Seit 16 Jahren ist der CDU-Mann Bürgermeister. So lange regierten auch Merkel und Kohl. Keppeler kann auf 21 Jahre erhöhen.
Kommunalwahl 2025Pulheimer Keppeler will Merkel und Kohl abhängen

Werden die Karten fürs Rathaus Pulheim nach dem Wahlabend neu gemischt?
Copyright: Csaba Peter Rakoczy
Bevor Bayer 04 Leverkusen 2024 Deutscher Fußballmeister wurde, mussten Kinder davon ausgehen, dass diesen Titel eigentlich nur ein Verein holen kann: der FC Bayern München. Schließlich ging die Meisterschale elf Mal in Folge in die bayerische Landeshauptstadt.
Ähnlich liegt der Fall in der Politik: Bis zu ihrem Verzicht auf eine erneute Kandidatur wuchsen Kinder in dem Wissen auf, dass Angela Merkel Kanzlerin ist – und in dem Glauben, dass sie es vermutlich auch immer bleiben würde. Die Christdemokratin regierte 16 Jahre lang. Das hatte ihr Helmut Kohl als ihr Vorgänger vorgemacht; er blieb allerdings einige Tage länger im Amt als Merkel.
Keppeler ist schon jetzt im Kreis der dienstälteste Bürgermeister
Wie Frank Keppeler da ins Spiel kommt? Nun, er ist seit den 1990er Jahren CDU-Mitglied, da dürften gewisse Sympathien zu Ex-Kanzlerin und Ex-Kanzler vorhanden sein. Und mit Bayer 04 gab es Ende 2024 gewisse Berührungspunkte. Zum Vorstoß des damaligen SPD-Ratsmitglieds Torsten Rekewitz den gebürtigen Pulheimer Florian Wirtz zum Titelgewinn auszuzeichnen, äußerte sich der Bürgermeister eher verhalten. Nun, jetzt dürfte es eh noch schwieriger sein, den Ausnahmefußballer aus Brauweiler ins Rathaus einzuladen, kickt er doch seit Sommer in Liverpool.
Alles zum Thema Angela Merkel
- „Wir schaffen das“ Zwei Geflüchtete, eine Erfolgsgeschichte – Sie haben es wirklich geschafft
- „Es ist Reality-TV“ Wie Trump das Selenskyj-Treffen für seine Inszenierung nutzt
- Ukraine-Krieg Was spricht gegen ein rasches Treffen zwischen Putin und Selenskyj?
- Opern-Spektakel in Bayreuth Ricarda Lang zeigt sich figurbetont – Söder verneigt sich vor Merkel
- Überbordende Bürokratie Vier Jahre nach der Flut an der Ahr – Ein Dorf muss sich zusammenraufen
- Zurückweisungen an Grenze „Müssen unsere Werte vertreten“ – Merkel weiter auf Gegenkurs zu Merz
- Altes Bürgermeisteramt Schlebuscher Institution wird 25 Jahre alt
Anders als Wirtz möchte der 53-Jährige seiner Heimatstadt die Treue halten: Keppeler, der seit 2009 im Amt ist, strebt seine vierte Amtszeit an. Bereits jetzt ist er der Dienstälteste der acht amtierenden Bürgermeister und zwei Bürgermeisterinnen – und nimmt die Funktion des Sprechers wahr, allerdings macht er davon selten Gebrauch.

Der amtierende Bürgermeister Frank Keppeler geht erneut für die CDU ins Rennen. Er ist seit 2009 im Amt.
Copyright: Stephan Pick
Generell geht es in Pulheim, der Stadt mit den meisten Einkommensmillionären im Rhein-Erft-Kreis (landesweit Platz 10 von 396 Kommunen), auf dem politischen Parkett in Vergleich zu Städten wie Kerpen, Frechen oder auch Brühl vergleichsweise still und verhalten zu. Politische Scharmützel stehen woanders auf der Tagesordnung, nicht so in der Stadt, die eigentlich eine Ansammlung aus Dörfern ist.
Es gibt Leute, die sagen, dies sei das Verdienst von Keppelers besonnener und vermittelnder Amtsführung. Andere dagegen behaupten, die anderen Parteien und deren Fraktionen hätten entweder resigniert oder aber seien sich untereinander nicht grün – sodass Keppeler und seine CDU leichtes Spiel haben.

Der Geyener Patrick Gartmann tritt als unabhängiger Bürgermeisterkandidat an.
Copyright: Michael Pallgen
Das war nach der Wahl 2020 so zunächst nicht abzusehen. CDU und FDP wollten ein Bündnis schmieden, wurden dann aber von der Nachricht überrascht, dass SPD, Grüne, Bürgerverein für Pulheim (BVP) und „Wir für Pulheim“ (WfP) projektbezogen zusammenarbeiten wollten. Das hielt gerade einmal ein Jahr, weil die erst nach der Wahl von abtrünnigen SPD-Leuten gegründete WfP-Fraktion sich mit den ehemaligen Genossen endgültig überwarf. Seitdem stehen CDU, FDP und WfP eng an eng.
Ob es in dieser Konstellation nach der Wahl am 14. September weitergeht, wird sich zeigen müssen. Erfahrungsgemäß hält Pulheim den Parteien der bürgerlichen Mitte die Treue. Und bei der Bundestagswahl im Februar kamen die bundesweit arg gebeutelten Grünen und die FDP auf bessere Ergebnisse als anderswo. Zulegen konnte freilich die AfD, wenn auch nicht in dem Maße wie im Nordkreis. Gleichwohl ist davon auszugehen, dass sie mehr als die drei Sitze der Wahl 2020 erringen wird. Vermutlich werden sich die Gewichte dadurch verschieben – offen ist nur, in welche Richtung.
Die Wählerinnen und Wähler müssen sich jedenfalls nicht erheblich umstellen. Sie haben dieselbe Auswahl wie 2020: Vertreter von CDU, SPD, FDP Grünen, BVP, Linke und AfD bewerben sich für einen Sitz im zuletzt 64-köpfigen Stadtrat. Hinzugekommen ist WfP.

Anke Lundborg (Grüne) möchte Bürgermeisterin in Pulheim werden.
Copyright: Anselm Jungeblodt
Überschaubarer ist das Tableau bei der Bürgermeisterwahl. Außer Amtsinhaber Keppeler treten Anke Lundborg (Grüne), der unabhängige Kandidat Patrick Gartmann und David Hochhausen (SPD) an. Falls er gewinnen würde, käme dies einem Kunststück gleich: Als Hartmut Menssen (SPD) 1989 zum Pulheimer Bürgermeister gewählt wurde, ging Hochhausen noch zur Grundschule.
BVP, AfD und FDP verzichten anders als noch 2020 auf eigene Bewerber. Keppeler setzte sich in der Stichwahl mit 55,1 Prozent der Stimmen gegen Marion Reiter (SPD) durch. So knapp war es für Keppeler bei seinen beiden vorherigen Wahlen nie, und zum ersten Mal musste er in die Stichwahl. 2009 hatte er rund 66 Prozent der Stimmen geholt.
Es fehlt an Mut zu Richtungsentscheidungen, und es fehlt an Agilität, um Chancen, die sich auftun, auch zu ergreifen
Was Kritiker ihm und der CDU als stärkster Fraktion im Rat vorwerfen: Sie verwalten Pulheim mehr, als dass sie es gestalten. Von Visionen mal ganz zu schweigen. Und dies, obwohl die finanziellen Voraussetzungen deutlich besser als im Süden und im Norden des Kreises sind. So beklagt auch SPD-Kandidat Hochhausen, dass Pulheim in vielen Bereichen den Anschluss verpasst habe. Mehr noch: „Es fehlt an Führung bei den wichtigen Themen, es fehlt an Mut zu Richtungsentscheidungen, und es fehlt an Agilität, um Chancen, die sich auftun, auch zu ergreifen“, sagte er im Interview mit dieser Redaktion.
Deutliche Kritik an Keppelers Amtsführung und seinem Selbstverständnis äußert auch Anke Lundborg (Grüne): „Die Rolle der Bürgermeisterin umfasst für mich nicht nur Schönwetterfotos bei Veranstaltungen, sondern den Anspruch, mit Initiative, Haltung und klaren Entscheidungen Themen voranzubringen. Ich möchte nicht auf Druck von außen reagieren, sondern selbst Akzente setzen.“

David Hochhausen (SPD) möchte Keppeler ablösen.
Copyright: Türkan Defli
Den Amtsinhaber ficht das nicht an, der Jurist will weitere fünf Jahre Rathauschef bleiben. Seine Ziele hat er klar umrissen: „Schulneubau und Sanierung, Ausbau der Kita-Plätze, Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, Ansiedlung von Pflegeplätzen, die Realisierung des Projekts ,Pulheimer See‘, der Neubau von Vereinsheimen in Sinnersdorf, Geyen und Brauweiler sowie die Errichtung der drei Feuerwehrgerätehäuser.“
Wenn die Wählerinnen und Wähler ihn lassen, könnte Keppeler die Rathaustür noch für Florian Wirtz öffnen – vielleicht 2026, wenn der Fußballer aus Brauweiler als Teil einer Weltmeistermannschaft nach Hause kommt. Wobei der Ausgang dieses Turniers vermutlich noch schwerer zu tippen sein könnte als das Ergebnis der Kommunalwahl in Pulheim.
So hat Pulheim 2020 gewählt:
- CDU: 36,2 Prozent
- SPD: 22,8 Prozent
- Grüne: 21 Prozent
- BVP 7,6 Prozent
- FDP: 6,2 Prozent
- AfD: 3,99 Prozent
- Die Linke, 2,2 Prozent