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KommentarWarum wir eine unabhängige Studie zu Rassismus in der Polizei brauchen

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Rund 30 Polizistinnen und Polizisten stehen unter Verdacht, jahrelang rechstextremen Chat-Gruppen angehört zu haben. Die meisten davon arbeiteten im Polizeipräsidium in Mülheim an der Ruhr.

  1. NRW-Innenminister Herbert Reul steht einer weitreichenden Untersuchung zu rechten Tendenzen in der Polizei noch immer kritisch gegenüber.
  2. Er selbst hat einen Mann zum Sonderbeauftragten für rechtsextreme Verdachtsfälle gemacht, der einst eine Abteilung leitete, aus dem die mutmaßlichen Täter stammen.
  3. Will man verstehen, warum sich Polizisten radikalisieren, wäre mehr nötig. Ein Kommentar.

Als Landesinnenminister Herbert Reul am Donnerstag vor der Presse bestätigte, dass sich drei Mitarbeiter des NRW-Verfassungsschutzes rassistische Inhalte zugeschickt haben sollen, da sagte er einen gefährlichen Satz: „Je genauer man hinsieht, desto mehr Fälle wird man finden.“ Klingt so, als sei Rechtsextremismus eine Naturgewalt, als sei er einfach immer da in einer Behörde. Rechtsextremismus aber entwickelt sich, wenn Strukturen ihn zulassen oder sogar begünstigen. Wenn zum Beispiel eben lange nicht genau hingesehen wurde.

Es ist nur richtig, dass Reul mittlerweile entschlossen gegen Antisemitismus, Islamfeindlichkeit und Rassismus in den Sicherheitsorganen vorgeht. Dass er seit Bekanntwerden der rechten Chatgruppe von Beamten der Polizei Essen nicht mehr von Einzelfällen spricht.

Umso unverständlicher ist es, dass er immer noch glaubt, man könne das Problem von innen heraus lösen. Der neue Sonderermittler für rechtsextreme Verdachtsfälle innerhalb der Polizei wird Uwe Reichel-Offermann. Einst leitete er beim Verfassungsschutz die Observationsabteilung. Aus der stammen die mutmaßlichen Täter.

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Man kann Reichel-Offermann das nicht vorwerfen. Es ist nicht klar, ob er die Verdächtigen kennt. Und doch kommt er selbst aus dem System, das er nun mit objektivem Blick untersuchen soll. Kann das funktionieren? Man erwartet von Herbert Reul ja auch keine unabhängige Einschätzung zur Arbeit der Landesregierung.

Es bräuchte Experten von außerhalb. Wissenschaftler, die eine großangelegte Studie über rechte Tendenzen in der Polizei durchführen. Aber dem steht Reul noch immer skeptisch gegenüber.

104 rechtsextreme Verdachtsfälle in der Polizei NRW

Denn laut dem Innenminister sammle man ja selbst schon Fakten. Von 104 rechtsextremen Verdachtsfällen innerhalb der Sicherheitsbehörden seit 2017 berichtete er zuletzt im Innenausschuss. Inzwischen seien 29 weitere Hinweise eingegangen.

Doch das Ziel kann ja nicht allein sein, Rechtsextreme zu finden und dann rauszuschmeißen. Vielmehr muss es doch darum gehen, dass diese erst gar nicht in die Polizeibehörden kommen. Dass sich Beamte nicht während des Dienstes radikalisieren.

Warum das anscheinend in den vergangenen Jahren allerdings auf mehreren Dienststellen passiert ist, darüber können alle Beteiligten im Moment nur mutmaßen. Wer aus Hypothesen allerdings irgendwann Ergebnisse ziehen will, der muss sie davor erst überprüfen.