Rhein-EnergieGerangel um den Top-Job

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Ende Juli verlässt Personalvorstand Thomas Breuer die Rhein-Energie.

Ende Juli verlässt Personalvorstand Thomas Breuer die Rhein-Energie.

Köln – Es ist einer der absoluten Spitzen-Jobs, die im Firmengeflecht der Stadt Köln zu ergattern sind – und in genau sechs Monaten wird er frei. Ende Juni verlässt Personalvorstand Thomas Breuer (60) das Versorgungsunternehmen Rhein-Energie und geht in den Ruhestand. Sein Vertrag wurde zwar vor nicht allzu langer Zeit verlängert, bis ins Jahr 2017, doch der Mann mit 34 Jahren Berufserfahrung bei der Rhein-Energie und dem Vorgänger GEW will nicht mehr – „private Gründe“.

Andere wollen seinen Vorstands-Posten umso lieber. Schließlich ist die Rhein-Energie nicht nur einer der größten Regionalversorger Deutschlands und Hauptgewinnbringer unter Kölns kommunalen Unternehmen. Sondern die Position des Personalvorstands und Arbeitsdirektors gehört auch zu den bestdotierten städtischen Jobs – im Falle Breuer waren es laut dem letzten verfügbaren Geschäftsbericht insgesamt fast 700 000 Euro Jahreseinkommen.

Vorschlagsrecht liegt bei den Arbeitnehmervertretern

Das Vorschlagsrecht für den Posten des Arbeitsdirektors liegt nach alter Gepflogenheit alleine bei den Arbeitnehmervertretern. Ihr Kandidat wird meist von der Eigentümer-Seite, im Falle der Rhein-Energie also den Vertretern der Stadt und des Miteigners RWE, im Aufsichtsrat akzeptiert und gemeinsam zum Personalvorstand bestellt – so es denn keine Gegenkandidaten mehr gibt. Um die Breuer-Nachfolge war aber nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ schon im Arbeitnehmer-Lager eine Auseinandersetzung entbrannt. Nur mit Mühe konnten sich Vertreter der Gewerkschaft Verdi und die Betriebsräte auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, berichten Insider. Die Entscheidung fiel angeblich nur mit einer Stimme Mehrheit.

Nur drei Frauen befinden sich unter den Führungskräften der neun großen städtischen Unternehmen: Messe-Geschäftsführerin Katharina Hamma sowie die beiden GAG-Vorstände Kathrin Möller und Sybille Wegerich.

Sechs weitere Gesellschaften haben ausschließlich Männer an der Spitze: die Rhein-Energie, die Kölner Verkehrs-Betriebe, die Köln-Bäder, die Hafengesellschaft HGK, der Flughafen und Net-Cologne. In den Vorstand der Sparkasse Köln-Bonn wurde ebenfalls noch keine Frau berufen. Insgesamt sind bei den neun Unternehmen 27 Geschäftsführer und Vorstände beschäftigt. Die Frauenquote beträgt somit rund elf Prozent. (adm)

Neben Machtkalkül soll vor allem das Job-Profil eine Rolle gespielt haben: Füllt besser ein eingearbeiteter Fachmann aus dem Unternehmen die Position aus, oder wäre ein externer Bewerber mit breiterer Erfahrung die bessere Wahl? Oder eine Bewerberin – schließlich macht sich auch die Rhein-Energie offiziell für die Förderung von Frauen stark. Die Betriebsrats-Seite setzte sich schließlich durch – der langjährige Personal-Prokurist Norbert Graefrath ist Favorit der Arbeitnehmerseite. Das bestätigte Betriebsratschef Wolfgang Nolden auf Anfrage dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Die Entscheidung sei mit breiter Mehrheit gefallen. Verdi ließ eine Anfrage unbeantwortet.

Auch Aufsichtsratschef Karl Jürgen Klipper (CDU) zeigte sich schmallippig. „Ich strebe an, einen sehr transparenten Auswahl-Prozess durchzuführen“, sagte er. „Als Aufsichtsratsvorsitzender habe ich dafür zu sorgen, dass wir die qualitativ beste Person für den Job bekommen.“ Parallel zum Auswahlprozess der Arbeitnehmerseite wurde eine renommierte Personalberatung mit der Suche nach externen Kandidaten beauftragt. Nun sind noch drei Bewerber in der engeren Wahl, verlautet aus der Firma – inklusive des Favoriten der Arbeitnehmer.

Keine Frau unter den Favoriten

Eine Frau ist nicht mehr darunter, obwohl sich alle städtischen Unternehmen die Frauenförderung auf die Fahnen geschrieben haben. „Wir stehen zum Anspruch, auch Vorstandsposten bevorzugt weiblich zu besetzen“, sagte Rhein-Energie-Aufsichtsrat Martin Börschel (SPD). „In jedem Fall muss aber das Profil zur Position passen.“ Auch der Netz- und der Vertriebsvorstand der Rhein-Energie wurden in den vergangenen Jahren neu bestellt – in beiden Fällen kamen Männer zum Zug.

Für die Breuer-Nachfolge hätte Aufsichtsratschef Klipper sogar eine Bewerberin aus der eigenen Partei gehabt. Nach Informationen aus Verwaltungskreisen hat CDU-Politikerin Christine Kronenberg, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Köln, Interesse angemeldet. Doch aus dem Konzern verlautet, dass sie aus dem Rennen ist. Weder die Personalberatung noch die Arbeitnehmervertreter hätten sie in die engere Auswahl genommen.

Gewählt werden soll schon bei der Aufsichtsratssitzung Mitte März. „Vor den Betriebsratswahlen im April hätten wir die Personalie gerne entschieden“, sagte Betriebsratschef Nolden. Da Graefrath das Anspruchs-Profil sehr gut erfülle, genieße er die volle Rückendeckung aller Arbeitnehmer-Vertreter im Aufsichtsrat. Personal-Vorstand Breuer wünscht sich für seine Nachfolge nur eins: „Es soll jemand ausgewählt werden, der das Vertrauen der Belegschaft genauso stark erhält, wie es mir zuteil wurde.“ Der baldige Ruheständler kann die Debatte gelassen verfolgen: Laut Geschäftsbericht der Rhein-Energie stehen ihm jährlich zwei Drittel des bisherigen Fix-Gehaltes von rund 360 000 Euro als Altersversorgung zu.

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