Gutachten zur KiesgrubeUrsache für Flutkatastrophe in Blessem gefunden

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Zwischen der Kiesgrube und der Bebauung in Blessem sind noch immer Spuren der Hochwasserkatastrophe zu sehen.

Düsseldorf/Erftstadt – Bei der Suche nach möglichen Fehlern im Zusammenhang mit der Flutkatastrophe vom Juli 2021 rückt nun auch NRW-Wirtschaftsminister Andreas Pinkwart (FDP) in den Fokus der Untersuchungen. Es geht um den folgenschweren Einsturz einer Kiesgrube in Erftstadt-Blessem, bei dem vier Häuser in die Tiefe gerissen worden waren; weitere waren so stark beschädigt, dass sie abgerissen werden mussten. Aus Gutachten, die dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vorliegen, geht hervor, dass das Unglück durch mangelnden Hochwasserschutz verursacht wurde.

So kommt der Ingenieurgeologe Professor Lutz-Heinrich Benner in seiner Expertise zu der Feststellung, der Einsturz sei zustande gekommen aufgrund „der absolut fehlerhaften Konstruktion des Hochwasserschutzwalles auf lose angeschüttetem Material“. Auch eine zu steile Böschung an der Südkante der Grube kommt in dem Benner-Gutachten zur Sprache.

Kiesgrube in Blessem: Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Fahrlässigkeit

Auch Gutachter der für den Bergbau Bezirksregierung zuständigen Bezirksregierung Arnsberg kritisiert bauliche Mängel. Die Aufschüttung habe „nicht den Anforderungen an ein technisches Hochwasserschutzbauwerk nach dem Stand der Technik“ entsprochen. Ein weiterer Experte schlussfolgert, ein Hochwasserdamm im Süden des Tagebaus habe „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht den Anforderungen“ entsprochen.

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Wassermassen hatten an der Blessemer Kiesgrube zu einem Erdrutsch geführt.

Die Staatsanwaltschaft Köln ermittelt bereits wegen des Verdachts, die Überflutung sei durch Fahrlässigkeit begünstigt worden. Die Bezirksregierung Arnsberg hatte die Grube noch im Sommer 2015 als fehlerfrei abgenommen. Insgesamt soll es dort bis 2021 zehn Termine gegeben haben, die nie zu einer Beanstandung führten. Die Kiesgrube wird von der Firma RBS betrieben, die eine hundertprozentige Tochter des Energiekonzerns RWE ist.

Wusste das NRW-Wirtschaftsministerium von den Mängeln?

Der Untersuchungsausschuss des Landtags will nun prüfen, in wieweit das NRW-Wirtschaftsministerium, das die Bergaufsicht kontrollieren soll, von den Vorgängen gewusst hat. Ein Beamter hatte bereits wenige Wochen nach der Flut in einem Schreiben angemerkt, es gebe Zweifel, ob die vorhandenen Hochwasserschutzeinrichtungen ihre „Funktion hinreichend erfüllt“ hätten.

Pikant: In den Unterlagen, die das Pinkwart-Ministerium bislang an den Ausschuss geliefert hat, findet sich kein Hinweis auf den Verdacht. „Wir müssen jetzt klären, warum der Hochwasserschutz nicht so errichtet wurden, wie es in den Genehmigungen vorgesehen war und warum die Betriebsgenehmigung dennoch erteilt wurde“, sagt Johannes Remmel, Ausschuss-Obmann der Grünen.

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„Es muss der Verdacht ausgeräumt werden, dass dem Vorgang eine Kungelei zugrunde liegt“, ergänzt Stefan Kämmerling, Chefaufklärer der SPD-Fraktion. Die Opposition hat beantragt, dass noch in dieser Woche eine Sondersitzung des Untersuchungsausschusses einberufen wird. Dabei soll beschlossen werden, Pinkwart und Beamte seines Hauses als Zeugen zu vernehmen.

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