TV-Triell in der AnalyseMicky Maus bringt Laschet in Bedrängnis – Scholz weicht aus

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Olaf Scholz, Claudia von Brauchitsch, Annalena Baerbock, Linda Zervakis und Armin Laschet (v.l.)

Berlin – Zum dritten und letzten Mal vor der Bundestagswahl 2021 sind die Kanzlerkandidierenden von Union, SPD und Grüne am Sonntagabend aufeinander getroffen. Armin Laschet (CDU), Olaf Scholz (SPD) und Annalena Baerbock (Grüne) kämpften im Triell, moderiert von den Journalistinnen Claudia von Brauchitsch und Linda Zervakis auf Pro Sieben, um Wählerstimmen. Wir analysieren ihren Aufritt anhand von fünf Aspekten.

Schlagabtausch des Abends

Baerbock und Laschet stritten miteinander, als es um die Steuerpläne der Grünen ging. Die Partei will Abgaben für Gutverdienerinnen und -verdiener erhöhen, um so Kinder aus der Armut zu holen.

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Laschet warf Baerbock vor, sie würde mit ihrer Steuerpolitik mittelständige Unternehmen belasten. Baerbock unterbrach und sagte, er würde jetzt zum dritten Mal falsche Dinge behaupten. „Kinderarmut ist schrecklich, ja“, entgegnete Laschet. Der CDU-Politiker konnten seinen Gedanken aber nicht zu Ende führen, da Baerbock unterbrach: „Aber dagegen wollen sie nichts tun.“ Laschet wolle aber laut eigener Aussage dafür sorgen, dass Menschen in Arbeit kommen. „Das haben Sie letztes Mal schon erklärt, wie ein sechsjähriges Kind alleine aus Hartz IV rauskommen soll“, griff Baerbock ihn daraufhin an.

Alles zum Thema Armin Laschet

Präsenz und Mimik

Olaf Scholz (SPD)

SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz kam in diesem Dreikampf gewohnt gelassen rüber. Nach Diskussionen zwischen Laschet und Baerbock grätschte er zwar rein, wurde im Ton aber nicht lauter. Nur einmal konnten Zuschauerinnen und Zuschauer einen fast schon irritierten Blick seitens Scholz wahrnehmen als Laschet über Heizkosten sprach.

Armin Laschet (CDU)

Unionskanzlerkandidat Armin Laschet, der wegen schlechter Umfragewerte seiner Partei unter Druck ist, gab sich bei diesem Triell nicht ganz so angriffslustig wie beim letzten Mal. Zwar ging er Baerbock und Scholz mehrmals an. „Wer soll Ihnen denn das abnehmen?“, fragte er Scholz beim Thema Mindestlohn. Im Großen und Ganzen aber blieb der Politiker defensiv und musste sich häufig verteidigen.

Annalena Baerbock (Grüne)

Die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, gab sich kämpferisch und sprach die Zuschauerinnen und Zuschauer oft direkt an. Mehrmals hakte sie sich bei Diskussionen ein – griff Scholz und Laschet an. „Ich frage mich, was mit Ihnen eigentlich los ist, Herr Laschet“, sagte sie. Baerbock konnte ihr Rolle als Vertreterin einer Oppositionspartei gut nutzen und auf die Versäumnisse der Großen Koalition hinweisen.

Bestes Zitat

Olaf Scholz (SPD)

Der SPD-Politiker Scholz überzeugte gleich zu Beginn mit einem Satz zur sozialen Lage in Deutschland: „Ich möchte nicht in einem Land leben, in dem Arbeitnehmer in Vollzeit berufstätig sind und dann noch Grundsicherung beantragen. Das muss endlich zu Ende sein.“

Armin Laschet (CDU)

„Wir müssen alles tun, dass es beim Präsenzunterricht bleibt“, machte CDU-Politiker Laschet beim Thema Corona deutlich. „Präsenzunterricht ermöglicht auch, die soziale Schere zusammenzuhalten. Homeschooling mag in Einfamilienhäusern, wo Kinder ihre eigenen Zimmer haben, funktionieren.“ In Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen sei Online-Unterricht aber eine Belastung.

Annalena Baerbock (Grüne)

Als es um die Testpflicht für Schulkinder ging, machte Baerbock ihrem Ärger Luft. Die Grünen-Politikerin kritisierte, dass es in Unternehmen keine Testpflicht gibt: „Es kann doch nicht sein, dass Kinder anderthalb Jahre alles für Erwachsene getan haben, aber bei den Erwachsenen gilt es jetzt nicht.“

Schwächster Moment

Olaf Scholz (SPD)

Zum Ende hin konnten die Kandidierenden selber Fragen stellen. Baerbock wählte das Thema Geldwäsche und warf Scholz vor, nicht genügend dagegen gemacht zu haben. „Wir haben sehr viel getan“, entgegnete Bundesfinanzminister Scholz. Unter anderen habe man Personal aufgestockt, Künstliche Intelligenz gefördert und für eine erstklassige IT gesorgt. Eine Antwort, warum zahlreiche Geldwäsche-Fälle nicht verfolgt werden, hatte Scholz nicht – er wich aus.

Armin Laschet (CDU)

Moderatorin Zervakis kramte ein Micky-Maus-Heft von 1993 hervor, in dem es um die Regenwald-Abholzung geht. Laschet konnte darauf rasch entgegen: „Als ihr Micky-Maus-Heft erschienen ist, also 1993, hat zuvor ein CDU-Umweltminister Klaus Töpfer, den Rio-Prozess angestoßen.“ Damit meinte Laschet die UN-Konferenz in Rio de Janeiro im Jahr 1992, bei der Umweltkonventionen verabschiedet worden sind. Doch Laschets Antwort war ein Eigentor: Zervakis sagte, seit 1992 sei ja nicht viel passiert und Töpfer sei parteiintern belächelt worden.

Annalena Baerbock (Grüne)

Die Grünen-Politikerin sagte zum Thema innere Sicherheit, Deutschland sei ein Rechtsstaat und es dürfe nicht alles in einen Topf geworfen werden. Mit Blick auf extremistische Gefährder sagte sie „klar und deutlich, die müssen überwacht werden“. Laschet hingegen forderte Abschiebungen, wogegen Baerbock vor allem auf mehr Personal in der Justiz und Polizei setzte. Dass dies aber ein langwieriger Prozess ist, thematisierte sie nicht.

Stärkster Moment

Olaf Scholz (SPD)

Der SPD-Politiker reagierte im Triell auf ein Thema, das Laschet zuvor kurz gestreift hatte: den Ausstieg aus der Atomenergie. „Ich bin froh, dass die rot-grüne Regierung den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen hat. (...) Jetzt zu philosophieren, dass das ein falscher Weg wäre, das kann ich nicht unterstützen.“ Die Atomenergie sei eine ganz gefährliche Technologie. Mit diesem Statement machte Scholz seinen Standpunkt zur aufkeimenden Debatte deutlich.

Armin Laschet (CDU)

Der Unionskanzlerkandidat griff ein umstrittenes Zitat von Baerbock aus dem vergangenen Triell heraus, das für Aufsehen sorgte. „Verbote schaffen Innovation“, sagte Baerbock in der letzten Sendung. Laschet kritisierte sie nun dafür: „Ich bin fundamental anderer Meinung. Nein, ein Verbrennungsmotorverbot im Jahre 2030 bedeutet, dass all unsere exzellenten Wissenschaftler, Forscher, Tüftler, die die besten Motoren der Welt bauen, mit einem Mal die Arbeit einstellen.“ Man brauche diese Expertise für Schiffe und Flugzeuge und synthetische Kraftstoffe.

Annalena Baerbock (Grüne)

Baerbock überzeugte beim Klimaschutz, nutzte ihre Oppositionsrolle und ging auf Angriff. Die Politik von Union und SPD passe vorne und hinten nicht zusammen, da beide einerseits das 1,5-Gradziel einhalten und andererseits nicht früher aus der Kohle aussteigen wollen. „Diese Bundestagswahl ist eine Richtungswahl, jetzt beim Klima keine halben Sachen mehr zu machen. (...) Die nächste Bundesregierung muss eine Klimaregierung sein.“

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