Die Organisatoren des CSD in Euskirchen freuen sich über den großen Zuspruch – und über die Solidarität von Landrat, Bürgermeister und der Polizei.
Für VielfaltHunderte feierten CSD in Euskirchen – Auch die Kirchen setzen ein Zeichen

Hunderte gut gelaunter Menschen nahmen am Samstag am zweiten Christopher Street Day in Euskirchen teil.
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Um vier Uhr in der Früh seien die vergangenen Nächte für Winfried Kubitza-Simons bereits zu Ende gegangen. Mehr Schlaf sei ihm während der Vorbereitungen für den zweiten Christopher Street Day (CSD) in Euskirchen nur selten vergönnt gewesen, sagte er.
Als sich der Vorsitzende von Queer Euskirchen e.V. am Samstag jedoch auf dem Klosterplatz umschaute, waren diese Strapazen schnell vergessen. „Ich bin sehr glücklich, dass so viele Menschen hierhergekommen sind, um mit uns gemeinsam für eine offene und freie Gesellschaft und unser aller Menschenrechte einzustehen“, so Kubitza-Simons
Erst gestern fand in der katholischen Kirche in Billig eine Messe für alle Liebenden statt, bei der auch schwule Paare gesegnet wurden. Ein ganz tolles und bewegendes Zeichen.
Über die große Unterstützung von Landrat Markus Ramers, der erneut die Schirmherrschaft über die Veranstaltung übernommen hatte, sowie von etlichen Institutionen und Vertretern beider christlichen Kirchen bis zu politischen Parteien habe er sich schon im Vorfeld freuen können.
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„Erst gestern fand in der katholischen Kirche in Billig eine Messe für alle Liebenden statt, bei der auch schwule Paare gesegnet wurden. Ein ganz tolles und bewegendes Zeichen“, freute sich Winfried Kubitza-Simons am Samstag.

Angeführt wurde der Marsch durch die Innenstadt von der Musikgruppe „Rhein Samba“.
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Dorothee Lindenbaum richtete sich am Samstag zudem persönlich an Veranstalter und Gäste. „Eigentlich sollte es ganz selbstverständlich sein, dass jeder so lieben darf, wie er möchte, denn alle Liebe kommt von Gott“, betonte die Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Euskirchen.
„Ich möchte daher heute um Verzeihung bitten, für das Leid, das auch von der evangelischen Kirche durch zu zögerliches Eingreifen in der Vergangenheit verursacht wurde“, sagte Lindenbaum.
Bis zu dem Zeitpunkt, an dem vor zwei Jahren der Satz „Gott ist queer“ gefallen sei, sei viel passiert, so die Pfarrerin: „Darum bin ich Ihnen allen sehr dankbar, heute hier stehen und mich darüber freuen zu dürfen, dass der CSD unter Gottes bunter Gnade steht.“
Euskirchener Bürgermeister Sacha Reichelt lobt Initiatoren und Teilnehmer
Zum internationalen Tag gegen Homo-, Bi-, Inter- und Transfeindlichkeit, dem sogenannten IDAHOBIT* wurde der Klosterplatz in Euskirchen ein weiteres Mal in ein buntes Farbenmeer getaucht.
Nicht nur die überall vertretenen Regenbogenflaggen, sondern auch die nicht weniger farbenfrohen Outfits zahlreicher Besucher trugen zu diesem vielfältigen Bild bei. Für gute Laune sorgte dabei nicht nur das gemeinsame Ziel einer offeneren Gesellschaft, sondern auch das abwechslungsreiche Bühnenprogramm mit zahlreichen Künstlerinnen und Künstlern.
Stephan Brings, JustWe, Pink Poms und Brazzgazz sorgten für die Unterhaltung
„Das Motto des diesjährigen CSD ‚Freiheit ist bunt!‘ macht deutlich, dass wir uns gemeinschaftlich gegen Hass und Ausgrenzung in unserer Gesellschaft stellen müssen“, betonte Winfried Kubitza-Simons: „Denn das Gedankengut, das sich gegen die Rechte der queeren Community richtet, richtet sich gegen unsere gesamte freiheitliche demokratische Grundordnung.“
Euskirchens Bürgermeister Sacha Reichelt (CDU) hatte sich bei seiner Begrüßung zudem mit der Frage auseinandergesetzt, wie die oft betitelte „Andersartigkeit“ zu verstehen sei.
„Wer entscheidet überhaupt, was ‚anders sein‘ bedeutet? Wir sind alle Menschen und das tolle Engagement für diesen Tag ist für uns alle ein Zugewinn von Freiheit", so Reichelt.

Die Band Brassgazz verwandelte den Klosterplatz während ihres Auftrittes in eine große Tanzfläche.
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Eingerahmt wurden die Begrüßungsworte durch die Auftritte zahlreicher Bands und Musiker, die ehrenamtlich ihre Unterstützung für den zweiten CSD zugesagt hatten.
Neben Stephan Brings, JustWe oder der Tanzgruppe Pink Poms sorgte auch die Brazzband „Brazzgazz“ dafür, dass sich der Klosterplatz zeitweise in eine große Tanzfläche verwandelte.
In der Queeren-Blase ist es oft so, dass Menschen gar nicht wissen, wie sie auf Anfeindungen bezüglich ihrer Sexualität reagieren sollen.
An mehr als 30 Info-Ständen konnten sich die Gäste zudem über die gelebte Vielfalt informieren. So sorgten Kräfte der Polizei am Samstag nicht nur für die Sicherheit rund um die Veranstaltung, sondern waren auch mit einem eigenen Stand beteiligt.
„Zu unseren Aufgaben zählt es auch, Fragen zu beantworten, wie man sich im Falle einer Straftat verhalten soll“, erklärte Yvonne Dederichs von der Kriminalprävention: „In der Queeren-Blase ist es oft so, dass Menschen gar nicht wissen, wie sie auf Anfeindungen bezüglich ihrer Sexualität reagieren sollen.“

Sorgte nicht nur für Sicherheit rund um den CSD, sondern mit einem eigenen Stand auch für Aufklärung im Bereich der Kriminalitätsprävention: die Kreispolizei Euskirchen mit Nina Brömmelhaus (v.l), Behördenleiter und Landrat Markus Ramers, Eva Winkel und Yvonne Dederichs
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Sie selbst habe es bisher nicht erlebt, dass solche Vergehen zur Anzeige gebracht wurden. Das könne natürlich nicht daran liegen, dass solche Straftaten nicht vorlägen, sondern sei wahrscheinlich auf die Scham der Betroffenen, oder den Gedanken, es würde eh nichts bringen, zurückzuführen.
„Darum wollen wir aufklären, dass es durchaus hilft, sich mit der Polizei in Verbindung zu setzen, um solche Vergehen aus der Dunkelziffer herauszubekommen und dagegen vorgehen zu können“, sagte Dederichs.
Für Landrat Markus Ramers ist der CSD ein gelungenes Beispiel für gelebte Inklusion
Am frühen Nachmittag trugen Veranstalter und Gäste ihre Botschaft dann in Form eines Demomarsches durch die Innenstadt. Bunte Fahnen und Plakate schwenkend, die neben Aufrufen für mehr Vielfalt und Freiheit auch Schriftzüge wie „Kein Bock auf Nazis“ oder „Menschen-Rechte statt rechte Menschen“ trugen, zogen rund 400 Personen durch die Straßen Euskirchens.
Angeführt von der Samba-Percussion-Trommelgruppe „Rhein Samba“ aus Wesseling sorgte der farbenfrohe Tross dabei auch bei zahlreichen Anwohnern immer wieder für zustimmendes Lächeln und einige fielen sogar in die Tanzeinlagen mit ein.
„Im Kreis Euskirchen leben etwa 200.000 Menschen“, erklärte Landrat Markus Ramers: „Nicht alle davon sind Männer. Nicht alle davon haben eine weiße Hautfarbe. Nicht alle davon sind hetero – und doch ist jeder Einzelne Teil dieses bunten und vielfältigen Kreises.“
Ein Kreis, in dem sich jeder zugehörig fühlen solle – und der zweite Euskirchener CSD sei ein gelungenes Beispiel für diese gelebte Inklusion.
„Ich begreife es als unser aller Aufgabe, alle Menschen als Teil der Gesellschaft aufzunehmen“, so Ramers. Wer sich davon immer noch bedroht oder ausgegrenzt fühle, soll gerne hierherkommen und sich selbst davon überzeugen. „Mein Dank gilt daher all jenen, die sich Tag für Tag für diese Werte einsetzen und sie leben. Ich bin stolz, euer Landrat zu sein.“ Weitere Informationen über Verein Queer Euskirchen gibt es im Netz.
CSD in Euskirchen: Bis auf einen Zwischenfall ging es friedlich zu
Auch aus Sicht der Polizei ist der zweite Euskirchener CSD überwiegend friedlich verlaufen. Laut Polizeibericht sei es kurz vor Beginn der Versammlung am Rande des Geschehens zu einer verbalen Auseinandersetzung zwischen zwei Personen gekommen.
Nach derzeitigem Ermittlungsstand wurde dabei eine Person an einem Infostand der AfD durch eine bislang unbekannte Person beleidigt. Der Staatsschutz hat die Ermittlungen diesbezüglich aufgenommen.