Plastic FischerWie ein Kölner Start-up Flüsse in Asien von Plastik befreit

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Plastic Fischer Team

Das Gründungsteam von Plastic Fischer: Moritz Schulz, Karsten Hirsch und Georg Baunach (v.l.)

Köln – Angefangen hat alles bei einem Urlaub in Vietnam. Nachdem Karsten Hirsch sein Jura-Staatsexamen an der Universität zu Köln abgeschlossen hatte, besuchte er seinen Freund Georg Baunach, ebenfalls Kölner, der schon länger in Südostasien arbeitete. Aus seinem Hotelfenster blickte Hirsch auf den gewaltigen Mekong. Der Strom des Mekongs trug nicht nur Wasser, sondern auch riesige Plastikmassen in das Südchinesische Meer. Das war der Moment, in dem die Idee für das Start-up Plastic Fischer entstand. „Das ging rund um die Uhr so. Und damals hat niemand etwas dagegen getan“, erzählt Hirsch. Mit seinem Start-up hat er einen Weg gefunden, die Plastikverschmutzung zu bekämpfen und gleichzeitig Geld zu verdienen. Doch bis dahin war es ein weiter Weg.

Dass etwas getan werden muss, steht jedenfalls außer Frage. Die enormen Plastikmassen im Meer bedrohen das Leben Hunderttausender Tiere, weil das Plastik in ihren Nahrungskreislauf gelangt. Es gefährdet die Existenz vieler Pflanzen- und Tierarten und bringt so ganze Ökosysteme zum Wanken. Die Folgen sind auch für den Menschen unabsehbar. Wie aber lässt sich die Plastikverschmutzung eindämmen?

„Trashbooms“ gegen Plastikmassen

Zurück in Köln ließ Hirsch diese Frage nicht los. Mit dem Jurastudium war er ohnehin nicht besonders glücklich. Also verzichtete er erst einmal aufs Staatsexamen und gründete zusammen mit Georg Baunach und einem weiteren Kölner, Moritz Schulz, das Start-up Plastic Fischer. „Das Ganze ist spontan entstanden. Wir sind einfach losgezogen, ohne großen Plan von Abfall und Wirtschaft zu haben“, sagt Hirsch. Das Abenteuer lockte. Und mit Georg Baunach, der im Bereich Aquakultur in Indonesien arbeitete, war ein Mentor vorhanden, der die Region und seine Probleme gut kannte.

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Zunächst experimentierten Hirsch und seine Mitgründer in Köln mit Wasserrädern, die schon in der Fischerei erprobt waren. Erste Versuche im Strunder Bach in Bergisch Gladbach waren vielversprechend. „Das hat uns stark motiviert, das Ganze auch in Asien anzugehen“, sagt Hirsch. Doch der Mekong, so musste er feststellen, ist nicht der Strunder Bach.

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Weil die Strömung in der Trockenzeit zu schwach war, entwickelte das Rad zu wenig Kraft, um die Plastikmassen aus dem Fluss zu befördern. Schließlich kamen die drei auf ihre „Trashbooms“. Hirsch erzählt: „Wir wollten etwas bauen, das vor Ort funktioniert. Mit einfachen Materialien, die wenig kosten und die nicht extra importiert werden müssen.“ Vier Rohre sorgen für Auftrieb, während ein Stahlgitter unterhalb der Rohre das Plastik aufhält. Die ersten Prototypen bewährten sich – auch im Mekong. Das Plastik musste nur noch abgeschöpft werden.

TrashBoom Element

Ein Element des TrashBoom. Die Rohre sorgen für Auftrieb wärend das Metallgitter das Plastik einfängt.

Geld verdient das Start-up durch Firmen, vor allem aus Deutschland, die mit Plastikmaterialien arbeiten und nach Asien exportieren. Die Plastic Fischer werden dafür bezahlt, das Plastik aufzusammeln und wiederzuverwerten. Auch das ist keine leichte Aufgabe. Wenig von dem abgeschöpften Plastik ist recycelbar. Der Großteil wird in thermodynamischen Prozessen verbrannt, um wenigstens Energie mit dem Müll gewinnen zu können.

„Eigentlich ist das ein Regierungsjob“

Die Plastic Fischer, darüber ist sich Karsten Hirsch bewusst, bekämpfen Symptome. Symptome einer Wegwerfgesellschaft, die nicht weiß, wohin mit dem ganzen Müll. „Wir versuchen Löcher zu flicken. Aber eigentlich ist das ein Regierungsjob“, sagt er. Ob aus Unvermögen oder Desinteresse – bisher jedenfalls passiert auf staatlicher Ebene zu wenig, um gegen das Plastikproblem vorzugehen.

Doch die Plastic Fischer versuchen ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen und bieten niederschwellige Lösungen. „Eigentlich sind wir darauf angelegt, dass wir irgendwann nicht mehr existieren, aber das ist leider utopisch. Solange Flüsse mit Plastik verschmutzt werden, wollen wir da sein.“

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Die TrashBooms im Einsatz in einem Fluss in Bandung, Indonesien.

Bis dahin versucht Hirsch so viele Unternehmen wie möglich von seinem Konzept zu überzeugen. Das macht er mittlerweile wieder hauptsächlich in Köln. Nachdem er ein halbes Jahr in Indonesien gelebt hatte, schwappten ihn die Corona-Wellen zurück an den Rhein. Das hat auch sein Gutes, findet Hirsch: „Vor Ort brauchen wir Leute, die die Sprache sprechen und die lokale Kultur besser kennen als ich. Eigentlich sollte ich mit meinem Jurastudium da nicht vonnöten sein. In Köln kann ich besser dafür sorgen, Partnerschaften aufzubauen und Unternehmen für uns zu gewinnen.“

Nächstes Ziel: Indien

Als nächstes plant die Firma nach Indien zu expandieren. Auch dort ist Plastikverschmutzung ein großes Problem. Hirsch wird dabei sein, sein Lebensmittelpunkt bleibe aber Köln.

Mit dem Rhein blickt Hirsch dabei täglich auf einen Fluss, der ebenfalls nicht als der sauberste der Welt gilt. Wirtschaftlich müsse er aber „nicht auf allen Hochzeiten gleichzeitig tanzen“, sagt Hirsch. Gelinge die Etablierung in Indien, sei schon viel erreicht.

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