Jobverlust im BraunkohlerevierRWE-Kumpel sollen Polizisten werden

Lesezeit 3 Minuten
Ein riesiger Bagger im Tagebau Garzweiler der RWE-Power arbeitet sich durch das Erdreich.

Im rheinischen Kohlerevier arbeiten viele Fachkräfte

Durch den Strukturwandel im rheinischen Braunkohlerevier werden wohl viele Tausend ihren Job verlieren. Was soll aus ihnen werden? Die Gewerkschaft der Polizei hat einen überraschenden Vorschlag.  

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) in NRW befürchtet, dass es nicht gelingt, wie geplant jedes Jahr 3000 neue Polizisten einzustellen. GdP-Chef Michael Mertens fordert die Landesregierung daher auf, neue Wege bei der Personalrekrutierung einzuschlagen. „Die Polizei sollte darüber nachdenken, den Beschäftigten im rheinischen Braunkohlerevier den Übergang in den Polizeiberuf zu ermöglichen“, sagte der Gewerkschaftsvorsitzende dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Diese würden meist über eine abgeschlossene Berufsausbildung und langjährige Berufserfahrung verfügen, so dass sie mit der Mittleren Reife formal die Zugangsvoraussetzungen erfüllen könnten.

Bei der NRW-Polizei stehen die geburtenstarken Jahrgänge aus den 1960ern vor der Pensionierung, was bereits jetzt zu großen Personallücken in den Behörden führt.  Zwar interessieren sich viele Schulabgänger für den Polizeiberuf, aber nur ein Bruchteil erfüllt die nötigen Anforderungen. Im vergangenen Jahr bewarben sich 11.335 Interessenten bei der Polizei, aber nur jeder fünfte schaffte den Einstellungstest.

Vom Braunkohle-Bagger in den Streifenwagen

Die GdP glaubt daran, dass es Sinn ergibt, zum Beispiel RWE-Kumpeln, die durch den Strukturwandel ihren Job verlieren, eine Chance zu geben. „Die RWE-Mitarbeiter verfügen über eine ausgeprägte Lebenserfahrung, was wichtig ist, um den Polizeiberuf gut ausüben zu können“, so GdP-Chef Mertens. Um den Zugang zu erleichtern, wäre es gut, wenn das Land die Altersgrenze für die Einstellung bei der Polizei von 36 auf 42 Jahre anheben würde.

Alles zum Thema RWE

Bei der NRW-Polizei müssen die Azubis ein dreijähriges duales Studium an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung absolvieren. In dieser Zeit verdienen die Anwärter zirka 1300 Euro netto. Die GdP regt an, dass das Land ein Programm auflegt, um den Einstieg für Berufswechsler attraktiver zu machen. Ein Vater beispielsweise, „der vielleicht noch sein Häuschen abbezahlen muss, kommt mit der Ausbildungsvergütung nicht zurecht“, sagt Mertens.

In der dreijährigen Ausbildung wechseln sich Theorie, Training und Praxis ab. Im theoretischen Teil wird Rechtswissen, Psychologie oder Kriminalistik gelehrt. Im Training geht es um Fahrsicherheit, Schießen, Festnahmetechniken oder eine Einweisung in den Polizeifunk. In der Praxis fahren die Kommissaranwärter als dritte Person im Streifenwagen mit und nehmen an Einsätzen teil.

Bewerber bei der Polizei müssen sportlich sein

Für die Einstellung ist in der Regel die Fachhochschulreife erforderlich. Als gleichwertiger Abschluss wird aber auch ein Meisterbrief im Handwerk oder eine abgeschlossene Berufsausbildung mit mindestens drei Berufsjahren akzeptiert. Zudem müssen die Bewerber das deutsche Sportabzeichen in Bronze und das Schwimmabzeichen in Gold vorlegen.

Die Arbeitszeit im öffentlichen Dienst von NRW beträgt 41 Stunden. Die Polizeigewerkschaft hält das für wenig attraktiv. „Geht die Arbeitszeit nicht endlich runter, gehen die jungen Menschen nicht mehr zur Polizei, sondern suchen sich woanders eine Arbeit“, warnt der GdP-Chef. Mertens ist seit 2018 Vorsitzender der Polizeigewerkschaft in NRW. Er war im Streifendeinst für die Polizeiwache Frechen im Einsatz, wurde später Dienstgruppenleiter in Kerpen (ebenfalls Rhein-Erft-Kreis).

Das NRW-Innenministerium erklärte: „Der Polizeivollzugsdienst in Nordrhein-Westfalen steht allen Personen offen, die die Einstellungsanforderungen und rechtlichen Voraussetzungen für eine Laufbahn im Polizeivollzugsdienst erfüllen, somit grundsätzlich auch ehemaligen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von RWE."

KStA abonnieren