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TerrorverdachtIn Essen wird ein 27-jähriger Islamist festgenommen. Was steckt dahinter?

3 min
Zur Verhinderung eines mutmaßlich geplanten islamistisch-terroristisch motivierten Anschlags durchsuchen Spezialeinheiten der Polizei mehrere Objekte in verschiedenen Städten in Nordrhein-Westfalen.

Am Mittwochmorgen haben Spezialkräfte der Polizei einen 27 Jahre alten Mann in Essen festgenommen. Es geht um den Verdacht des Betrugs zur Finanzierung eines islamistischen Terroranschlags.

Ein 27 Jahre alter Mann ist bei einer Razzia in Essen wegen Terrorverdachts von einer Spezialeinheit der Polizei festgenommen worden. Ihm werde gemeinschaftlicher gewerbsmäßiger Betrug zur Finanzierung eines geplanten islamistisch-terroristisch motivierten Anschlags vorgeworfen.

Die nachrichtendienstlichen Hinweise sind beachtlich. Die Terrorabwehr hatte nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ einen 27-jährigen Islamisten aus Essen auf dem Schirm. Der Extremist aus Bosnien-Herzegowina galt als Anhänger der Terror-Miliz „Islamischer Staat“ (IS). Laut den Erkenntnissen soll der mutmaßliche Dschihadist einen Anschlag hierzulande geplant haben. Vor dem Hintergrund soll der Tatverdächtige Vorkehrungen getroffen haben, um sich eine Schusswaffe zu beschaffen. Am frühen Mittwochmorgen nahm ein Spezialeinsatzkommando der Polizei den Mann in Essen fest.

Den Angaben der Strafverfolger zufolge soll er hochwertige elektronische Geräte über Internetshops beschafft haben, ohne sie zu bezahlen und dann weiterverkauft haben. Über diese Erlöse sollte offenbar ein Anschlag finanziert werden. Noch am Mittwoch wurde der Tatverdächtige in Untersuchungshaft geschickt. Das Landeskriminalamt NRW hat den Bosnier als Gefährder eingestuft, eine erhebliche Einschätzung: Die Behörde geht davon aus, dass eine politisch motivierte Straftat bis hin zum Terrorakt geplant sein könnte.

Betrug, um Terror zu finanzieren?

Die Zentralstelle für Terrorismusverfolgung (ZenTer) bei der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf und der Staatsschutz der Polizei Essen ermitteln gegen den Islamisten und weitere Beschuldigte wegen des Verdachts des gewerbsmäßigen Betruges. Der Schwindel sollte demnach der Terrorfinanzierung dienen.

Alles zum Thema Herbert Reul

Herbert Reul (CDU), Innenminister von Nordrhein-Westfalen, spricht auf einer Pressekonferenz.

„Wer bei uns Terrorpläne verfolgt, muss damit rechnen, dass morgens das SEK vor der Tür steht“, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul bei einer Pressekonferenz zur Razzia

Offenbar reicht die Verdachtslage noch nicht aus, um dem IS-Sympathisanten einen konkreten Tatplan nachzuweisen. Eine Sprecherin der Generalstaatsanwaltschaft wollte sich mit dem Hinweis auf die laufenden Ermittlungen nicht zu Informationen äußern, dass eine Insider-Quelle bereits konkrete Anschlagsszenarien geschildert hatte. In Düsseldorf, Dortmund, Soest und Essen durchsuchten die Staatsschützer bei Komplizen oder Zeugen. Eine Behördensprecherin der Generalstaatsanwaltschaft sprach von Kontaktpersonen zu dem festgesetzten Bosnier.

Drogen- und Waffendelikte

Nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ soll der 27-Jährige bei der Polizei unter anderem wegen Drogen- und Waffendelikten in Erscheinung getreten sein, ohne dass bisher entsprechende Verurteilungen aktenkundig wurden. Auch listen kriminalpolizeiliche Vorgänge wohl mehrfach Einträge wegen Bedrohungs- und Körperverletzungslagen auf.

Landesinnenminister Herbert Reul zeigte sich am Mittwochmittag äußerst zufrieden über den Ausgang der Terror-Razzia. „Da draußen laufen Leute herum, die unsere Werte und unsere Art zu leben missachten und zerstören wollen." Die Sicherheitsbehörden setzten alles daran, „diese Typen" zu stoppen. Der CDU-Politiker hob die Entschlossenheit der Ermittler hervor: „Wer bei uns Terrorpläne verfolgt, muss damit rechnen, dass morgens das SEK vor der Tür steht.“ Seinen Angaben zufolge lebt der beschuldigte Hauptakteur seit seiner Jugend legal in Deutschland. Er sei bisher nicht aufgefallen, so Reul.

Schwerpunkten von terroristischen Straftaten liegen im fundamentalistischen Bereich

Die Zahl der Ermittlungsverfahren, die durch die landesweite Zentralstelle für Terrorismusverfolgung (ZenTer) in NRW geführt werden, ist zuletzt von 564 auf 669 Fälle gestiegen. Das gab Ende Juni bereits NRW-Justizminister Benjamin Limbach bei der Vorstellung des Jahresberichts in Düsseldorf bekannt. „Der Schwerpunkt der terroristischen Straftaten lag im vergangenen Berichtsjahr klar auf den religiös-fundamentalistischen Straftaten mit Nähe zum IS“, sagte der Grünen-Politiker. Limbach befürchtet, dass es wegen der aktuellen Entwicklung im Nahen Osten zu einer Zunahme von staatsgefährdenden Straftaten in NRW kommen könnte.

Nachbesserungsbedarf sieht man im NRW-Justizministerium allerdings im Bereich der Terrorismusfinanzierung. Immer wieder erhielten Terror-Organisationen wie der IS oder die Hamas auch aus Deutschland Zuwendungen, die als Spenden für humanitäre Zwecke getarnt würden, hieß es. „Oft ist der Nachweis nicht zu führen, dass die Spender von der terroristischen Zweckbestimmung gewusst haben“, erläuterte Limbach. Hier müsse künftig auch eine „leichtfertige Begehensweise“ strafbar gemacht werden.

Im aktuellen Fall scheint man bereits einen Schritt weiter zu sein. Von der Razzia und den beschlagnahmten Datenträgern erhoffen sich die Staatsschützer weitere Beweise, um den Terrorverdacht hat zu erhärten.