Bundesweit berichteten Medien über Kölns ersten öffentlichen Muezzinruf, der Ministerpräsident war in Sorge. Drei Jahre später gilt: Es ist ziemlich ruhig geworden.
Drei Jahre nach der PremiereNur in der Kölner Zentralmoschee ruft der Muezzin öffentlich zum Gebet

Nur in der Ehrenfelder Zentralmoschee wird bisher über kleine Lautsprecher zum Freitagsgebet gerufen.
Copyright: Ditib
Es bleibt dabei: Auch drei Jahre, nachdem am 14. Oktober 2022 der Muezzin an der Ehrenfelder Zentralmoschee erstmals öffentlich zum Gebet gerufen hat, interessiert sich keine weitere Moscheegemeinde dafür, ebenfalls öffentlich zum Freitagsgebet zu rufen.
Das teilte die Verwaltung mit. Eine Sprecherin sagte: „Es gibt bisher keine weiteren Interessenten oder Beschwerden.“ Einmal die Woche für höchstens fünf Minuten erfolgt der Gebetsruf an der Ecke Innere Kanalstraße/Venloer Straße.

Blick in den Gebetsraum.
Copyright: Ditib
Schon im Vorjahr hatte die Stadt die Gründe unter anderem darin gesehen, dass die Gemeinden bestimmte Bedingungen erfüllen müssen: „Einerseits wurden die hohen Kosten für die Erstellung eines Lärmgutachtens genannt, die die Gemeinden finanziell belasten. Auf der anderen Seite wurden auch bauliche Gründe angeführt, die die Installation von Lautsprechern nicht möglich machten, zum Beispiel weil die Räumlichkeiten nur angemietet waren.“
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Überraschende Ankündigung der Stadt Köln
Zunächst hatte die Stadt Köln die Möglichkeit zum öffentlichen Muezzinruf am 7. Oktober 2021 überraschend per Pressemitteilung verkündet, zunächst als zweijährigen Testlauf.
Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos) sagte damals: „Musliminnen und Muslime, viele von ihnen hier geboren, sind fester Teil der Kölner Stadtgesellschaft. Wer das anzweifelt, stellt die Kölner Identität und unser friedliches Zusammenleben infrage. Wenn wir in unserer Stadt neben dem Kirchengeläut auch den Ruf des Muezzins hören, zeigt das, dass in Köln Vielfalt geschätzt und gelebt wird.“

Erster öffentlicher Gebetsruf zum Freitagsgebet in der Moschee in Ehrenfeld. Im Bild Imam Mustafa Kader.
Copyright: Michael Bause
Aber erst gut ein Jahr später am 14. Oktober 2022 machte die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (Ditib) als Betreiber der Zentralmoschee den zweijährigen Probelauf.
Wegen des Auflaufs musste Imam Mustafa Kader vor dem Gebetssaal für rund 1200 Gläubige zum Gebet rufen, üblicherweise passiert das sonst im Inneren und der Ruf wird über kleine Lautsprecher auf den Vorplatz übertragen. Die Lautstärke darf 60 Dezibel nicht überschreiten. Die 55 Meter hohen Minarette haben nur einen optischen Zweck und dienen nicht als erhöhter Standplatz für den Muezzin.
Die Premiere fand aber unter Protesten und mit bundesweiter Berichterstattung statt. „Spiegel“, „Taz“, „Faz“ und „Stern“ berichteten unter anderem, dazu „Tagesschau“ und „ZDF“. Auch NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte damals gesagt: „Ich habe die Sorge, dass damit möglicherweise mehr Streit in die Gesellschaft getragen als der Integration gedient wird.“
Im Abschiedsinterview mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ sagte Reker jetzt: „Dieses bundesweite Theater habe ich nicht kommen sehen.“ Und auf die Nachfrage, ob sie es denn sonst gelassen hätte, antwortete Reker: „Nein. Aber es hat mich unvorbereitet getroffen. Damit habe ich nicht gerechnet. 40 Prozent der Kölnerinnen und Kölner haben eine internationale Herkunftsgeschichte, bei jungen Menschen unter 18 sind es schon mehr als 50 Prozent. Ich bin so stolz, dass die Stadt Köln von der EU den Preis für Integration und Vielfalt bekommen hat.“
Mittlerweile hat sich die Aufregung geregt, der Mueezinruf ist in der öffentlichen Wahrnehmung kein Thema mehr.
Wie berichtet, hat die Stadt das Pilotprojekt mit der Ditib im vergangenen November entfristet. Die Ditib selbst sprach von einem „Meilenstein“.
Die Voraussetzungen für den Muezzinruf
Damit in den Moscheegemeinden der Muezzin öffentlich zum Gebet rufen darf, müssen die Verantwortlichen bei der Stadt Köln einen Antrag stellen und bestimmte Bedingungen erfüllen. Welche das im Detail sind, legt die Stadt mit der jeweiligen Gemeinde separat in einem Vertrag fest, weil die Moscheen in Köln an unterschiedlichen Standorten stehen.
Das liegt unter anderem daran, dass in Wohn- oder sogenannten Mischgebieten andere Regeln für den Lärmschutz gelten als in Industriegebieten. Die Lautstärke würde in jedem Fall einzelnen festgelegt.
Zusätzlich gelten aber auch Auflagen, die für alle Gemeinden zu erfüllen sind. Dazu gehört unter anderem ein Ansprechpartner oder eine Ansprechpartnerin für die Nachbarschaft. Zudem muss die Nachbarschaft im Vorfeld mit ausreichend Vorlauf per Flyer informiert werden. Stimmt die Stadt dem Antrag der Gemeinden zu, ist der öffentliche Muezzinruf einmal wöchentlich zum Freitagsgebet zwischen 12 und 15 Uhr für jeweils fünf Minuten erlaubt. Der Zeitpunkt variiert je nach Kalender.