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Kölner PhilharmonieSarah Willis versetzt Mozart nach Kuba

3 min
Sarah Willis steht vor einem kaputten Haus auf Kuba.

Die Hornistin Sarah Willis kommt mit „Mozart y Mambo“ nach Köln

Die Berliner Hornistin Sarah Willis kreuzt sehr erfolgreich Mozart mit Mambo und tritt jetzt in der Kölner Philharmonie auf.

In der kubanischen Hauptstadt Havanna gibt es sogar eine Mozart-Statue. Keine besonders gelungene, aber immerhin. Und die amerikanisch-britisch-deutsche Hornistin Sarah Willis berichtet von der Versicherung eines lokalen Musikers, dass Mozart ein guter Kubaner gewesen wäre. Das war 2017, als die Künstlerin zum ersten Mal die Karibik-Insel besuchte. Mozart meets Cuba?

Ja, die Mozart-wie Salsa-begeisterte Willis, seit 2001 Mitglied der Berliner Philharmoniker und dort die einzige Frau in der siebenköpfigen Hörnerriege, war nach eigener Darstellung von diesem Statement so begeistert, dass sie in den Folgejahren ein eigenes Projekt auf die Spur setzte: die fruchtbare Begegnung des Wiener Klassikers mit dem Mambo, dem energiegeladenen und körperbetonten lateinamerikanischen Tanz, dessen Ursprünge tatsächlich in Kuba liegen. Mittlerweile zeitigte das Unternehmen neben zahlreichen Konzerten, flashmob-artigen Straßenauftritten, Kompositionsaufträgen auch drei CDs sowie einen Konzertmitschnitt samt Dokumentarfilm auf DVD beim Label alpha.

Willis' künstlerischer Partner ist dabei, neben diversen kubanischen Musikern, das dort ansässige Havana Lyceum Orchestra. Klar, das Kernrepertoire liefern Mozarts vier Horn-Konzerte KV 412, 417, 447 und 495 aus der reifen Wiener Zeit. Und der Mambo? Wie „Mozart y Mambo“ praktisch funktioniert, kann man sich in Internet-Videos anhand der lustvollen „Mamboisierung“ des Konzerts KV 447 anschauen und anhören. Am Schluss des Orchestertuttis im ersten Satz ist in der Partitur zweimal eine Synkope platziert; deren rhythmischen Impuls dehnen Willis und die Musiker auf die komplette Textur aus. Da wird dann aus Mozart – auch übrigens aus dem Jagdrondo des Konzerts KV 495 – ziemlich schnell lateinamerikanische Fiesta.

Willis ist das, was man deutsch-ordinär eine „Rampensau“ nennt

Ist das trotzdem nicht ziemlich crazy? Vielleicht, Willis und ihre Mitstreiter machen schließlich auch die „Kleine Nachtmusik“ zum Mambo, steuern allerdings darüber hinaus mehr oder weniger „Mozart-freie“ kubanische Musik bei. Aber zwanghaft und gewaltsam wirkt diese kulturelle Hybridisierung nicht. Da wird eben, so kommt es jedenfalls herüber, lediglich ein Potenzial aktiviert und ausgereizt, das in Mozart neben vielem anderen eben auch von Haus aus drinsteckt.

Wer auf das Ergebnis neugierig ist, sollte in das nächste Konzert der – in der vergangenen Spielzeit erstmals aufgelegten – Kölner philharmonischen Abo-Reihe „Philharmonie.7“ (Montag, 22. September, 19 Uhr) gehen, einem betont niederschwelligen Angebot vor allem für ein junges Publikum. Willis spielt dort „Mozart y Mambo“ mit dem Havana Lyceum Orchestra unter José Antonio Méndez Padrón.

Jenseits des Programms ist die Solistin als solche in jeder Hinsicht eine Attraktion. Willis, 1968 als Tochter eines australischen Auslandskorrespondenten im US-amerikanischen Bethesda/Maryland geboren, dann in England aufgewachsen und überhaupt weit in der Welt herumgekommen, ist rundum das, was man deutsch-ordinär eine „Rampensau“ nennt. Das hat sie immer wieder in eigenen TV-Sendungen, in Familien- und Gesprächskonzerten, als Moderatorin in Education-Programmen unter Beweis gestellt. Für ihre Verdienste um die Förderung der klassischen Musik wurde sie 2021 als „Member of the Order of the British Empire“ ausgezeichnet.

Willis entdeckte das Horn mit 14, studierte das Instrument dann in London und Berlin, wo sie zunächst, 1991, als erste Musikerin aus dem Westen, Mitglied der Staatskapelle unter Daniel Barenboim wurde. Der Weg an die Spitze erforderte übrigens einige Durchsetzungskräfte. Ein Lehrer wollte dereinst ihren Wunsch, Horn zu spielen, abwimmeln: „Horn ist nur was für Jungs.“ Willis sagte sich daraufhin: Von wegen, dem zeig’ ich’s – das Resultat ist bekannt.