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Graffiti in LeverkusenStraßenkunst gegen wilde Schmierereien

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Kunstlehrer Carsten Klett vor eigenem Werk nunter der Wupperbrücke der A3 in Opladen

Kunstlehrer Carsten Klett vor einem eigenen Werk unter der Wupperbrücke der A3 in Opladen.

Längst sponsern die städtischen Töchter EVL und TBL die farbliche Gestaltung von Flächen in der Öffentlichkeit.

Die mit irgendwelchen Hieroglyphen wild beschmierten oder dumpf in rot-schwarz besprayten Flächen im Leverkusener Stadtgebiet sind unschöner Standard. Längst ist es ein weltweites Phänomen, dass jedwede saubere, einfarbige Fläche die Inhaber von Spraydosen oder Pinsel herausfordert, egal wie mager ihr künstlerisches Talent auch ausgeprägt sein mag. Und mitunter scheint mehr Wut als Gestaltungswille die Hand zu führen.

Um dem optischen Wildwuchs ein wenig Einhalt zu gebieten und mit gezielten Gestaltungen, oftmals unter künstlerischer Anleitung, wirklich eine Verschönerung ins Stadtgebiet zu bringen, haben sich in Leverkusen Jugendhäuser und Jugendkunstgruppen, inzwischen auch organisierte Fußballfans, zusammengetan. Mit Unterstützung der Energieversorgung Leverkusen (EVL) und der Technischen Betriebe Leverkusen (TBL) sind inzwischen manche sehenswerte Verzierungen zustande gekommen.

Graffiti-Expedition durch Leverkusen

Das war zur jüngsten Leverkusener Kunstnacht im Oktober sogar Anlass für die EVL-Unternehmenskommunikation, in einem eigens konzipierten Flyer künstlerisch Interessierte zu einer Entdeckungsreise durchs Stadtgebiet aufzurufen. Eben um die künstlerisch gestalteten Stromkästen, Verteilerkästen, Schallschutzwände, Betonwände oder Stahlbrücken zu finden und zu besichtigen. Eine Expedition, die durchaus ihre Reize hat.

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„Bunte Kunst gegen graue Wände“, so bewirbt das bunte Faltblatt Streetart und Graffiti im Auftrag der EVL und markiert auf einem Stadtplan die aufgeführten Standorte größerer und kleinerer Beiträge im Stadtbild. „Wir wollen damit vor allem wilde Beschmierungen und Beschädigungen unserer Anlagen abwehren, aber eben auch Farbe in die Stadt bringen“, erklärt Ursula Schubert von der Öffentlichkeitsarbeit der EVL die Initiative des Energieversorgers.

Eben über wild und mitunter schreiend hässlich besprayte Verteilerkästen gibt es seit Jahren immer wieder Beschwerden von Anwohnern. Sind die Kästen jedoch einmal farblich gestaltet, werden sie in der Regel nicht mehr angerührt, erhalten aber oftmals auch eine Schutzschicht dagegen. „Es gibt da so eine Art Ehrenkodex unter den Sprayern“, weiß Schubert. Darüber hinaus hat sich die Kooperation mit Kunstklassen und Jugendzentren sehr bewährt, denen die EVL nicht nur das Material zur Verfügung stellt, sondern bei Bedarf auch künstlerische Anleitung vermittelt.

Seit drei Jahrzehnten in der Szene

Carsten Klett ist seit fast drei Jahrzehnten in der Leverkusener Szene. Der Kunstlehrer an einer Hauptschule in Köln-Kalk, der mit seiner Familie in Küppersteg wohnt und ehrenamtlich für das Haus der Jugend an der Kolberger Straße arbeitet, hat schon viele Streetart-Aktionen organisiert, am Opladener Jugendzentrum selbst wie auch an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet – ganz legal, nach jeweiliger Absprache mit den Verantwortlichen.

Mit dem Haus der Jugend arbeitet Klett seit vielen Jahren zusammen, der „Brennpunkt-Jam“ dort ist zu einer Art Markenzeichen geworden. Die Schallschutzwände auch vor dem Kultur-Ausbesserungswerk sind in einem ständigen Wandel begriffen. Ebenso die Betonwände unter der Wupperbrücke der A3 in Opladen, die er mit anderen Sprayern immer mal wieder neu gestaltet, zuletzt am 3. Oktober 2022.

Längst gibt es Generationen von Graffiti-Sprayern, die sich in Leverkusen tummeln, vom Bonn bis ins Ruhrgebiet, die Altersgruppe reicht von 16 bis 45. Bei den Auftragsarbeiten für die städtischen Töchter EVL und TBL sind die Motive in der Regel vorab konzipiert und abgesprochen, was in der Szene nicht immer auf Begeisterung stößt, zumal daran oftmals die immer Selben teilnehmen. Auf anderen Flächen herrscht Gestaltungsfreiheit. „Es gibt inzwischen eine breite Akzeptanz“, hat Klett die Erfahrung. Nur selten gibt es noch Ärger bei Sprayaktionen oder gar einen Konflikt mit der Polizei.

Immer aber ist es eine Herausforderung, einer Fläche eine zupackende Gestaltung mit ganz persönlicher Prägung zu verpassen. Manche Künstler identifizieren Kenner gleich an ihrer „Handschrift“, andere sind erkennbar noch auf dem Weg zur Selbstfindung. Dass inzwischen so zentrale und große Flächen wie die Lärmschutzwand am Europaring gegenüber von McDonald's oder die Trafostation an der Werkstättenstraße in Opladen für gesponserte Graffiti-Aktionen freigegeben werden, beweist: Dieser Streetart-Beitrag zur Stadtgestaltung hat sich etabliert.

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