. „Epidemische Lage von nationaler Tragweite“? Mal eben für beendet erklärt. Kostenlose Bürgertests? Abgeschafft. Dabei wären gerade letztere ein wichtiges Rad im Getriebe: Unwissentliche Virenträger könnten so ausfindig gemacht und isoliert werden.

Hierzu sei kurz das Beispiel eines doppelt geimpften Bekannten erwähnt, der kurz vor seiner Teilnahme an einer öffentlichen Veranstaltung mit zig Gästen durch einen vorsorglichen Selbsttest bei sich selbst einen Impfdurchbruch feststellte. Schlimm genug für ihn, aber gut für alle, denen er am fraglichen Abend nicht mehr über den Weg gelaufen ist.

Strengeres 2G-Regelwerk

Auf die sich erneut derart zugespitzte Corona-Lage kann es eigentlich nur eine politische Antwort geben: Ein strengeres 2G-Regelwerk plus Pflichttests, womöglich sogar mit dem besonders zuverlässigen PCR-Verfahren. Und damit verbunden, eine Kostenpflicht für alle, die sich nicht impfen lassen wollen, obwohl es ihnen aus medizinischer Sicht möglich wäre.

Geimpft, genesen und zusätzlich getestet – das sollte im kommenden Corona-Winter und in der anlaufenden Karnevalssession zumindest bei größeren Veranstaltungen zum Regelfall werden.

„Boostern“ mit Hochdruck

Mit Hochdruck muss jetzt auch am „Boostern“ gearbeitet werden, der Verabreichung einer dritten Impfdosis. Ob der Erfolg einer solchen Kampagne nur mit Wiederöffnung der Impfzentren möglich ist, darüber müssen sich die Experten schleunigst verständigen. Vielleicht ist es besser, den nicht unerheblichen logistischen und finanziellen Aufwand besser in dezentrale Angebote zu investieren.

Was über den verstörenden Meldungen zu den Impfdurchbrüchen nicht vergessen werden darf: Die Schutzwirkung gegen die aggressive Variante des Virus ist mit Impfung besser als ohne, und milde Verläufe sind besser als schwere.

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Andererseits stellt uns die Zahl von bald 100.000 Covid-Toten die Bedrohlichkeit dieser Krankheit vor Augen. Wir dürfen sie nicht länger verdrängen. Denn die Corona-Pandemie ist nicht vorbei. Es steht weiter Leben auf dem Spiel, es stehen auch die wieder erlangten Freiheiten auf dem Spiel. Alles, was wir so oder so ähnlich schon bei der zweiten und dritten Corona-Welle erörtert haben. Jetzt schwappt die vierte über uns herein, als hätten wir immer noch nichts begriffen.

Ohne schärfere 2G-Regeln, niedrigschwellige Auffrischungs-Impfangebote und die Rückkehr der kostenlosen Bürgertests droht uns ein chaotischer Corona-Winter.

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