Lange WartelistenKölner Stadtmitarbeiter sollen schneller psychische Hilfe bekommen

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(Symbolbild)

Köln – Mitarbeitende der Stadt Köln, die ein traumatisches Ereignis bewältigen müssen, sollen möglichst rasch professionelle Hilfe bekommen. Häufig müssen sich Hilfesuchende mehrere Monate gedulden, ehe sie eine Psychotherapie beginnen können. Für die Stadtbediensteten soll diese zeitliche Lücke über ein Pilotprojekt geschlossen werden.

Der schnelle Zugang zu psychosomatischen Angeboten basiert auf einer neuen Kooperation zwischen der Stadt und der Uniklinik. Helmut Blömeke, Leiter des betrieblichen Gesundheitsmanagements der Stadt Köln, erläutert die Idee hinter dem Projekt: „Wir möchten erfahrene und wertgeschätzte Kolleginnen und Kollegen, die psychische Belastungen verkraften müssen, nicht alleinlassen und in ihrem Sinne so bald wie möglich wieder am Arbeitsplatz sehen, schließlich wird jeder gebraucht.“

Partnerin ist die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie der Uniklinik. „Wir fanden das Anliegen der Stadt Köln sehr berechtigt. Je früher und kompetenter Menschen mit traumatischen Erlebnissen oder anderen schweren psychosozialen Belastungen geholfen wird, desto größer ist die Chance, zu genesen und zu guter Lebensqualität zurückzufinden“, sagt Klinikdirektor Professor Christian Albus.

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„Es geht um eine Lotsenfunktion“

Das Projekt startete Anfang 2020, die Kontakte bestanden bereits vorher. „Informell kooperieren wir mit der Stadt schon lange. Es gibt einen sehr engagierten betriebsärztlichen Dienst, dessen Mitarbeiter sehr wach sind, gerade auch in Bezug auf psychische Belastungen.“ So seien in der Vergangenheit immer wieder Patienten in die Ambulanz der Klinik überwiesen worden. „In unserer Ambulanz werden die Patienten gründlich untersucht, um eine exakte Diagnose zu stellen und sich über ein Therapiekonzept abzustimmen. Wir bieten in der Ambulanz keine längerfristige ambulante Versorgung, sondern es geht um eine Lotsenfunktion innerhalb des Versorgungssystems.“

Professor Albus erläutert, dass Menschen, die psychisch hoch belastet sind, sich nicht zwingend in einer psychischen Krise befinden müssen, aber auf jeden Fall eine rasche Diagnostik und ein unterstützendes Gespräch brauchen. Über das Pilotprojekt zur ambulanten Betreuung bekommen die städtischen Mitarbeiter binnen zweier Arbeitstage ein diagnostisch-beratendes Erstgespräch, das 50 Minuten dauert. Es schließen sich zwei bis drei Sitzungen an. Dann erfolgt entweder der Übergang in eine ambulante Therapie oder in eine stationäre Behandlung. „Der entscheidende Aspekt der Kooperation liegt darin, dass bei Bedarf rasch eine Psychotherapie ermöglicht wird.“

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Die Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie verfügt neben der Ambulanz über eine Station mit 18 Behandlungsplätzen. Was fehlt ist eine Tagesklinik. „Leider gibt es die nicht. Das ist eine Lücke in unserem Versorgungskonzept, wir würden selbstverständlich gerne eine Tagesklinik anbieten. Das geben der Bettenbedarfsplan und die derzeitigen Finanzierungsbedingungen nicht her.“ Laut Klinikleiter Albus wird das neue Angebot gut angenommen – mit Verzögerung. „Die Corona-Pandemie hat zu Anlaufschwierigkeiten geführt, da wir mit dem ersten Lockdown unsere ambulante Versorgung drastisch reduzieren mussten. Das hat sich inzwischen verbessert, und die Patientenzahlen sind in der zweiten Jahreshälfte 2020 deutlich gestiegen.“

Generell beobachtet das Team der Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie, dass die Belastung für psychisch kranke Menschen in der Corona-Pandemie zunimmt. „Nach unserer klinischen Beobachtung konnten das viele Menschen in der ersten Welle der Pandemie noch relativ gut kompensieren. Patienten mit psychischen Erkrankungen haben durchaus das Potenzial, sich selbst zu helfen. Für manche war die Notwendigkeit, sich zurückzuziehen und weniger aus dem Haus zu gehen, sogar entlastend. Es gab eine Art äußeren Feind, dem man sich zum Beispiel mit Infektionsschutzmaßnahmen entgegenstellen konnte. Aber jetzt sind die Menschen ausgelaugt, mittlerweile führt die soziale Isolation zu deutlichen Zermürbungen“, sagt Professor Albus. Die Kooperation zwischen der Stadt Köln und der Uniklinik Köln läuft zunächst bis Ende 2021.

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