Stomp in der Kölner PhilharmonieHier sind wahre Rhythmus-Akrobaten unterwegs

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Stomp in der Kölner Philharmonie

Köln – Manchmal haben die ganz kleinen Gesten die größte Wirkung: Die Philharmonie liegt im Dunkeln und die acht Ensemble-Mitglieder von „Stomp“ stehen nebeneinander auf der Bühne. Jeder hält zwei Benzin-Feuerzeuge in den Händen. Ein Alltagsgegenstand, doch nur durch das genau choreografierte Entzünden und Erlöschen, untermalt vom Klacken der Klappdeckel, entsteht eine Illusion hüpfender Flammen.

Es ist ein leiser, magischer Moment in einer Show, die sonst vor allem pure Überwältigung ist. Nicht umsonst haben die Gründer Luke Cresswell und Steve McNicholas ihr den Namen „Stomp“ – also Stampfen – gegeben. Vor 31 Jahren war diese Theaterperformance, die so gar nicht in irgendein Genre passen will, zum ersten Mal im englischen Seebad Brighton zu sehen.

Die acht Stomp-Mitglieder sind perfekt aufeinander abgestimmt

Und seither haben die Stomper in so ziemlich allen Ecken der Welt performt. Das Prinzip ist dabei trotz aller Weiterentwicklung und neuer Nummern immer gleich: Aus Alltagsgegenständen werden Musikinstrumente, ob nun Besen, Waschbecken, Einkaufswagen, zerknülltes Zeitungspapier, Becher oder Koffer – allem entlocken die zwei Frauen und sechs Männer ungeahnte Töne.

Perfekt aufeinander abgestimmt rennen, springen und tanzen sie dabei in oft atemberaubender Geschwindigkeit über die Bühne. Da fließt der Schweiß in Strömen. Wer hier dabei ist, braucht nach den kraftvollen Performances kein Fitnessprogramm mehr.

Stomp Bühnenfoto Köln 2

Bei Stomp werden aus Alltagsgegenständen neue Musikinstrumente.

Oft beginnt es mit einem einzelnen Künstler, der schnipst, klatscht oder trommelt, dann kommen die anderen dazu. Immer vielschichtiger wird die Klangwolke, bis sie sich entlädt. Es entsteht eine Energie, die sich sofort auf das Publikum überträgt. Hier sind wahre Rhythmus-Akrobaten unterwegs, die nicht nur die komplexen Klangfolgen im Schlaf beherrschen, sondern auch mit großer Körperlichkeit agieren. Gesprochen wird nicht, getanzt aber auch nicht. Der Rhythmus erzählt seine eigene Geschichte, die jeder im Publikum sofort versteht.

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Wer hätte gedacht, dass Tonnen und Eimer, mal aus Plastik, mal aus Blech, einmal so groß rauskommen? In jeder Form und Größe tauchen sie in der Show auf. Mit den Händen und mit Stöcken entlockt das „Stomp“-Ensemble ihnen Töne. Die Künstler erinnern dabei an eine Putztruppe, die einfach mal schaut, was man mit ganz gewöhnlichen Utensilien sonst noch so anfangen kann.

Stomp Premiere Köln

Die Stomp-Mitglieder sind perfekt aufeinander abgestimmt.

Gleiches gilt für die Besen, deren Borsten mal zart über den Boden wischen, dann wiederum wird das Holz mit aller Gewalt im Takt auf den Boden geschlagen, dazu springen, drehen und wirbeln die acht Künstlerinnen und Künstler über die Bühne. Es gibt so viel zu sehen, dass man gar nicht weiß, wohin man zuerst schauen soll. Und wenn zwei Akteure in Gurten hoch oben in der Luft hängen und die vor ihnen mit allerlei Schrott behängte Wand wie ein riesiges Schlagzeug durch Sprünge von einer Seite zur anderen bespielen, müssen sie ihre akrobatischen Fähigkeiten vor keinem Artisten verstecken.

Geschichten werden auf der Bühne nicht erzählt

Zwar werden keine Geschichten erzählt, aber einer in der Truppe sorgt doch immer wieder für Lacher im Programm. Mozzie heißt der Charakter, der zwar der ständige Außenseiter ist, dafür aber die Sympathien des Publikums auf seiner Seite hat. Er ist oft ein bisschen zu spät dran, fügt sich nicht so recht ein in die Gruppe. Angus Little verkörpert ihn mit großer, kindlicher Spielfreude.

Nach 100 Minuten überwältigendem Lärm in allen Facetten ist Schluss. Und jede Flasche, jeden Wasserhahn und jede Zeitung schaut man plötzlich mit ganz anderen Augen an.

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