Kommentar zu Geißbockheim-AusbauRekers Rolle Rückwärts soll Wiederwahl sichern

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Reker Europawahl

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker sorgt mit ihrer Kehrtwende in Sachen Geißbockheim-Ausbau für Unmut – beim FC und in Teilen der CDU.

  • Das Abrücken der Kölner OB Henriette Reker in Sachen Geißbockheim-Ausbau sorgt für Unmut – beim FC zu allererst. Und zu Recht. Verlässliches Verwaltungshandeln sieht anders aus.
  • Das problematische Manöver zeigt aber auch, dass Reker 2020 erneut kandidieren will. Dass die Gespräche mit ihren Unterstützerparteien CDU und Grünen noch scheitern, ist unwahrscheinlich.
  • Als ernstzunehmende OB-Kandidatin scheint Reker alternativlos. Dabei braucht die OB-Wahl 2020 dringend echten Wettbewerb.
  • Ein Kommentar.

Köln – Es ist ein offenes Geheimnis, nur der Zeitpunkt der Verkündung scheint noch nicht endgültig ausgemacht zu sein: Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker strebt eine zweite Amtszeit an. Läuft in den Sondierungen mit Grünen und CDU alles glatt, wird sie sich wohl Mitte September offiziell erklären.

Dass die aktuellen Gespräche mit ihren wichtigsten Unterstützerparteien noch scheitern, ist unwahrscheinlich. Trotz des Unmuts in Teilen der CDU, den Rekers Kurswechsel in der Debatte ums Geißbockheim auslöste.

Im Blick hatte Oberbürgermeisterin Henriette Reker eine zweite Amtszeit schon immer

Dabei ist diese Rolle rückwärts höchst problematisch und ein durchschaubares Manöver: Nachdem die OB jahrelang die Ausbaupläne des 1.FC Köln befürwortet hatte, räumt sie nun aus taktischen Gründen ihre Position und tritt für die Prüfung alternativer Standorte ein. Ein Schritt, der nur als Zugeständnis an die Grünen verstanden werden kann. Verlässliches Verwaltungshandeln sieht anders aus.

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Um ihre erneute Kandidatur abzusichern, geht Reker ein aus ihrer Sicht kalkulierbares Risiko ein. Sie legt sich zwar mit dem mächtigsten Verein der Stadt und seiner Anhängerschaft an. Sie kann jedoch darauf hoffen, dass der Ärger nicht allzu hohe Wellen schlägt. Schließlich hat es die CDU nicht für nötig befunden, eine Alternative zu Reker aufzubauen. 

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Im Blick hatte Reker eine zweite Amtszeit schon immer – mal mehr, mal weniger. Nach den ersten beiden Jahren im Rathaus, in denen vieles nicht rund lief und sie an ihre Grenzen stieß, war die Sehnsucht nach fünf weiteren Jahren auf dem Chefinnen-Sessel eher gering. Mittlerweile aber hat sich Reker im politischen Alltagsgeschäft stabilisiert und professionalisiert. Ohne bislang mit wirklich herausragenden Projekten oder Visionen zu glänzen.

Es spricht derzeit also vieles dafür, dass Reker noch einmal auf dem Ticket von Grünen und CDU antritt. Darin kann sich die OB auch durch die politische Großwetterlage ermutigt fühlen: Die Klimadebatte lenkt die Aufmerksamkeit auf Themen, die ihr wichtig sind, wie etwa die Verkehrswende oder das klimaneutrale Bauen.

An Rekers Bestrebungen gibt es nichts auszusetzen. Im Gegenteil: Hätte sie nicht das Ziel, in einer zweiten Amtszeit zu ernten, was sie gesät hat, wäre sie schon heute fehl am Platz.

Dennoch kann das laufende OB-„Vorauswahlverfahren“ aus Sicht der Bürger nicht zufriedenstellen. Politik lebt vom Wettstreit der besten Köpfe und Ideen. Genau der jedoch droht bei der OB-Wahl im Herbst 2020 auszufallen. Schon jetzt, so scheint es, steckt die OB mit ihren Unterstützern die Leitplanken einer Agenda 2025 für Köln ab. Ein politischer Wettbewerb ist mangels Alternativen und der anhaltenden Schwäche der Parteien nicht in Sicht. Das wirkt unambitioniert und demokratietheoretisch bedenklich.

Das Geißbockheim im Äußeren Grüngürtel

Das Geißbockheim im Äußeren Grüngürtel

Die CDU wird – wenn alles so läuft, wie von der Parteispitze geplant – wie schon vor fünf Jahren auf einen eigenen Personalvorschlag für die OB-Wahl verzichten. Mehr als ein leises Grummeln an der Basis ist nicht zu vernehmen. Reker scheint aus Sicht der Christdemokraten alternativlos zu sein. Für die einzige noch verbliebene Volkspartei ist das ein indirektes Eingeständnis einer bedrohlichen personellen Erschöpfung.

Auch die Kölner Grünen haben sich die Frage nach einem eigenen OB-Kandidaten nicht ernsthaft gestellt – obwohl sie im bundesweiten Stimmungshoch die historische Chance hätten, 2020 den ersten „pur grünen“ OB der Stadt zu stellen.

Und die SPD? Sie trauert der alten Stärke hinterher, hat aber niemanden aufzubieten, der sie dorthin zurückführen könnte. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass die Sozialdemokraten einen ernsthaften Herausforderer präsentieren können. Dabei wäre die Stimme eines selbstbewussten, unverbrauchten Bewerbers – womöglich mit einer gewissen Prominenz – spannend und inspirierend.

Ein echter Wettbewerb wäre etwas, was Köln 2020 dringend bräuchte. Dass es dazu kommt, danach sieht es derzeit nicht aus. 

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