Vernetzung mit anderen WäldernGrünen-Politikerin erklärt, welche Hilfe der Hambacher Forst braucht

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Ein Schild liegt auf Waldboden.

Noch heute sieht man die Spuren des Kampfs um den Hambacher Forst.

Die Landtagsabgeordnete Antje Grothus (Grüne) setzt sich für die Vernetzung mit anderen Bürgewäldern ein – Hambacher Forst muss wachsen.

In diesen Tagen feiert der Hambacher Forst ein kleines Jubiläum. Im Oktober vor fünf Jahren erließ das Oberverwaltungsgericht des Landes einen vorläufigen Rodungsstopp. Das war der Anfang vom Ende der Abholzungen. Noch kurz zuvor galt das Schicksal des kleinen Waldes als besiegelt. Er sollte dem näherrückenden Tagebau Hambach weichen.

Doch Tausende Menschen setzten sich für den „Hambi“ ein – und hatten am Ende Erfolg. Für die Landtagsabgeordnete Antje Grothus (Grüne) ist es damit aber nicht getan. Sie sagt, es sei wichtig, sich auch künftig für den Hambacher Forst einzusetzen. 2019 empfahl die Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung, dass der Wald am Tagebau Hambach erhalten werden soll.

Auch Grothus war Mitglied des als „Kohlekommission“ bezeichneten Expertenausschusses. „Die Entscheidung war damals sehr bemerkenswert. Im August 2018 hieß es noch: Der Hambacher Wald kommt nicht auf die Agenda der Kohlekommission“, sagt Grothus. „Und es ist nur einem breiten, solidarischen Bündnis zu verdanken, dass er es doch geschafft hat und gerettet wurde.“

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50.000 Menschen nahmen an Demonstration teil 

Wie breit dieses Bündnis sein sollte und wie viele Menschen sich daran beteiligen, ahnte Grothus zunächst nicht. Aus einem kleinen Zusammenschluss von lokalen Gruppen wie den Buirern für Buir und Naturschutzverbänden wie dem BUND wurde eine deutschlandweite Protestwelle.

„Als wir 2017 zur Aktion Rote Linie aufgerufen haben, hatten wir viele Sorgen – dass der Protest verhallt, dass kaum Menschen kommen. Wir waren schließlich nur ein paar Ehrenamtler mit einem großen Ziel. Gekommen sind dann mehr als 3000 Menschen. Das hat mich schwer beeindruckt“, sagt Grothus.

Eine Frau sitzt in einem Wald.

Die Grünen-Landtagsabgeordnete Antje Grothus setzt sich seit Jahren für den Hambacher Forst ein

Ein Jahr später, am 6. Oktober 2018, sollen laut Grothus 50 000 Menschen an einer Demonstration teilgenommen haben. Wie groß die tatsächliche Teilnehmerzahl war, ließ sich damals schwer ermitteln. Fest steht aber: Das kleine Bündnis hatte plötzlich viele Menschen hinter sich. Kirchen, Vereine, moderate, aber auch radikale Kohlegegner.

Um den Wald zu erhalten, muss er mit anderen vernetzt werden

Auch Menschen aus dem europäischen Ausland schlossen sich dem Protest an. „Es ging nicht nur um den Erhalt eines Waldes. Es ging um landwirtschaftlich wertvolle Böden und mehr als eine Milliarde Tonnen Kohle, die in der Erde bleiben und so das Klima nicht weiter aufheizen können“, sagt die Kerpenerin.

Im Koalitionsvertrag der schwarz-grünen Landesregierung 2022 und in der neuen Leitentscheidung ist der Erhalt des Hambacher Forstes fest verankert. Auch RWE hat sich in der Eckpunktevereinbarung zum Kohleausstieg mit den Wirtschaftsministerien von Land und Bund darauf geeinigt, den Wald als Bestandteil eines Biotopverbundes zu erhalten.

Allerdings sieht die Realität jenseits abstrakter Verträge anders aus. „Teile des Hambacher Waldes sterben. Vor allem die Teile, die frei stehen oder durch Schneisen und alte Straßen vom restlichen Wald getrennt sind“, erläutert Grothus. Eine Lösung liefert sie gleich mit: „Um das zu verhindern, brauchen wir unbedingt eine großflächige Vernetzung mit den anderen Bürgewäldern. Der Wald muss wieder wachsen können.“

Grothus regt an, den Wald in eine öffentliche Stiftung zu überführen

Bei Umweltschützern ist die Sorge groß, dass trockene Sommer und heiße Tagebauwinde große Schäden am Wald anrichten. Wurzeln erreichen das durch die Sümpfung abgesenkte Grundwasser ohnehin nicht. Pflanzen und Bäume leben ausschließlich vom Regen. Sie profitieren laut Geologischem Dienst NRW aber von einer Besonderheit der Region: Durch eine Tonschicht im Boden bildet sich Staunässe.

Hinzu kommt, dass sich Wald bei ausreichender Fläche selbst kühlen kann. Kleine Bürgewälder wie Hambacher Forst und Steinheide könnten sich also selbst erhalten, wenn sie zu einem großen Wald zusammengeführt würden.

Für Grothus gibt es neben der Waldvernetzung aber noch eine andere wichtige Aufgabe: Der Wald müsse in eine öffentliche Stiftung überführt werden. Der Hambacher Forst soll zum Ort für alle Menschen werden – nicht nur Eigentum von RWE und Wohnort von Waldbesetzern. „Das würde auch zur Befriedung vor Ort beitragen.“ So sei es in der Eckpunktevereinbarung zum Kohleausstieg mit dem Waldeigentümer RWE vereinbart worden. Noch ist der Wald also nicht endgültig gerettet.

Doch Grothus ist überzeugt, dass im Hambacher Forst vor fünf Jahren Demokratiegeschichte geschrieben wurde. Wenn es nach ihr geht, soll das entsprechend gewürdigt werden. „Ich wünsche mir ein Museum für die bewegte über tausendjährige Geschichte dieses Waldes, von der Arnoldussage bis heute“, sagt sie. Eine Geschichte, die noch nicht zu Ende ist.

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