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Kardinal mischt sich in Kontroverse einWoelki fordert vor Richterwahl Schutz ungeborenen Lebens ein – und erntet Kritik

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Vor der Wahl neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht hat sich  Kardinal Woelki zu Wort gemeldet (Archivbild).

Vor der Wahl neuer Richter für das Bundesverfassungsgericht hat sich Kardinal Woelki zu Wort gemeldet (Archivbild).

Die Richterwahl für das Bundesverfassungsgericht ist wegen der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag kompliziert. Jetzt meldet sich auch Woelki zu Wort.

Vor der Abstimmung im Bundestag über drei neue Richter für das Bundesverfassungsgericht am Freitag hat sich der Kölner Kardinal Rainer Maria Woelki zu Wort gemeldet. „Die Unantastbarkeit der Menschenwürde, die Artikel 1 des Grundgesetzes festschreibt, muss ohne Einschränkungen für alle Menschen zu jedem Zeitpunkt ihres Lebens gelten – von der Empfängnis an bis zum natürlichen Lebensende“, betonte Woelki in einem Statement.

Bislang sei das Bundesverfassungsgericht mit seiner Rechtsprechung der Garant für den Schutz der Menschenwürde in allen Lebensphasen gewesen – das müsse so bleiben. „Würde dieses grundlegende Menschenrecht nicht mehr anerkannt, wäre es nur folgerichtig, dass auch die übrigen Menschenrechte außer Kraft träten“, so Woelki weiter.

Wo der Staat das Lebensrecht als Grundrecht des Menschen nicht mehr schütze, „sondern es der privaten Verfügung überlässt, hat er sich selbst als Rechtsstaat aufgegeben“, warnte der Kölner Erzbischof.

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Köln: Rainer Maria Kardinal Woelki fordert vor Richterwahl Schutz ungeborenen Lebens ein

„Insofern appelliere ich angesichts der bevorstehenden Wahl neuer Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht an alle Abgeordneten des Deutschen Bundestages, ihrer Verantwortung gerecht zu werden und mit ihrer Wahl ein unmissverständliches Bekenntnis zur unverlierbaren und unter allen Umständen zu schützenden Würde jedes Menschen abzulegen“, erklärte Woelki. Der Kardinal schließt sich mit seinen Äußerungen wie weitere Kirchenvertreter der Kritik an der SPD-Richterkandidatin Frauke Brosius-Gersdorf an.

Gegen die SPD-Kandidatin gibt es Widerstand in der Union

Zuvor hatten sich bereits zwei bayerische Bischöfe in ähnlicher Weise geäußert. Der Bischof von Passau, Stefan Oster, und sein Regensburger Kollege Rudolf Voderholzer verlangten in einer gemeinsamen Erklärung vehement einen Schutz ungeborenen Lebens – ohne allerdings Namen einzelner Kandidaten oder Kandidatinnen zu nennen. Woelki, Voderholzer und Oster gehören zu den konservativsten deutschen Bischöfen.

Die Union schlägt für das höchste deutsche Gericht den bisherigen Richter am Bundesarbeitsgericht, Günter Spinner, vor. Die SPD hat die Jura-Professorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold nominiert. Insbesondere gegen Brosius-Gersdorf gibt es Widerstand in den Reihen der Union, auch wegen ihrer liberalen Haltung zur Abtreibung. Die Rechtswissenschaftlerin gilt vielen in der Union als zu links.

Aus Sicht der Juristin gibt es etwa gute Gründe dafür, dass die volle Garantie der Menschenwürde erst ab der Geburt gilt. Woelki hingegen argumentiert in seinem Schreiben, dass diese Würde ab dem „Moment der Empfängnis, das heißt von der Entstehung des Lebens an, gilt“.

Union und SPD verfügen im Bundestag auch zusammen mit den Grünen nicht über die Zweidrittelmehrheit, die für die Wahl von Verfassungsrichtern nötig ist. Das bedeutet, dass Stimmen von AfD oder Linken den Ausschlag geben könnten.

Kritik an Kardinal Woelki nach Brief zu Schutz ungeborenen Lebens

Auf Woelkis Statement folgten umgehend auch kritische Reaktionen. Theologe und Journalist Stephan Anpalagan teilte Woelkis Brief auf X und schrieb dazu: „Ich mir nicht sicher, ob ausgerechnet Kardinal Woelki andere Menschen über den richtigen Umgang mit Kindern belehren sollte.“

Carlo Masala äußerte sich ähnlich. „Dass Woelki sich jetzt da einmischt entbehrt, unabhängig von der Personalie, nicht einer gewissen bitteren Komik.“, so der Politikwissenschaftler.

Woelki und das Erzbistim Köln waren in den vergangenen Wochen mehrfach in die Schlagzeilen geraten. Nach dem für Kardinal Rainer Woelki glimpflichen Ausgang der Meineid-Ermittlungen droht dem Kölner Erzbischof erneut juristisches Ungemach,wie Ende Juni bekannt wurde. Die Betroffenen-Initiative „Eckiger Tisch“ und die Anwälte eines Missbrauchsopfers haben Woelki wegen versuchten Prozessbetrugs bei der Kölner Staatsanwaltschaft angezeigt.

Erst in dieser Woche kam es bei der Einweihung des neuen Erzbischöflichen Bildungscampus Köln-Kalk mit Kardinal Rainer Woelki am Montag zu einem Eklat um das Verwenden des Regenbogen-Symbols gekommen. Eltern verabredeten sich daraufhin zum Protest, eine katholische Initiative rief zur Demo gegen Woelki auf. (pst/dpa/kna)