Das NRW-Justizministerium wird die JVA am Erlenhof um einen geschlossenen Vollzug erweitern. Hochwasserschutz spielt eine besondere Rolle.
Für 770 Millionen EuroGeschlossener Vollzug für 640 Gefangene kommt nach Euskirchen

Auf dem Gelände der JVA Euskirchen Erlenhof wird eine sogenannte Rotationsanstalt für Gefangene aus ganz NRW gebaut. Kostenpunkt: mindestens 770 Millionen Euro.
Copyright: Tom Steinicke
Jetzt ist es offiziell: Das NRW-Justizministerium hat sich für den Ausbau des Justizvollzugsstandorts in Euskirchen entschieden. Auf dem landeseigenen Grundstück, auf dem sich heute mit dem Erlenhof bereits eine Justizvollzugsanstalt (JVA) des offenen Vollzugs befindet, soll zusätzlich eine Einrichtung des geschlossenen Vollzuges mit 640 Haftplätzen entstehen.
Auf eine entsprechende Anfrage, ob der Bau einer sogenannten Rotationsanstalt geplant sei, hatte das Ministerium vor ziemlich genau einem Jahr erklärt, dass „das grundsätzlich möglich ist“. Das sei das Ergebnis einer Machbarkeitsstudie. Der Neubau soll nun tatsächlich als Rotationsanstalt genutzt werden. Das hat das Justizministerium NRW nun bekanntgegeben.
Gefangene aus Nordrhein-Westfalen kommen nach Euskirchen
Geplant sei, in Euskirchen Gefangene aus anderen nordrhein-westfälischen Justizvollzugsanstalten unterzubringen, damit in diesen Anstalten dringend notwendige Sanierungsarbeiten effizient durchgeführt werden können. So werde der Rahmen geschaffen, den Justizvollzug in NRW umfassend zu modernisieren.
Alles zum Thema Hochwasser, Überschwemmung und Flut
- Sturmflut in Hamburg Beliebtes Kreuzfahrtschiff steckte fest
- Hochwasser dank „Detlef“ Sturmflut trifft Küste – Wetterlage bleibt angespannt
- 3D-Modell lässt Burg auferstehen Archäologietour Nordeifel am Sonntag hat sechs Stationen
- NRW beklagt pro Jahr 622 Hitzetote Expertin warnt: „Dunkelziffer ist viel höher“
- Hochwasserschutz Diese Maßnahmen sollen künftig Überschwemmungen in Hürth verhindern
- Hochwasserschutz Stadt Bedburg will 80 Hektar Wald an der Ressourcenschutzsiedlung kaufen
- Sülzbrücken in Rösrath Stadt fordert Beteiligung bei Bauplänen von Straßen NRW
Die Finanzierung der Rotationsanstalt sei im Landeshaushalt bereits berücksichtigt. Konkrete Zahlen nennt das Ministerium auf Anfrage dieser Zeitung dieses Mal nicht. In der Antwort auf die Anfrage vor einem Jahr nannte das Ministerium die Summe von „mindestens 770 Millionen Euro“. Die neue JVA werde modernen Anforderungen an die Sicherheit entsprechen, funktional auf den Resozialisierungsauftrag des Justizvollzugs zugeschnitten sein und nach nachhaltigen Standards errichtet werden.
Überlegungen irritierten vor Jahren Euskirchens Bürgermeister
Die Planungen, die auch den Hochwasserschutz des gesamten Gebiets berücksichtigen, beginnen dem Ministerium zufolge jetzt. Apropos Hochwasserschutz. Als das Thema 2019 schon einmal aufkam, zeigte sich der damalige Euskirchener Bürgermeister Dr. Uwe Friedl genau wegen dieses Themas ausgesprochen irritiert.
Die infrage kommende Fläche liegt nämlich im Überschwemmungsgebiet der Erft. Dort seien Neubauten normalerweise nicht zulässig, argumentierte Friedl. Vor diesem Hintergrund gehe er davon aus, dass „ein Fehler im System der Machbarkeitsstudie“ vorliege, sagte der Bürgermeister damals.
Teilweise liefen hier 140 Bautrockner gleichzeitig.
Davon geht man im Ministerium offenbar nicht aus – und das, obwohl auch der Erlenhof von der Flutkatastrophe im Juli 2021 massiv betroffen war. „Teilweise liefen hier 140 Bautrockner gleichzeitig“, hatte Anstaltsleiterin Jennifer Rybarczyk nach der Flut berichtet. Und es wurden Lehren aus dem Hochwasser gezogen.

Mehr als 300 Insassen sind derzeit im Erlenhof im offenen Vollzug. Nun soll die JVA um einen geschlossenen Vollzug erweitert werden.
Copyright: Johannes Bühl
Seitdem bei der Flut einige Hafträume im Keller unter Wasser standen, werden dort keine Gefangenen mehr unterbracht. Die vergitterten Räume hätten laut Rybarczyk mangels Strom nicht mehr geöffnet werden können. Doch zum Glück war der Trakt in der Flutnacht war dieser Trakt leer.
Im Laufe der Flutnacht lief das Wasser der Erft in alle Keller der Justizvollzugsanstalt. „In einem Haus stand zudem das Erdgeschoss unter Wasser. Dadurch war unsere komplette Technik lahmgelegt“, so die Erlenhof-Chefin. Die ersten Gefangenen seien am 1. Dezember 2021 wieder in der JVA gewesen. „Ohne unsere Bediensteten hätten wir das so nicht geschafft. Sie haben Unglaubliches geleistet“, sagte Anstaltsleiterin Rybarczyk.
Aspekt des Hochwasserschutzes fließt in Planungen mit ein
Und nun also ein Neubau in diesem Bereich? Jan Pfetzing, Pressesprecher des Justizministeriums, sagt dazu: „Der Aspekt des Hochwasserschutzes fließt in die weiteren Planungen ein. Die Erfahrungen aus dem Hochwasser im Jahr 2021 werden dabei besonders berücksichtigt. Konkrete Maßnahmen können jedoch erst nach Abschluss der laufenden Planungen benannt werden.“
Aktuell sind etwa 330 Häftlinge im Erlenhof untergebracht. Nach Fertigstellung des Erweiterungsbaus werden es fast dreimal so viele sein. Bei allen wichtigen Schritten werden sich das Ministerium und der Bau- und Liegenschaftsbetrieb (BLB NRW) „eng mit den beteiligten Stellen abstimmen“, heißt es in der Mitteilung. Insbesondere die politischen Gremien und die Verwaltungen der Stadt und des Kreises Euskirchen werden demnach fortlaufend über die Planungen informiert. Erste Gespräche hierzu seien aufgenommen worden.
Kreis Euskirchen nimmt Pläne „zur Kenntnis“
Sehr viel kann da kaum besprochen worden sein. Denn aus der Kreisverwaltung heißt es, dass man noch auf der Suche nach einem Abstimmungstermin sei. „Der Kreis Euskirchen hat die Pressemitteilung zum Ausbau des Justizvollzugsstandorts Euskirchen mit Interesse zur Kenntnis genommen“, heißt es aus dem Kreishaus. Und: „Der Kreis Euskirchen ist als Untere Wasserbehörde in die weiteren Planungs- und Genehmigungsverfahren eingebunden.“
Die Erweiterung der JVA sei kein neues Thema, heißt es aus dem Euskirchener Rathaus. Zwar sei man noch in einer frühen Planungsphase, aber das Ergebnis der Machbarkeitsstudie spreche für eine Konkretisierung des Projekts in Euskirchen. Insbesondere sei das Land bereits Eigentümerin der Erweiterungsfläche, zudem bestehe Baurecht. Im weiteren Verlauf sei auf einige baurechtliche Aspekte und hier speziell den Hochwasserschutz der von der Flut im Jahre 2021 betroffenen Anlage zu achten, heißt es von der Verwaltung.
Im Rahmen des Genehmigungsverfahrens ist die Stadt zu dem Bauvorhaben anzuhören. Baurechtliche Einflussmöglichkeiten bestünden nicht, da es sich um ein Bauvorhaben des Landes nach übergeordnetem Recht handelt.
Ein neuer Name für Hochschule in Bad Münstereifel
Die Fachhochschule für Rechtspflege in Bad Münstereifel trägt seit dem 3. Oktober den Namen Hochschule der Justiz. Damit soll laut einer Mitteilung des NRW-Justizministeriums verdeutlicht werden, dass die Einrichtung in Bad Münstereifel mit der Nebenstelle in Essen nicht nur ein Studienort für Rechtspfleger, sondern zentraler Bildungsstandort der Landes-Justiz ist.
So bereitet die Hochschule auch auf Laufbahnen im Strafvollzug und Amtsanwaltsdienst vor. „Der bisherige Name unserer traditionsreichen Hochschule suggerierte die Fokussierung auf ein Fach“, sagte FH-Direktor Dr. Alexander Meyer. (ets)