Premiere in der Kölner KinderoperEine Zauberinsel ist kein Selbstläufer

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"Der Gesang der Zauberinsel" Kölner Kinderoper

Szene aus „Der Gesang der Zauberinsel“

Die Kinderoper im Deutzer Staatenhaus führt Marius Felix Langes Singspiel „Der Gesang der Zauberinsel“ auf. Das Ergebnis bleibt zwiespältig.

Ariosts „Orlando furioso“ war schon oft Stoffvorlage für Nachschöpfungen, zumal in der Opernliteratur – Händels „Alcina“ ist da nur ein Beispiel unter vielen. Dieser üppigen Tradition hat der Berliner Komponist Marius Felix Lange mit der 2019 in Salzburg uraufgeführten Kinderoper „Der Gesang der Zauberinsel oder: Wie der rasende Roland wieder zu Verstand kam“ seine Version hinzugefügt, die als deutsche Erstaufführung   im Saal 3 des Staatenhauses soeben auch die Kölner Oper erreichte (dort wie beim Gürzenich-Orchester ist Lange kein Unbekannter). Wer das Sujet kennt, weiß sofort, worum es geht: um die Insel der Zauberin Alcina, die dort Männer umgarnt und, wenn sie ihrer überdrüssig wird, in Tiere und Pflanzen verwandelt.

Klar, dass sich diese klassischen Märchenmotive auf Anhieb einer Produktion für junges Publikum empfehlen (das übrigens bei der jetzigen Premiere gegenüber den begleitenden Eltern und Großeltern in der Minderzahl schien). Allerdings ist die Sache – auch dies wurde deutlich – kein Selbstläufer, Zauberei allein reicht noch nicht aus, um den Stoff tatsächlich dem achtjährigen Kindergemüt kompatibel zu machen. Bei Lange, der auch das Libretto erstellte (das neben Hochgestochenem ein paar herzhaft-drastische Reimereien enthält), beginnen die Probleme mit dem Setting des Ganzen.

Hier wird nämlich die gegen Alcina gerichtete Befreiungsaktion auf eine zweite Ebene gestellt. Die erste ist die des Komponisten Roland Angéler, der eine Oper über den „Rasenden Roland“ komponiert, damit aber nicht fertig wird, während schon die Proben laufen. Mit dabei als Darstellerin ist seine Tochter Angelika, aber die Hauptrolle des Medoro ist noch unbesetzt. Für die springt dann unversehens der recht singkräftige     Paketbote Mirza ein, der Angelika mit einem Lied in den Schlummer singt. Die weitere Opernhandlung begibt sich dann im Reich ihrer Träume – wo die Figuren der Realebene wiederkehren: Angéler als Roland, seine Frau Annabelle als Alcina, Angelika als sie selbst.

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Auf Melodien zum Mitsingen wartet man vergeblich

Schön und gut, aber kriegen Kinder den Switch von der ersten zur zweiten Ebene wirklich mit? Im Übrigen nimmt das Bühnengeschehen erst gegen Ende hin wirklich Fahrt auf, vorher wird (zu) viel berichtet und reflektiert, Handlungsarmut schlägt die Bühne. Langes frei- bis atonale Musik ist klanglich berückend und wird vom Gürzenich-Orchester unter Rainer Mühlbach (der zu Beginn der Oper kurz als er selbst auftritt) auf dieser Linie auch sehr ansprechend realisiert. Sphäreninstrumente (Xylofon etc.) dominieren und schaffen eine Atmosphäre magischer Berückung. Es fehlt aber etwas, worauf man bei einer Kinderoper eigentlich immer wartet: griffig Melodisches gleichsam zum Mitsingen, wenigstens hier und da.

Wenn das Ergebnis dieser eineinviertel Stunden zwiespältig bleibt, so liegt das nicht an der Inszenierung von Brigitta Gillessen sowie an der Bühne und den Kostümen Jens Kilians. Sie machen mit exzellenten Einfällen – etwa dem, zu Beginn der Traumszenen Alcina aus dem Flügel klettern zu lassen –, mit herrlichen Kleidern, Farben und Bildern das denkbar Beste draus. Alcinas Zauberwald und   der in der Sternenweite leuchtende Mond, auf den wie bei Ariost die Bühnengesellschaft am Ende reist – das alles ist herzlich, unmittelbar ansprechend   und einfach schön anzuschauen.

Gewohnt potent und spielfreudig, wenn auch durchaus leistungsgestuft agieren die Darsteller: David Howes (als   Komponist und rasender Roland), Ruth Häde (als Hippogryph/Astolfo) und Juyeon Shin (als Alcina/Annabelle) aus dem Opernstudio, Ye Eun Choi (Angelika) und Maike Raschke (Bradamante) aus dem Kinderoper-, SeungJick Kim (Ruggiero) und Publikumsliebling Miljenko Turk (Mirza/Myrtenmirza) aus dem Opernensemble.

Nächste Aufführungen: 2., 5., 7., 11., 14. Dezember

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