Die Opposition will NRW-Innenminister Herbert Reul und Flüchtlingsministerin Josefine Paul so bald wie möglich im U-Ausschuss befragen. Doch Schwarz-Grün mauert offenbar.
Schwarz-Grün streitet mit OppositionReul und Paul sollen erst später zu Solingen aussagen

September 2024: Hunderte Kerzen, Blumen und Trauerschreiben befinden sich am Gedenkort in Solingen unweit des Tatorts. Bei einer Attacke auf das Stadtfest hatte es am 23. August drei Tote und mehrere Verletzte gegeben.
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Kurz vor der Sommerpause kamen nochmals die Obleute im parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Terroranschlag in Solingen am 23. August mit drei Toten zusammen. An jenem 9. Juli entzündete sich nach Informationen des „Kölner Stadt-Anzeiger“ ein heftiger Streit zwischen Opposition und der schwarz-grünen Regierungskoalition.
Im Kern ging es um die Frage der Zeugenliste bis zum Jahresende. Gerne hätten SPD, FDP und AfD so schnell wie möglich Landesinnenminister Herbert Reul (CDU) sowie seine grüne Amtskollegin für das Flüchtlingsressort, Josefine Paul, in den Zeugenstand berufen. Doch die parlamentarische Mehrheit aus CDU und Grünen mauerte. Stattdessen sollen nun Protagonisten aus den Landesflüchtlingsbehörden bis hin zur Stadt Solingen bis Dezember 2025 aussagen, die nur eine untergeordnete Rolle spielen.
Bei der Besprechung der Obleute soll es sehr laut zugegangen sein. Schwarz-Grün stellte sich in der Solingen-Affäre insbesondere vor die angeschlagene Flüchtlingsministerin. Dabei scheint gerade die Grünen-Politikerin im Krisenmanagement kurz nach dem Anschlag durch den syrischen IS-Terroristen Issa Al Hasan versagt zu haben. Immer neue Dokumente tauchen auf, die viele Fragen aufwerfen, warum die Ministerin tagelang nach dem Attentat abgetaucht war. Das Ministerium betont stets, erst zwei Tage nach der tödlichen Messerattacke sicher gewusst zu haben, dass es sich um den syrischen Migranten Al Hasan gehandelt habe, der durch Fehler bei der Ausländerbehörde in Bielefeld nicht nach Bulgarien abgeschoben worden war. Mails und Nachrichten, die der Kölner Stadt-Anzeiger einsehen konnte, legen jedoch nahe: Pauls Hausspitze wusste offenbar viel früher, um wen es ging, reagierte aber nicht.
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SPD spricht von „maximaler Blockade“
SPD-Fraktionsvize Lisa Kapteinat kritisierte, CDU und Grüne würden von Beginn dieses Untersuchungsausschusses an versuchen, „die Aufarbeitung zu blockieren, wo und wie es nur geht“. „Es liegt jedenfalls bestimmt nicht an FDP und SPD, dass die zuständige Fluchtministerin noch immer nicht als Zeugin vernommen worden ist und in diesem Jahr auch nicht mehr geladen werden soll.“ Die anfängliche Bereitschaft, umfassend aufzuklären, habe sich längst in Luft aufgelöst. „Ministerpräsident Hendrik Wüst hat damals maximale Transparenz versprochen - doch bekommen haben wir nur maximale Blockade. Das ist rund ein Jahr nach dem schrecklichen Anschlag schwer zu ertragen.“
Fabian Schrumpf, stellvertretender CDU-Fraktionschef, widersprach. Bereits zu Beginn des Untersuchungsausschusses sei eine chronologische Vorgehensweise in der Zeugenbefragung vereinbart worden. „Doch die SPD ändert alle zwei Tage die Bedingungen, je nachdem, wie es ihr gerade am besten passt.“ Zunächst einmal sei es wichtig, sich ein umfassendes Bild der Lage vor dem Attentat zu machen, „damit ein solcher Anschlag bestenfalls künftig verhindert werden kann“, führt Schrumpf aus. Erst danach mache es Sinn, Mitglieder der Landesregierung anzuhören.
Seine Grünen-Kollegin Laura Postma wertet die oppositionelle Kritik als „populistisches Manöver“. „Das behindert die wichtige Aufklärungsarbeit des Ausschusses und wird der politischen Aufarbeitung dieses furchtbaren Verbrechens nicht gerecht.“