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Angriff am BerufskollegLeverkusener Messerstecher muss in Haft – ohne Bewährung

3 min
LEV OP

Im Prozess um den Messerangriff am Berufskolleg Opladen ist das Urteil gesprochen.

Leverkusen – Der Verteidiger hatte noch versucht, ein „mildes Urteil“ zu erwirken. Die fehlende Sicherheit des Elternhauses, die emotionale Situation des Angeklagten und den neuen Job, den er am 1. Juni angetreten hatte, brachte er am Freitag bei seinem Plädoyer vor dem Kölner Landgericht auf den Tisch.

Die Kammer sah das am letzten Prozesstag um den Angriff am Opladener Berufskolleg anders: Drei Jahre und drei Monate muss der 22-Jährige wegen gefährlicher Körperverletzung ins Gefängnis. Ohne Bewährung. Damit blieb das Urteil nur wenig unter den dreieinhalb Jahren, die die Staatsanwaltschaft gefordert hatte.

Der Angeklagte hatte im Oktober des vergangenen Jahres einen Mitschüler seiner Freundin mit zwei Messerstichen schwer verletzt. Er sei davon ausgegangen, dass der Mitschüler seine Freundin gemobbt und beleidigt habe und wollte ihn zur Rede stellen. Hier setzte die Vorsitzende Richterin bei der Urteilsbegründung an: Es möge durchaus sein, dass er seine Freundin habe schützen wollen, dass es eine „Ehrenrettung“ gewesen sein soll, aber „es ging um eine Art Abschreckung“, um die „Erteilung einer Abreibung“.

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„Es kam Ihnen darauf an, den Geschädigten erheblich zu verletzen“, erklärte sie am Freitag in Richtung des 22-Jährigen. Die Kammer konnte dem Mann, der zwischenzeitlich acht Monate in Untersuchungshaft gesessen hatte, allerdings keine Tötungsabsicht nachweisen, daher war die Anklage wegen versuchter Tötung bereits im Vorfeld fallen gelassen worden. Als belastender Faktor kam hinzu, dass der Mann vorbestraft ist und dass der Besitz eines Springmessers, wie er es beim Angriff benutzt hatte, unter das Waffengesetz fällt.

Details bleiben unklar

Wer an jenem 6. Oktober 2021 auf dem Parkplatz des Berufskollegs Opladen nun angefangen hat: Ob der Angeklagte zuerst zugestochen oder das Opfer zuerst mit der Faust geschlagen hat, konnte das Gericht nicht abschließend feststellen, im Zweifelsfall sei man daher der Version des Angeklagten gefolgt, wonach er mit dem Messerangriff auf einen Faustschlag des 19-jährigen Opfers reagiert haben soll. Es seien allerdings „kraftvoll ausgeführte Stiche“ gewesen, nicht konkret, aber „potenziell“ lebensgefährlich. Hätte er einen halben Zentimeter daneben getroffen, würde man hier nicht mehr nur über drei Jahre sprechen, versuchte die Richterin dem Angeklagten klarzumachen, dass das Verfahren für ihn „glimpflich“ ausgegangen sei.

Das sah der Angeklagte offenkundig anders: Er schien sichtlich schockiert nach der Verkündung. Seine Verlobte, die mit ihrer Mutter und offenbar mit Bekannten im Saal anwesend war, brach in Tränen aus. Rufe aus dem Zuschauerraum störten die Erklärung, die Richterin musste die Anwesenden mehrmals ermahnen.

Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, es ist auch noch nicht entschieden, ob der 22-Jährige die Strafe im offenen Vollzug absitzen kann. So könne er tagsüber seinem neuen Job nachgehen, hieß es. Den habe man sich auch genau angeschaut, erklärte die Richterin: Er sei bei einem Mann angestellt, mit dem er im Vorfeld gemeinsam in einen Wohnungseinbruchdiebstahl verwickelt gewesen sein soll.