„Der Umgang ist bestürzend“SPD und Grüne in NRW positionieren sich klar in Causa Hubert Aiwanger

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Hier noch gemeinsam: NRW-Ministerpräsident (CDU, 2.v.r.) verzichtet auf einen Kommentar zur Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger (Freie Wähler, l.), Mona Neubaur (Grüne, r.), Vize-Ministerpräsidentin in NRW, wählte deutlich klarere Worte für den Vize von Markus Söder (CSU, 2.v.l.)

Hier noch gemeinsam: NRW-Ministerpräsident (CDU, 2.v.r.) verzichtet auf einen Kommentar zur Flugblatt-Affäre von Hubert Aiwanger (Freie Wähler, l.), Mona Neubaur (Grüne, r.), Vize-Ministerpräsidentin in NRW, wählte deutlich klarere Worte für den Vize von Markus Söder (CSU, 2.v.l.)

Hendrik Wüst und Herbert Reul (beide CDU) ließen den Fall unkommentiert, die CDU Köln stellte sich gegen Antisemitismus.

Die Entscheidung über den Verbleib von Hubert Aiwanger in der bayerischen Landesregierung mag auf den ersten Blick keine direkten Auswirkungen auf Nordrhein-Westfalen haben. Dennoch haben auch die Menschen an Rhein und Ruhr in den vergangenen Tagen gebannt auf die Vorgänge in München geblickt. Das gilt natürlich ebenso für Politiker.

Wenn auch einige von ihnen – wie Ministerpräsident Hendrik Wüst und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) – am Sonntag auf Anfrage lieber keinen Kommentar zu Söders Verlautbarung abgeben wollten. Ganz anders Mona Neubaur, NRW-Wirtschaftsministerin und als stellvertretende Ministerpräsidentin Aiwangers NRW-Pendant.

Markus Söder lässt Hubert Aiwanger im Amt: Schaden für Erinnerungskultur

Die Grünen-Politikerin griff Aiwanger scharf an und kritisierte auch CSU-Chef Markus Söder: „Der Umgang Hubert Aiwangers mit den ihm gegenüber erhobenen Vorwürfen ist bestürzend. Unabhängig von seiner konkreten Rolle bei der Erstellung und Verbreitung dieses widerlichen, antisemitischen Flugblatts disqualifiziert er sich im Umgang mit dieser Affäre, und das nachhaltig“, sagte Neubaur dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Anstatt ehrliche Reue und Scham zu zeigen, inszeniere er sich als Opfer politischer und medialer Intrigen.

Alles zum Thema Mona Neubaur

„Er findet weder angemessene Worte, noch trägt er zu einer umfänglichen Aufklärung bei. Man muss befürchten, dass diese Haltung langfristigen Schaden am Grundkonsens deutscher Erinnerungskultur anrichtet“, sagte Neubaur. Die Entscheidung Söders, die Zusammenarbeit mit Aiwanger fortzusetzen, sei dem Landtagswahlkampf in Bayern geschuldet, sagte die gebürtige Bayerin: „Die Motive des bayerischen Ministerpräsidenten scheinen ausschließlich taktischer Natur zu sein. Wir erleben einen bitteren Tag – nicht nur für Bayern.“

Aufforderung an Wüst: Grüne und SPD in NRW positionieren sich klar zur Causa Aiwanger

Ebenso deutlich positionierte sich Achim Post, der neue Co-Landeschef der NRW-SPD: „Markus Söder stellt politische Macht über demokratischen Anstand“, sagte er am Sonntag. Hubert Aiwanger sei bis heute eine ernsthafte Entschuldigung schuldig geblieben und stilisiere sich zum Opfer einer vermeintlichen Kampagne.

Der neue Co-Landeschef der NRW-SPD: Achim Post spricht an einem in SPD-Farben gehaltenen Rednerpult.

Der neue Co-Landeschef der NRW-SPD: Achim Post

„Indem Söder über dies alles hinwegsieht, legitimiert er die von Aiwanger versuchte Verkehrung der Verantwortung auch noch“, sagte Post. Er erwarte von CDU-Bundesparteichef Friedrich Merz und Ministerpräsident Hendrik Wüst, dass sie „eine klare Trennlinie zu diesem unwürdigen Gebaren von Söder und Aiwanger ziehen. Das gebietet der demokratische Anstand“.

Die Kölner CDU vermied Kritik an Söder, will den Fall aber zum Anlass nehmen, auch in Köln entschlossen gegen Antisemitismus vorzugehen. „Zur Angelegenheit hat Markus Söder bereits gesprochen“, sagte Parteichef Karl Mandl am Sonntag dieser Zeitung. Für die Kölner Christdemokraten sei die Affäre „eine Gelegenheit, die Wichtigkeit einer guten Erinnerungskultur zu betonen. Unsere Aufgabe ist es, heutigen Antisemitismus zu bekämpfen.“ Persönlich hoffe er, dass sich Juden in Köln sicher und zu Hause fühlten, so Mandl. „Dazu gehört auch, dass sie mit Kippa unbehelligt durch Köln gehen können. Leider ist das heute nicht der Fall.“

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