JubiläumsaufführungJunges Theater Leverkusen improvisiert die Dreigroschenoper

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Zwei Personen mimen am Künstlerbunker ein Gefängnisgitter.

Hier stellen zwei Zuschauer ein Gefängnisgitter dar.

Bertolt Brechts größter Theatererfolg kommt in einer Freilicht-Aufführung vor dem Opladener Künstlerbunker daher und bezieht das Publikum mit ein.

Im strahlenden Sonnenschein haben es sich viele Leverkusener auf dem Platz vor dem Gebäude des Jungen Theaters Leverkusen (JTL) bequem gemacht. Am Sonntagnachmittag um 15 Uhr führt die Theatergruppe dort Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“ als Improvisationstheater auf. Hintergrund sind die Feiern zum 25-jährigen Bestehen des Jungen Theaters

Das Fest dauert eine Woche, am Freitagabend ging es los. Jetzt kommen Lesungen, Konzerte und selbstverständlich viel Theater hinzu. Auch andere Gruppen, die im und am Künstlerbunker in der Karlstraße ihre Heimat haben, machen mit: Die Künstler, das Pentagon und die Studiobühne sind laut der Hauptverantwortlichen, Petra Clemens, vertreten. „Wir verstehen uns sehr gut hier auf der Straße. Es ist auch schön, einmal im Jahr gemeinsam zu feiern“, so Clemens. 

Leverkusener Publikum spielt Gefängnisgitter

Während der gesamten Aufführung werden die Zuschauer nach Brecht-Art auch immer wieder in das Theaterstück einbezogen. Ein Clown hält Schilder hoch, die „Applaus“, „Ah“, „Oh“ oder „Buh“ zeigen. Auch das Lied „Und der Haifisch, der hat Zähne ...“ singt das Publikum spontan mithilfe des Schildes im Chor. Als Polizist Jackie Brown den Protagonisten Mackie Messer wegen Untreue verhaftet, braucht das Junge Theater die Unterstützung des Publikums. Spontan agieren zwei Zuschauer und stellen mit ihren Armen ein Gefängnisgitter dar.  

Das improvisierte Theaterstück stößt auf viel Begeisterung bei den Besucherinnen und Besuchern. „Es war großartig und ich habe laut gelacht, das ist wunderbar“, sagt eine Zuschauerin. „Ich bin bestimmt schon das zehnte Mal hier“, fügt sie lachend hinzu. Der Zuschauer, der spontan als Gefängnisgitter eingesprungen ist, ist ebenfalls begeistert von der Aufführung. „Es war sehr schön, ich komme gerne im nächsten Jahr wieder“, sagt er. 

Vorbereitung für die Schauspielschule

Das JTL  ist eine Bildungsstätte für Jugendliche ab 17 Jahren und junge Erwachsene und soll sie auf das Vorsprechen an einer Schauspielschule vorbereiten. Es ist ehrenamtlich geführt und finanziert sich hauptsächlich durch Spenden, erhält aber auch Unterstützung von der Stadt. „Es ist schwer an einer Schauspielschule angenommen zu werden, auf zehn Plätze kommen 800 Bewerber“, erklärt Claudia Sowa aus dem Vorstand des Fördervereins. „Deswegen bereiten wir die jungen Menschen hier bestmöglich vor. Sie bekommen alles, was man braucht, wie zum Beispiel Körperunterricht, Rollenunterricht und Gesangsunterricht.“

Die jungen Darstellerinnen und Darsteller, die den Schauspielunterricht des JTL besuchen, fühlen sich hier sehr wohl. „Es ist großartig, dass man hier so viel ausprobieren kann, wir dürfen alles machen, es hat alles eine gewisse Leichtigkeit hier und wir haben ein tolles Gemeinschaftsgefühl“, sagt eine Darstellerin. Sie erzählt, dass es ihr bei der Aufführung der Dreigroschenoper besonders viel Spaß gemacht habe, mit dem Publikum zu interagieren und „einfach drauf los zu spielen“.

„Allerdings ist es an manchen Stellen auch schwierig, ein Improvisationstheaterstück aufzuführen, weil man den anderen vollkommen vertrauen muss. Man muss die Kontrolle abgeben und darauf achten, nicht seinen Einsatz zu verpassen“, fügt die Darstellerin hinzu. Erst eine Stunde vor Beginn der Aufführung hätten sie den Text bekommen und die Rollen verteilt. 

Publikum bei der Aufführung der Dreigroschenoper draußen

Das Publikum bei der Aufführung der Dreigroschenoper draußen

Dem Vorstandsvorsitzenden des Fördervereins, Michael Schmidt, macht die Arbeit mit den jungen Erwachsenen ebenfalls sehr viel Spaß. „Mich begeistert, dass man im Laufe der Jahre immer wieder mit jungen Leuten zusammenkommt und einen wichtigen Teil zu ihrer Persönlichkeitsentwicklung beiträgt, indem sie sich in verschiedene Rollen reindenken müssen. Nur eine Minderheit der Teilnehmer wird tatsächlich Schauspieler, aber die Persönlichkeit wird in jedem Fall geprägt“, so Schmidt. 

Die nächste Aufführung des JTL ist am Dienstag, 1. August, um 20 Uhr. Die Darstellerinnen und Darsteller präsentieren das Solostück „lauwarm“ von Sergej Gößner, in dem es um das Heranwachsen geht und das Gefühl „dazwischen zu sein“. Am Freitag, 4. August, um 19 Uhr führt das Junge Theater das Stück „Auch Deutsche unter den Opfern“ auf. Das Stück behandelt die Verbrechen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU).  Beide Theaterstücke werden im Gebäude des JTL, Karlstraße 9a, aufgeführt. Der Eintritt kostet jeweils 12, beziehungsweise 6 Euro (ermäßigt). 

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