Mit Vorsicht zu genießenDienstag wird der heißeste Tag des bisherigen Jahres in NRW

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Hitze

Sonnenschirme schützen - am Dienstag erwarten Meteorologen den bislang heißesten Tag des Jahres in NRW.

Essen/Köln – Am Dienstag wird es heiß. Kurz aber heftig charakterisieren Wetter-Experten die Hitze-Episode, die in Nordrhein-Westfalen gerade ihre volle Kraft entwickelt, denn am Dienstag erleben wir wohl die höchsten Temperaturen der Woche und den heißesten Tag des bisherigen Jahres mit bis zu 40 Grad Celsius.

Die größte Hitze wird laut Deutschem Wetterdienst (DWD) im Gebiet zwischen Köln und Kleve an der Grenze zu den Niederlanden erwartet. Auch südlich von Köln in Richtung Euskirchen könne es ähnlich heiß werden. Im Rest von NRW sind 36 Grad und mehr vorhergesagt. Der Wind soll dabei nur schwach bis mäßig wehen - das alles bei herrlichem Sonnenschein.

Bundesweiten Hitzeschutzplan gefordert

Viele Hitze-Aspekte sind aber problematisch. Am Montag forderte der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt, einen Hitzeschutzplan auf Bundesebene. „Hitzewellen werden immer häufiger und extremer“, sagte Reinhardt, auch für medizinische Einrichtungen wie Kliniken und Pflegeheime sowie Not- und Rettungsdienste seien Pläne für Extremwetterereignisse notwendig.

Alles zum Thema Karl-Josef Laumann

Was für die heißen Tage jetzt zu beachten ist – wir beantworten die wichtigsten Fragen:

Wie lange dauert die Hitze-Episode?

Die Hitzewelle hat am Montag das Rheinland getroffen und erreicht laut DWD am Dienstag seinen Höhepunkt. Dann geht es aus aktueller Wetterdienst-Perspektive aber auch schon wieder gemäßigter zu: In der Nacht zu Mittwoch ziehen laut Prognose teils dichte Wolken auf. Westlich des Rheins sind dann erste Schauer und Gewitter möglich. Am Mittwoch werden Temperaturen zwischen 28 und 35 Grad erreicht und es bleibt meist bewölkt, örtlich soll es zu Schauern und Gewittern kommen. Am Donnerstag sinken die Temperaturen voraussichtlich auf Werte zwischen 24 und 27 Grad.

Was bietet uns bei Hitze den besten Schutz?

NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) hat jüngst Sorge bekundet besonders um Ältere, Vorerkrankte und Kinder und alle, denen die Hitze besonders zu schaffen machen kann. Seine drei wichtigsten Hinweise kann sich jeder zu Herzen nehmen: „Trinken Sie ausreichend, meiden Sie wenn möglich körperliche Anstrengungen und bleiben Sie bestenfalls im Schatten“, fasste Laumann seinen Appell kurz.

Sehr viel zu trinken ist ein Schlüsselpunkt des Wohlbefindens bei hohen Temperaturen; von zu kalten Getränken sollte man aber absehen, sie können das Schwitzen noch verstärken. Nicht geeignet zur Abkühlung sehen Experten Alkohol: „Alkohol erweitert die Blutgefäße und es kann zu schnellem Herzschlag, Schwindelgefühlen bis hin zur Bewusstlosigkeit kommen“, sagt Rainer Löb, Bundesarzt beim Malteser Hilfsdienst. Er rät zudem zum Trinken auch ohne Durst, um Dehydrieren zu vermeiden.

Luftige Kleidung, leichte Kost

Wer sich draußen bewegt, sollte luftige, bedeckende und atmungsaktive Kleidung tragen in hellen Farben, Kopf und Augen sind bestenfalls auch geschützt, unbedeckte Haut trägt Sonnencreme mit hohem Lichtschutzfaktor.

Wer Sport treiben will, sollte die Einheit in temperaturfreundlichere Morgen oder Abendstunden legen oder in klimatisierten Räumen trainieren. Abkühlung im oder mit Wasser tut dem Körper gut; leichte Kost wie Salate und Obst wird heiß-und-fettig vorgezogen.

Um die Wohnung ohne Klimaanlage so kühl wie möglich zu halten lüftet man am besten frühmorgens, spätabends und nachts, wenn die Temperaturen angenehmer sind. Wer Fenster über den Tag gut abdunkeln kann und Türen geschlossen hält, gewinnt zudem einen Kühlungsvorsprung.

Wer ist besonders gefährdet?

Menschen, die sich zudem oft nicht gut um sich selbst kümmern können, wie kleine Kinder und Ältere oder Kranke – sie benötigen bei großer Hitze auch die besondere Aufmerksamkeit ihrer Mitmenschen. Ein besonderes Augenmerk legen Mediziner auf alte Menschen, denn „ihr Mechanismus der Selbstkühlung durch Schwitzen kann deutlich vermindert sein. Außerdem nimmt das Durstgefühl mit dem Alter ab“, sagt Malteser-Arzt Löb. In vielen Fällen sind zudem Vorerkrankungen wie Herz-Kreislauf-Krankheiten, Nierenerkrankungen oder weitere Beschwerden vorhanden, die die Gefahr erhöhen können. Das Risiko von Verwirrtheit, Stürzen, Kreislaufproblemen, Austrocknung und Problemen bis zum Kreislaufstillstand ist im Alter größer. Umso mehr soll für sie der Dreiklang Schatten, trinken, keine Anstrengung beherzigt werden.

Wie erkennt man einen Hitzschlag?

Auch mit Vorsichtsmaßnahmen kann es zu einem Hitzschlag kommen, wenn der Körper keine Möglichkeit mehr hat, die Hitze ausreichend zu bewältigen und abzuleiten. „Besonders, wenn die Nächte heiß sind, wir keine ausreichende Erholung haben oder der Mensch direkter Sonnenstrahlung, vielleicht auch noch verbunden mit körperlicher Anstrengung, ausgesetzt ist. Das kann lebensbedrohlich sein“, sagt Löb.

Anzeichen für einen Hitzschlag sind erhöhte Körpertemperatur, heiße und trockene Haut, beschleunigter Pulsschlag, Müdigkeit und Erschöpfung, Krämpfe und Erbrechen, aber auch Schwindelgefühl, Verwirrtheit und Halluzinationen. Bei Bewusstlosigkeit muss der Rettungsdienst unter 112 gerufen werden. Sind Betroffene bei Bewusstsein, ist es wichtig, ihn oder sie unmittelbar in den Schatten zu bringen und etwas zu trinken zu geben – niemals eiskalt. Zudem kann der Körper mit feuchten Tüchern gekühlt werden.

Hitzefrei für Arbeitnehmer – gibt es das?

In der Schule ist die Sache klar: Übersteigt die Temperatur im Klassenraum 27 Grad, darf die Schulleitung hitzefrei geben. Für Arbeitnehmer gibt es aber keine vergleichbare Regelung, was die Gewerkschaften Verdi und IG Metall jüngst schon auf den Plan rief mit einer solchen Forderung angesichts der aktuellen meteorologischen Verhältnisse. Zwar schreiben Arbeitsschutzgesetz und Arbeitsstättenverordnung Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten vor Einwirkungen durch Hitze vor, ein direkter Rechtsanspruch auf klimatisierte Räume oder Hitzefrei besteht aber nicht.

Wie es um die Trinkwasserversorgung steht

Die Hitze bringt der Natur Trockenheit – wie ist die Lage?

Nach einem viel zu trockenen Herbst und Winterbeginn 2021 gab es auch im Frühjahr dieses Jahres in NRW mit rund 130 Litern Regen pro Quadratmeter zu wenig Niederschlag. Kräftiger Regen Mitte Mai wirkte nicht nachhaltig. Den bis in die Tiefe ausgetrockneten Böden nützen solche heftigen Regengüsse nicht, weil das Wasser so schnell gar nicht aufgenommen werden kann, sagt Wilhelm Deitermann vom NRW-Landesumweltamt.

Der „Dürremonitor“ des renommierten Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung konstatiert derzeit außerordentliche Dürre - die höchste von fünf Stufen - vor allem in den Regierungsbezirken Münster, Detmold und Arnsberg. Das bezieht sich auf Bodentiefen bis 1,80 Meter, aus denen Baumwurzeln das Wasser ziehen. Schaut man auf die Wasservorräte in niedrigerer Tiefe bis 25 Zentimeter, die von Pflanzen aufgenommen werden können, so leiden laut dem Monitor auch weite Gebiete im Rheinland an Trockenstress oder bekommen so gut wie kein frisches Wasser.

Gibt es ausreichend Trinkwasser für den Sommer?

Die Trinkwasserversorgung für den Sommer ist trotz der anhaltenden Hitze gesichert. Die Füllstände der Talsperren seien ausreichend, sagt die Geschäftsführerin der NRW-Wasserwirtschaftsverbände, Jennifer Schäfer-Sack. Dass die meisten Talsperren derzeit deutlich mehr Wasser abgeben, als zufließt, sei jahreszeitlich bedingt und normal. Dennoch gelte, dass mit Trinkwasser sparsam umgegangen werden solle. Der Wupperverband hatte vor kurzem dazu aufgerufen.

Die Landwirtschaft ist auch betroffen. Was sagen die Bauern?

Die Bauernverbände im Rheinland und Westfalen-Lippe sind mit der Getreideernte (die Gerste ist weitgehend eingebracht) bisher recht zufrieden. Aber um den Mais, die Zuckerrüben und Kartoffeln machen sie sich Sorgen, falls nicht mehr Regen fällt. Vor allem der Mais sei wichtig für die Landwirte - für Biogasanlagen und für Rinder- und Schweinefutter. Im Rheinland hätten einige Bauern sogar damit begonnen, ihre Maisfelder zu beregnen, sagt Rheinland-Verbandssprecherin Simone Kühnreich.

Wie geht es den Wäldern?

In den NRW-Wäldern sind seit 2018 durch den Dreiklang aus Sturmschäden, Dürre und Borkenkäferbefall mehr als ein Zehntel der Bäume abgestorben, sagt der Sprecher des Landesbetriebs Wald und Holz NRW, Friedrich Louen. Vielfach wird neu angepflanzt - und die zarten Neubäume brauchen dringend Wasser. „Wir sind für jeden Tropfen Wasser dankbar, der nicht als Starkregen herunterkommt“, sagt Louen, „für die Akutversorgung der Bäume und für das Auffüllen der Wasserreserven im Wald“.

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Und die Brandgefahr?

Die Waldbrandgefahr ist im Moment durch Hitze, Wind und Trockenheit extrem, warnt der Düsseldorfer Branddirektor Ulrich Cimolino. Das gelte unter anderem im Grenzbereich zum Harz sowie in der Eifel und im Sauerland. „Gefährdet sind vor allem Waldgebiete, die durch Borkenkäfer und frühere Stürme schon vorgeschädigt sind“, sagt der Fachmann, der in der Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes (vfdb) Experte für Vegetationsbrände ist. Oft entstünden Feuer auch bei der Ernte durch Probleme mit Maschinen. „Ein kleiner Funke reicht aus, um zum Beispiel eine Strohballenpresse in Brand zu setzen.“ (mit dpa)

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