Das Geschäft von Lanxess läuft schleppend, wie im Rest der Chemieindustrie. Die NRW-Regierung hat nun ein Maßnahmenpaket vorgelegt.
Kölner ChemiekonzernLanxess leidet unter China-Importen – NRW-Regierung legt Maßnahmenpaket vor

Lanxess entwickelt Farbstoffe unter anderem, um Kunststoffe einzufärben.
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Ob Klebestift, Müllbeutel oder Medikament: Viele Dinge, die wir täglich nutzen, stammen aus der Chemieindustrie in Nordrhein-Westfalen. Mehr als 100.000 Menschen arbeiten allein in NRW in diesem Bereich, doch die Branche steht unter Druck. Instabile Lieferketten, hohe Energie- und Rohstoffpreise sowie zunehmender internationaler Wettbewerb fordern die Unternehmen.
Der Kölner Spezialchemie-Konzern Lanxess, der etwa ein Viertel seiner 12.000 Mitarbeiter am Standort Leverkusen beschäftigt, hat am Donnerstag bei Vorlage der Halbjahreszahlen genau dieses Spannungsfeld deutlich gemacht.
„Immenser Preisdruck“ aus China
Schmerzpunkt eins: der Zollkonflikt zwischen den USA und China. Weil die USA bei einem durchschnittlichen Satz von derzeit rund 50 Prozent kein Markt mehr für China sind, wird kräftig aus Fernost in die EU exportiert. Basis-Chemikalien würden „geradezu verklappt“, sagte Lanxess-Vorstandschef Matthias Zachert auf der Pressekonferenz. Das erklärt, warum das Ergebnis vor Sondereinflüssen im entsprechenden Lanxess-Segment um 24 Prozent und damit am heftigsten gesunken ist. 44 Millionen Euro verbuchte das Unternehmen im zweiten Quartal in diesem Bereich, der rund ein Drittel des Gesamtgeschäfts ausmacht.
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Der Preisdruck, den chinesische Wettbewerber aufbauten, sei immens, hieß es. Um seine Marktanteile zu sichern, müsse Lanxess nachgeben. Der Umsatzvergleich mit dem zweiten Quartal des Vorjahres zeigt, dass die Basischemie nach Zacherts Einschätzung am meisten unter den schwierigen Marktbedingungen leidet. Konzernübergreifend ist der Umsatz nur um knapp sieben Prozent auf 446 Millionen Euro zurückgegangen. Die Marge vor Sondereinflüssen sank von 12,1 auf 9,9 Prozent.
Allerdings bereitete zuletzt auch das Geschäft mit speziellen Additiven nicht viel Freude. Hier zeigt sich Schmerzpunkt zwei: Wichtige Abnehmer-Branchen wie Bau und Autoindustrie haben Probleme. Das hat Umsatz und Ergebnis bei Lanxess gedrückt. Das Volumen nahm um sieben Prozent auf 528 Millionen ab, das Ergebnis vor Sondereinflüssen sank um 17 Prozent auf 58 Millionen Euro. „Höhere Energiekosten belasteten zusätzlich“, hieß es aus dem Lanxess-Tower in Deutz. Die Ergebnis-Marge ging um 1,3 Prozent auf elf Prozent zurück.
Teure Energie belastet Wettbewerbsfähigkeit
Um Schmerzpunkt drei, die teure Energie, auszugleichen, kann Lanxess auf Hilfe von der Landesregierung hoffen. Das Wirtschaftsministerium hat einen Fahrplan mit 20 Maßnahmen vorgelegt, der die Chemieindustrie auf dem Weg zur Klimaneutralität unterstützen und zugleich die Wettbewerbsfähigkeit sichern soll. Als der führende Chemiestandort Deutschlands stehe NRW vor der Herausforderung, Klimaneutralität unter schwierigen Rahmenbedingungen wie hohen Energiepreisen, geopolitischen Unsicherheiten und internationalem Wettbewerbsdruck zu erreichen, heißt es in dem Papier.
Konkret schlägt die Landesregierung unter anderem vor, dass Netzentgelte vom Bund bezuschusst werden und so die Energiekosten generell sinken. Zudem sollen energieintensive Branchen einen zeitlich begrenzten Brückenstrompreis bekommen, dafür wolle sich die Landesregierung in Berlin starkmachen. Schwerpunkte sind zudem der Ausbau der Kreislaufwirtschaft beispielsweise durch bessere Rahmenbedingungen für das Kunststoffrecycling und die Umstellung von Prozessen weg von fossilem, international zu beschaffenden Gas und Öl auf erneuerbaren, europäischen und krisenfesten Strom.
„Wenn wir jetzt in saubere Technologien, zirkuläre Prozesse und eine unabhängige Energie- und Rohstoffversorgung investieren, schaffen wir eine Industrie, die nicht nur klimaneutral, sondern auch krisenfest und zukunftsfähig ist. Das ist nicht nur ökologisch geboten, sondern auch ökonomisch klug. Denn nur wer heute umsteuert, wird morgen wettbewerbsfähig und widerstandsfähig sein“, sagt NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne).
Nur ein Segment mit besserem Ergebnis
Einen Hoffnungsschimmer gibt es für Lanxess indes. Fortschritte – nicht beim Umsatz, aber beim Ergebnis – machte das jüngste Segment Consumer Protection, in dem der Konzern Desinfektionsmittel und Entkeimungstechnologien entwickelt. Das Ergebnis vor Sondereinflüssen verbesserte sich um knapp neun Prozent auf immerhin 87 Millionen Euro. Der Umsatz hingegen ging um beinahe 13 Prozent auf 489 Millionen Euro zurück. Dieser Sparte habe ein besserer Produktmix, Kosteneinsparungen, aber auch eine Versicherungsleistung geholfen. Die Marge stieg recht deutlich auf 17,8 Prozent, nach 14,3 Prozent im zweiten Quartal 2024.
Weil aber Consumer Protection der einzige Bereich ist, in dem stabile Geschäfte zu erwarten sind, hat auch Lanxess seine Prognose gesenkt. Das Unternehmen, das 2004 vom Bayer-Konzern abgespalten worden war und sich seitdem im permanenten Umbau befindet, erwartet nur noch ein Ergebnis vor Sondereinflüssen zwischen 520 und 580 Millionen Euro. Bisher war der Vorstand von 600 bis 650 Millionen Euro ausgegangen.
Vorstandschef Zachert ist nämlich auch für das dritte Quartal eher pessimistisch. Die verbleibenden Wochen bis zum Herbst seien „noch durch Unsicherheit beeinträchtigt“, das Konjunkturpaket der Bundesregierung werde wohl erst 2026 Wirkung entfalten für den Konzern. Der setzt seinen Umbau fort: Die Hexan-Oxidation in Uerdingen ist schon geschlossen, die 65 Beschäftigten in der Anlage seien versorgt, so Zachert: entweder durch neue Stellen, Vorruhestand oder Abschied mit Abfindung.
Diesen Prozess haben die rund 70 Beschäftigten im kleinen englischen Standort Widnes noch vor sich. Die Produktion von Aromachemikalien sei wegen hoher Kosten nicht mehr wettbewerbsfähig zu betreiben und soll im Lauf des kommenden Jahres geschlossen werden. Das große Lanxess-Werk im US-amerikanischen El Dorado soll einem Effizienzprogramm unterzogen, die Herstellung von Brom-Produkten kostengünstiger werden. Mit diesen drei Sparmaßnahmen will Lanxess seine Kosten ab Ende 2027 dauerhaft um 50 Millionen Euro pro Jahr senken.