Eine Nacht lang verwandelt sich Leverkusen in ein offenes Atelier: Überall leuchten Räume, Stimmen, Farben – vom Schlosssaal bis zum Keller.
21. KunstnachtArt brut, Projektionen und ein Geisterhaus in Leverkusen

Michael Mütze Wolf machte das Fachwerk des Atelierhof Edelrather Weg mit Projektionen zu einem bunten Glanzpunkt der Kunstnacht.
Copyright: Timon Brombach
Ein Versuch, das Gefühl der Nacht in einen Artikel zu passen: Zwischen barocken Spiegeln und glänzendem Parkett hallen die Stimmen des neuen Popchors „Young Voices“ durch den Raum. Mit George Michaels „Faith“ eröffnen sie die Leverkusener Kunstnacht 2025 – klar, kraftvoll, fast andächtig. Keine einzige Person mehr fasst der Spiegelsaal im Schloss am Freitagabend. Chorleiterin Ji-In Cho schwingt überfröhlich mit, die Sängerinnen Andrijana Karacic, Antonie Zernack, Desiree Ukah und Sänger Paul Hector singen die letzte Note und Arthur Horváth verkündet: „Die Kunstnacht ist eröffnet.“

Im Spiegelsaal singen die „Young Voices“ Adrijana Karacic, Antonie Zernack, Desiree Ukah und Paul Hector unter der Leitung von Ji-In Cho (v.l.).
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Davor wird der Förderpreis der Kunsthochschule für Medien Köln hier für Flinta, also Personen, die nicht cis-männlich sind, verliehen. Julia Jesionek nimmt ihn entgegen, ihre Ausstellung „Self as Spell“ öffnet sich gleich nebenan – Filme, Malereien, feine Linien zwischen Körper und Gefühl. „Ich möchte das Innere nach außen kehren“, sagt Jesionek, „wie ein T-Shirt, das man auf links trägt.“ Dann wird ausgeschwärmt: Über achtzig Kunstorte locken, mehr als hundert Kunstschaffende. Niemand kann alles sehen. Aber alle gehen los.
Im Kunstverein im Schloss steht eine kalte Aluminiumbarriere quer im Raum. Der Künstler Emil Walde nennt sein Werk „Keeper“ – eine vertikale Übersetzung des alten Schlossgrabens. Hinter der Barriere hängt in einer Nische ein Mikrofon, das Stimmen aufnimmt und verzögert hinter der Wand wiedergibt. Die Worte hallen, verzerren sich, verlieren ihre Richtung.
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„Drei Körper im Licht“ im Nachbarschaftszentrum Manfort: Yavanna Pütz hat ihr Trauma künstlerisch aufgearbeitet.
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Im Nachbarschaftszentrum Manfort begegnet man leisen Geschichten. Unter dem Titel „Kunst und Trauma“ zeigen Yavanna Pütz, Cihan Özben und Conny Pausemann Arbeiten über Krankheit, Flucht und Depression. Jedes Werk scheint ein Stück Schmerz zu atmen, aber auch Heilung.
Von Geisterhäusern und Riesenfiguren – Opladen als Bühne der Fantasie
Wer später in Opladen ankommt, merkt schnell: Hier wird Kunst lebendig. Im Jungen Theater Leverkusen (JTL) hat Yavanna Pütz Miniaturen und Skulpturen aufgebaut – ganze Fantasiewelten aus Papier, Holz, Moos und Schwamm. Ein „Geisterhaus“ lädt zum Entdecken ein: Besuchende leuchten mit Taschenlampen hinein, kippen Wände, öffnen Türen. „Da hinten, da bewegt sich was!“, ruft ein Kind begeistert.

„Art brut“ a la Jean Dubuffet: Eine Klasse der Hugo-Kükelhaus-Schule hat sich von dem französischen Maler und Bildhauer inspirieren lassen und stellt im JTL aus.
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Auch im JTL hat eine Klasse der Hugo-Kükelhaus-Schule eine Installation geschaffen, inspiriert von Jean Dubuffets „Art Brut“. Weiße, rote und blaue Pappfiguren verschmelzen zu einem wogenden Gebilde. Plötzlich bewegt sich die größte davon. Das Publikum weicht zurück, dann lächeln alle. „Hier verschwimmt alles – Bühne, Raum, Klang“, erklären Schüler. Ein selbst komponierte Sound der Schüler legt sich wie ein Puls über die Szene.
Licht, Metall und Zitronen – von Funkenkeller bis Bahnstadt
Im Funkenkeller glühen Alltagsgegenstände, als hätten sie einen inneren Strom: Brötchen, Gartenrechen, Gießkannen, Karnevalsmützen, sogar Stacheldraht. Der Künstler Gregor Olbertz bringt sie zum Leuchten. Im Kulturausbesserungswerk (KAW) wirft eine geschweißte Dinosaurierskulptur ihren Schatten über farbintensive Gemälde. Dann kommt die vom ADFC organisierte Fahrradtour vorbei. Bei Grass Restaurierung, haben Kinder die Fassade in ein riesiges Graffiti verwandelt – grelle Farben, wilde Formen. „Dieser Ort lebt Kunst - schon immer“, sagt Restauratorin Diana Grass.

Restauratorin Diana Grass greift in der Kunstnacht selbst zur Sprühdose.
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Und schließlich, am Atelierhof Edelrather Weg, läuft der letzte Zauber: Das Fachwerkhaus selbst wird zur Leinwand. Michael Mütze Wolfs Projektionen tanzen über die Flächen zwischen den Balken – Zitronen, Sterne, Farben. „Es reicht, wenn man irgendwo kurz bleibt – und etwas mitnimmt“, sagt Maja Fischer.
Vielleicht ist genau das der Zauber dieser Nacht: Dass Kunst nicht abgeschlossen ist, sondern weiterfließt – von Schloss zu Keller, von Hand zu Blick, von Stimme zu Echo.