In Ehrenfeld trifft traditioneller Karneval auf Multikulturalismus. Von Katerstimmung ist auch am Dienstag wenig zu spüren.
Größter Dienstagszug KölnsEhrenfeld solidarisiert sich mit der Ukraine – die schönsten Bilder

„Fredde op d'r janze Welt en d'r Ukraine un o'm Ihrefeld“ hieß das Motto des Dienstagszuges.
Copyright: Martina Goyert
Der Lenauplatz in Neuehrenfeld gleicht an diesem Veilchendienstag einem einzigen Wimmelbild. Hier stellt sich der Ehrenfelder Veedelszoch auf, unzählige Kostümierte tingeln über den Platz. Minions treffen auf lebende Legosteine, die Hühnern und Piraten ausweichen. Dazwischen mischen sich gelegentlich „Zivilisten“, die zum Supermarkt oder Bäcker gehen. Dass sie nach fünf Tagen Feierei genug vom jecken Treiben haben, ist nachvollziehbar.
Zug in Köln-Ehrenfeld: Jecke ziehen zum 69. Mal durch die Straßen
Doch Katerstimmung haben auf dem Lenauplatz die wenigsten. Für viele hier ist der Ehrenfelder Zoch das Highlight der Session, zum 69. Mal schlängelt er sich durch das Veedel, vom Lenauplatz geht es über die Subbelrather Straße und die Leyendecker Straße in einem Bogen auf die Venloer Straße.
Unter „Fredde op d'r janze Welt en d'r Ukraine un o'm Ihrefeld“ gibt sich der Zoch in diesem Jahr ein pazifistisches Motto. Noch vor dem ersten Wagen wird das Zugmotto auf einem Schild gemeinsam mit einer Ukraine-Landkarte, dem Heliosturm und einer Friedenstaube vorweggetragen. Das Motto sei von Festkomitee und Oberbürgermeisterin sehr gut aufgenommen worden.
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4500 Teilnehmende in Ehrenfeld unterwegs
4500 Teilnehmende hat der Zug in diesem Jahr. Die Hälfte davon seien Kinder, 16 Schulen und Kindergärten gingen mit, sagt Zugleiter Angelo Agostino. Dabei leiste der Zug einen großen, integrativen Beitrag innerhalb des Veedels, fügt der Vorsitzende des Festausschusses Ehrenfelder Karneval, Jochem Falkenhorst, hinzu. Hier treffen sich Tradition und Multikulti.
Während sich der Zug langsam über die Subbelrather Straße zieht, schunkelt man sich auf der Venloer Straße, der Hauptschlagader des Veedels noch warm. Auch eine Gruppe Rollstuhlfahrerinnen aus dem Kardinal-Frings-Altenzentrum kommt vorbei, sie werden von einer Betreuerin begleitet. „Es ist schön, dass unserer Bewohner am öffentlichen Karnevalsleben teilnehmen können. Für sie sind dies Momente des Glücks, die sie im Alltag selten spüren.“
Ehrenfeld: Das Veedel ist stolz auf seinen Zug
An der Kreuzung Leyendecker-/Venloer Straße schaut sich die Feuerwehr den Zoch an. Gemütlich sitzen sie auf der nicht ausgefahrenen Leiter. In Ehrenfeld sind sie stolz auf ihren Zug, den sie augenzwinkernd den „größten Dienstagszug der Welt“ nennen. Der in New Orleans in den Vereinigten Staaten ist allerdings größer. 58 Gruppen reihen sich ein, nur der Rosenmontagszug hat mehr. Als einziges Traditionskorps des Kölner Karnevals ist die Ehrenfelder Bürgergarde „Blau-Gold“ im Zoch dabei.
Unterdessen macht sich auf dem Lenauplatz die Paul-Klee-Schule zum Losgehen bereit. Verkleidet sind sie – logisch – als Kleeblätter. Ob das im Sinne Paul Klees ist? Für die Schülerinnen und Schüler sei es jedes Jahr besonders, im Zoch mitzugehen. Die Kostüme werden mit allen Beteiligten beschlossen und gemeinsam gebastelt, sagt die stellvertretende Schulleiterin, Cristina Azevedo. Insgesamt gehen 270 jecke Schüler mit, auch Eltern sind dabei.
Der Zoch ist für viele Zuschauer der Schlusspunkt des Karnevals. Pascal Steigenberger steht unkostümiert auf der Venloer, um in seiner Mittagspause „ein letztes Mal Karnevalsluft zu schnuppern“. Für Agostino und Falkenhorst steht am Aschermittwoch dann noch die Manöverkritik an. Aber erstmal werden sie feiern, versichern sie.