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50 Millionen Euro SonderzahlungKaufhof-Gebäude droht für Stadt Köln zum finanziellen Risiko zu werden

Lesezeit 6 Minuten
Das ehemalige Kaufhof-Areal an der Leonhard-Tietz-Straße

Die Stadtverwaltung zieht in das ehemalige Kaufhof-Areal an der Leonhard-Tietz-Straße. 

Die Politik soll zusätzliches Geld freigeben, um das Gelände in der Kölner Innenstadt umzubauen. Die Zweifel an dem Projekt wachsen jedoch.

Die Anmietung der ehemaligen Kaufhof-Zentrale in der Leonhard-Tietz-Straße in der Innenstadt sollte für die Stadt Köln ein gutes Geschäft sein. Eine Miete von 19,70 Euro pro Quadratmeter in bester Lage – das klang verlockend, zumal darin ein Ausbaubudget enthalten ist, um das Gebäude zu modernisieren und für die Belange der Stadtverwaltung umzubauen.

Doch knapp drei Jahre nach Abschluss des Mietvertrags droht das Gebäudeensemble für die Stadt Köln finanziell ein Fass ohne Boden zu werden. Der Stadtrat soll jetzt, wie berichtet, eine Sonderzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro freigeben, um den Umbau bezahlen zu können. Ob diese Summe am Ende tatsächlich ausreichen würde, ist allerdings keineswegs sicher. Die Politik sieht viele unbeantwortete Fragen, Baudezernent Markus Greitemann steht unter Druck. Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

Was steht im Mietvertrag aus dem Juni 2022? Die Stadt Köln hat sich vertraglich verpflichtet, die ehemalige Kaufhof-Zentrale von der Swiss Life Kapitalverwertungsgesellschaft zu mieten. Der Mietvertrag läuft bis zum 31. Dezember 2045, die Miete liegt bei 19,70 Euro pro Quadratmeter, insgesamt stehen 45.000 Quadratmeter an Fläche zur Verfügung. Im Mietpreis enthalten ist ein Budget für den Ausbau, den der Vermieter Swiss Life für die Stadt übernimmt – 27 Millionen Euro stehen dafür zur Verfügung. Diese Summe soll allerdings nur dafür ausreichen, um in dem Gebäude „gut nutzbare“ Büroarbeitsplätze einzurichten. Bereits damals gab es allerdings den Plan, neben Ersatzbüros für das Stadthaus Deutz auch das Kundenzentrum Innenstadt und die Innenstadt-Feuerwache in der ehemaligen Kaufhof-Zentrale unterzubringen. Somit war schon beim Vertragsabschluss im Juni 2022 klar, dass das Ausbaubudget von 27 Millionen Euro keinesfalls für diese aufwendigen Pläne ausreichen würde. Später kam auch noch der Lesesaal der Kunst- und Museumsbibliothek hinzu, der ebenfalls weitere Sonderkosten verursacht hätte. Vertraglich festgehalten wurde im Mietvertrag, dass alles, was über die Nutzung als reine Büroflächen hinausgeht, von der Stadt Köln über Sonderzahlungen getragen werden muss.

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Warum will die Stadtverwaltung jetzt von der Politik die Freigabe für eine Sonderzahlung in Höhe von 50 Millionen Euro haben? Baudezernent Markus Greitemann, dem die städtische Gebäudewirtschaft untersteht, und Stadtdirektorin Andrea Blome, zuständig für das Personal und die Feuerwehr, haben sich inzwischen von dem ursprünglichen Konzept für das Gebäude verabschiedet und ein neues Konzept entwickelt. Das Kundenzentrum Innenstadt soll weiterhin in dem Gebäude unterkommen, die Ersatzbüros für das Stadthaus Deutz, der Lesesaal und die Innenstadt-Feuerwache jedoch nicht mehr. Hieß es zunächst, der Standort an der Leonhard-Tietz-Straße sei nicht erdbebensicher und deshalb für eine Feuerwache ungeeignet, folgte danach ein anderer Grund. Einen Teil der ehemaligen Kaufhof-Zentrale als Interims-Feuerwache herzurichten, während die Innenstadtwache an der Nord-Süd-Fahrt neu gebaut wird, soll laut der Stadt zu teuer sein. Wie zu erfahren war, lässt sich diese Begründung jedoch in der nichtöffentlichen Beschlussvorlage ebenso wenig finden wie die Information, wie teuer die Feuerwache denn überhaupt gewesen wäre. Greitemann legt stattdessen lediglich dar, dass die Stadt jetzt zusätzlich 50 Millionen Euro benötigt, um das neue Konzept umzusetzen. Dieses sieht vor, dass neben dem Kundenzentrum Innenstadt das Kulturdezernat, das Kulturamt, der Museumsdienst, das Standesamt, die Einbürgerungsstelle, das Gesundheitsamt sowie das Amt für Kinder, Jugend und Familie in der ehemaligen Kaufhof-Zentrale unterkommen sollen. Die Politik soll also eine Entscheidung treffen, ohne die beiden Varianten anhand der Kosten miteinander vergleichen zu können.

Warum fehlen dem Projekt 50 Millionen Euro? Greitemanns Dezernat rechnet damit, dass der Ausbau ohne Feuerwache 50 Millionen Euro kosten wird. Hinzu kommt ein Risikopuffer in Höhe von zwölf Millionen Euro. Das sind insgesamt 62 Millionen Euro. Das bisherige Ausbaubudget beträgt 27 Millionen Euro, eigentlich fehlen also 35 Millionen Euro. Doch das im ursprünglichen Mietvertrag enthaltene Ausbaubudget ist bereits zu einem großen Teil aufgebraucht. Swiss Life als Vermieter macht 20 Millionen Euro an Mietausfallkosten geltend, weil die Stadt Köln den ersten Mietbereich ursprünglich bereits zum 1. Januar 2024 beziehen sollte. Aufgrund der Umplanungen verzögert sich der tatsächliche Einzug jedoch. Um den Schaden zu mildern, will die Gebäudewirtschaft jetzt den Mietvertrag vorzeitig um fünf Jahre bis zum 31. Dezember 2050 verlängern. Dann wäre Swiss Life offenbar bereit, auf fünf Millionen Euro an Mietausfall zu verzichten. Somit blieben vom 27-Millionen-Euro-Ausbaubudget noch zwölf Millionen Euro übrig, die zufällig dem Risikopuffer entsprechen. Es fehlen also derzeit 50 Millionen Euro, um die Pläne von Greitemann und Blome umzusetzen.

Wie setzen sich die Kosten für das Umbau-Konzept ohne Feuerwache zusammen? Eine wie bei Bauprojekten sonst übliche Kostenaufstellung nach Kostengruppen liegt dem Rechnungsprüfungsamt (RPA) der Stadt nicht vor. Üblicherweise werden die Kosten für die Konstruktion, die technischen Anlagen, die Außenanlagen und die Baunebenkosten getrennt aufgelistet. Das Baudezernat hat für die Politik bislang lediglich aufgeschlüsselt, welcher Anteil der Sonderkosten auf welches Amt entfällt. So sollen etwa 30 Prozent, also 15 Millionen Euro, darauf entfallen, die Villa auf dem ehemaligen Kaufhof-Areal für das Standesamt herzurichten. Für das Kundenzentrum Innenstadt sind 20 Prozent, also zehn Millionen Euro, angesetzt, und für den Umbau der ehemaligen Kantine in eine Halle für die Einbürgerung sind 15 Prozent, also 7,5 Millionen Euro, vorgesehen.

Warum will das Baudezernat eine Sonderzahlung tätigen? Die Gebäudewirtschaft geht davon aus, dass es für die Stadt günstiger wäre, einen Kredit in Höhe von 50 Millionen Euro aufzunehmen und als Sonderzahlung an den Vermieter Swiss Life weiterzugeben. Die Alternative bestünde darin, dass der monatliche Mietpreis von derzeit 19,70 Euro pro Quadratmeter auf 24,30 Euro steigen würde. Da der Mietpreis laut Vertrag jedoch über den Verbraucherpreisindex automatisch steigt, hält die Gebäudewirtschaft diese Option für ungünstiger. Die Gebäudewirtschaft hat das aber nicht mit einer Wirtschaftlichkeitsberechnung überprüft und darauf verwiesen, dass frühere Berechnungen bei ähnlichen Projekten die Wirtschaftlichkeit einer Sonderzahlung gezeigt hätten. Nimmt die Stadt einen Kredit auf, kommen zu den 50 Millionen Euro allerdings auch noch die Finanzierungskosten wie Zinsen hinzu.

Ist sichergestellt, dass die Sonderzahlung von 50 Millionen Euro auf jeden Fall ausreichen wird, um das gesamte Gebäudeensemble für die Stadt Köln umzubauen? Nein. Die Höhe der tatsächlichen Umbaukosten lässt sich erst nach Abschluss der Arbeiten bewerten. Sollte der Risikopuffer von zwölf Millionen Euro aufgebraucht werden, könnte es sein, dass der Stadtrat später noch einmal zusätzliches Geld freigeben muss.

Wird die Politik der 50-Millionen-Euro-Sonderzahlung zustimmen? Dem Vernehmen nach ist im Stadtrat nach derzeitiger Lage noch keine Mehrheit in Sicht. Zu groß sind die Zweifel daran, ob es angesichts der angespannten Haushaltslage wirklich notwendig ist, 50 Millionen Euro in ein gemietetes Gebäude zu investieren, um Büroräume für städtische Ämter und ein Standesamt in einer Villa einzurichten. Es herrscht außerdem große Unzufriedenheit darüber, dass das Baudezernat die Kostenprognose für eine Verlagerung der Innenstadt-Feuerwache in die ehemalige Kaufhof-Zentrale nicht bekannt gibt. Ein Fachgespräch zwischen Baudezernent Greitemann und Vertretern der Ratsfraktionen am späten Donnerstagnachmittag soll für Aufklärung sorgen. Der Stadtrat soll in seiner Sitzung am Dienstag der kommenden Woche über die Sonderzahlung entscheiden. „Wir kaufen die Katze nicht im Sack. Bevor es einen Beschluss zur ehemaligen Kaufhof-Zentrale gibt, muss es eine Entscheidung zum Interimsstandort für die Feuerwache Innenstadt geben“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Joisten. Aus Sicht der SPD sei der Standort an der Leonhard-Tietz-Straße als Interimsstandort nicht vom Tisch. „Im Moment können wir der Vorlage nicht zustimmen – nicht nur zur Einmalzahlung haben wir noch Fragen“, sagt Linke-Fraktionssprecher Heiner Kockerbeck. Andere Fraktionen wollten am Donnerstag zunächst das Fachgespräch mit Markus Greitemann abwarten.