Kommentar zur WahlNRW-Wirtschaft fehlt Verlässlichkeit bei den Grünen

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Gruene

Sibylle Keupen (vorne), Oberbürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die Stadt Aachen, Felix Banaszak (2.v.l.) und Mona Neubaur (r), beide Vorsitzende der Partei in Nordrhein-Westfalen, sowie Katja Dörner (l), Oberbürgermeisterkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen für die Stadt Bonn, am Montag am Düsseldorfer Rheinufer

  • Der Wahlerfolg der Grünen macht sie zu einem Machtfaktor in vielen Städten und Gemeinden.
  • Doch ob sie ein verlässlicher Partner für die Industrie in Nordrhein-Westfalen sein können, müssen sie erst noch beweisen.
  • Bei Arbeitgebern und Industrieverbänden dürften auch ungute Erinnerungen an einen fünf Jahre währenden Machtkampf in der rot-grünen Landesregierung 2012 bis 2017 wach werden. Ein Kommentar.

Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass die tiefgreifenden Veränderungen in der politischen Landschaft auch NRW erfasst haben, dann liefert ihn die Kommunalwahl vom Sonntag. Die Grünen sind aufgrund ihrer deutlichen Stimmenzuwächse in den Städten und Gemeinden ein neuer Machtfaktor.

Für die Partei, die in den 80er-Jahren über das Markenzeichen „Ökologie“ in Deutschland stark geworden ist, stellen sich nun richtungsweisende Fragen. Denn der langfristige Erfolg der Grünen in NRW dürfte ganz wesentlich auch davon abhängen, ob sie die Interessen der Arbeitnehmer glaubhaft vertreten können, wenn sie in der Verantwortung stehen. Es geht konkret darum, ob sie wirtschafts- und industriepolitisch eine verlässliche Größe werden.

Erinnerungen an einen rot-grünen Machtkampf

Die Wirtschaft an Rhein, Ruhr und Weser, insbesondere die Industrie und ihre Verbände, dürften das Erstarken der Grünen zumindest mit gemischten Gefühlen sehen. Erinnerungen an die rot-grüne Landesregierung der Jahre 2012 bis 2017 werden wach: Damals fand über Jahre ein Machtkampf zwischen dem industriefreundlichen SPD-Wirtschaftsminister Garrelt Duin und dem ökodogmatischen grünen Umweltminister Johannes Remmel statt.

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Zum Leidwesen der Unternehmen setzte sich Remmel häufig durch. So fiel in seine Amtszeit die Einigung über die Verkleinerung des Braunkohletagebaus Garzweiler II. Bechsteinfledermaus und Feldhamster waren den Grünen mehr wert als neue Gewerbegebiete oder der Ausbau industrieller Infrastruktur.

Der Blick nach Baden-Württemberg könnte wiederum Hoffnungen wecken. Winfried Kretschmann, erster grüner Ministerpräsident in Deutschland, ist ein Realpolitiker, der im Laufe seiner Amtszeit immer mehr Verständnis für die Belange der Arbeitgeber im Autoland Süd-West zeigte. Auch die NRW-Grünen haben sich der Wirtschaft angenähert.

Neubaur kam beim Arbeitgebertag gut an

Im Sommer sprach die Landesvorsitzende Mona Neubaur beim NRW-Arbeitgebertag – und kam erstaunlich gut an. Sie hat schon in ihrer Zeit als Kommunalpolitikerin pragmatisches Politikverständnis bewiesen, etwa bei der teilweisen Umstellung eines Düsseldorfer Kohlekraftwerks auf Gas in Verbindung mit Fernwärme.

Sollte es den Grünen gelingen, auch intern Ökologie und Wirtschaft miteinander zu versöhnen, können sie dauerhaft zu einem stabilen Machtfaktor in NRW werden. Allerdings nur dann, wenn sie nicht in ihr altes Rollenverständnis zurückfallen und den Fehler machen, die Bevölkerung belehren und erziehen zu wollen. Die Schlappe bei der Landtagswahl 2017, als die Partei fast aus dem Landtag flog, sollte warnendes Beispiel sein.  

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