Explodierende Preise im SupermarktLeverkusener zeigen uns ihren Kassenzettel

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Aldi_Einkaufzettel Renate Zelda(c)Kulschewski

19,81 Euro für sieben Produkte. Einen schnellen Einkauf zwischendurch müssen sich manche momentan zweimal überlegen.

Leverkusen – Fleisch, Milchprodukte, Kaffee, alles Frische – die Preise für Lebensmittel sind enorm gestiegen und steigen weiter. Leverkusenerinnen und Leverkusener sind deswegen sauer, genervt und irritiert, doch die meisten lassen sich nur wenig von den hohen Preisen einschränken. Das zeigt der Blick auf den Kassenzettel, der dem „Leverkusener Anzeiger“ vor fünf Leverkusener Supermärkten gewährt wurde.

Familie Michel packt gerade zwei Wocheneinkäufe für jeweils zwei Leute in den Kofferraum. 126,14 Euro haben sie zusammen bei Aldi in Wiesdorf bezahlt. Das Rentnerpaar geht mit ihrer Tochter einkaufen, denn sie könnte sich einen solchen Einkauf im Moment nicht leisten.

Aldi_Fam Michel(c)Kulschewski

Familie Michel geht mittlerweile gemeinsam einkaufen, weil die Tochter sich sonst einen Großeinkauf nur schwer leisten kann.

Sie ist arbeitsunfähig, habe deshalb nicht so viel Geld zur Verfügung. „Zum Glück“ schränken die hohen Preise ihre Eltern nicht so sehr ein. Sie würden zwar darauf achten, bewusster einzukaufen, ansonsten kaufen sie aber, was sie wollen und brauchen.

Einige Leverkusener verdienen genug, um wie vorher einzukaufen

Einfach mehr zu bezahlen, scheint die Devise. Einige berichten, dass das zwar weh tue, aber nicht weiter einschränke. So beispielsweise Familie C. Die Eltern mit zwei Kindern haben gerade 140 Euro für einen Großeinkauf bei Lidl in Manfort ausgegeben. Der selbständige Vater verdiene genug, dass sie sich noch keine Sorgen machen müssen, erzählt die Familie.

Aldi_Einkauf Sabine W.(c)Kulschewski

Milchprodukte und frisches Gemüse gehören zu den vielen Produkten, die deutlich teurer geworden sind.

Paula L. (39, Name geändert) geht es ähnlich. Sie hat „mal eben“ 70 Euro bei Edeka in Opladen ausgegeben. Auf Preise achte sie gar nicht. Sie sei sehr dankbar, dass sie das nicht müsse. Nicole (49) und Manfred Brück (57) berichten: „Wenn beide arbeiten, muss man nicht so auf die Preise achten.“ Sie haben gerade 130 Euro für einen Halbmonatseinkauf bei Kaufland in Manfort ausgegeben.

Kaufland_Carsten Sitte(c)Kulschewski 1

Carsten Sitte bezahlt für drei bis vier Tage für vier Erwachsene 138 Euro.

Auch Carsten Sitte (54) verdiene als Chemikant genug, um zu kaufen, was seine vierköpfige Familie braucht. Er hat bei Kaufland 138 Euro für drei bis vier Tage ausgegeben: „Noch kann ich es mir leisten, andere aber nicht.“

Alles wird teurer, aber mehr Geld steht nicht zur Verfügung

So zum Beispiel Martin Wollschlaeger. Der 19-Jährige wohnt im Jugendheim und ist arbeitssuchend. Da er nur 180 Euro im Monat zur Verfügung hat und sich selbst versorge, müsse er eh schon gucken, wie er zurechtkomme. Bisher habe er immer versucht, etwas von seinem Geld zu sparen. Das gehe nun nicht mehr. „Es summiert sich alles, aber ich kriege ja nicht mehr Geld“, sagt er.

Rewe_Martin Wollschlaeger(c)Kulschewski

Martin Wollschlaeger wohnt im Jugendheim. Während alles immer teurer wird, stehen ihm weiterhin nur 180 Euro im Monat zur Verfügung.

Dabei sei er noch in einer der besten Lagen. Er könne sich schonmal einen Energydrink wie jetzt gerade leisten. Für seinen „Lückenfüller“-Einkauf hat er acht Euro bei Rewe in Opladen ausgegeben. Aber er berichtet von anderen aus dem Jugendheim, die es härter treffe, weil sie nichts angespart hätten.

Rewe_Iseini Faizi(c)Kulschewski

Iseini Faizi findet, dass momentan jeder Artikel viel zu teuer ist.

Doch auch andere Leverkusener müssen angespannt einkaufen gehen. „Es ist eine Katastrophe“, sagt Iseini Faizi (49). Bei Einkäufen für seine sechsköpfige Familie überlege er sich momentan bei jedem Produkt, ob es wirklich gekauft werden muss. Er hat gerade neun Euro für drei Produkte bei Rewe ausgegeben. Bohnen, die früher 1,60 Euro gekostet haben sollen, muss er jetzt für 2,19 Euro kaufen. Jeder Artikel sei einfach viel zu teuer, meint er wütend.

Viele Einkäufer achten vermehrt auf Angebote

Auch Klaus Engelen (48) treffe die Inflation hart. Er ist seit Jahren arbeitsunfähig, kriegt nur eine kleine Rente. Seine Frau muss für beide zusammen verdienen. Er kaufe nur noch Angebote, außer es geht nicht anders. „Dann muss ich in den sauren Apfel beißen“, meint er. Aufgrund der teuren Spritpreise sei es nämlich auch nicht günstiger, von Laden zu Laden zu fahren, um Angeboten nachzujagen.

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Viele – auch die, bei denen das Geld nicht allzu knapp ist – achten vermehrt auf Angebote. So zum Beispiel Ursula Ramroth. Die 59-Jährige hat gerade 87,06 Euro für einen etwas umfangreicheren Wocheneinkauf bei Aldi ausgegeben. Sie schaue bewusster in Prospekte, um Angebote zu finden.

Was Ramroth analog macht, macht Nann Meinhard (61) am Handy. Vor dem Einkauf vergleiche sie alle Apps der Supermärkte und fahre dann dahin, wo es am günstigsten ist. So hat sie für einen Geburtstags-Einkauf Kaufland gewählt und 94,91 Euro bezahlt.

Joghurt selbst machen, statt ihn teuer zu kaufen

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Ulrich Bock kann dank guter Rente auch spontan einen Wocheneinkauf für gute 100 Euro machen.

Es gibt auch andere Strategien, die Preiserhöhungen etwas zu umgehen. Ulrich Bock (71) und Ruth Oltersdorf (80) haben gerade bei Kaufland spontan einen Wocheneinkauf für 101,10 Euro gemacht. Sie würden versuchen, nicht mehr allzu wahllos einzukaufen. „Man schmeißt ja doch viel weg, das wollen wir vermeiden“, so Oltersdorf.

Sabine W. (61, Name geändert) achte schon lange darauf, regionale und saisonale Produkte zu kaufen. „Die Sachen sind noch immer günstiger als eingeflogene“, sagt sie. Sie hat 21,20 Euro für einen kleinen Einkauf bei Aldi bezahlt. Sie würde zudem keine Fertigprodukte kaufen. Die seien gerade jetzt viel teurer als Produkte zum Kochen.

Lidl_Ayten Dalgic(c)Kulschewski

Ayten Dalgic geht auch mal zum Zeitvetreib einkaufen. Die Infaltion merkt sie am Joghurt und macht ihn deshalb selbst.

Ayten Dalgic (55) hat zum Zeitvertreib gerade bei Lidl eingekauft und 1,50 Euro für Brot und Zitrone bezahlt. Joghurt gab es nicht und der sei auch momentan sehr teuer. Sie macht ihn deshalb nach türkischen Rezept einfach selbst. Zudem gehe sie in Opladen auf den Markt. „Gerade die türkischen Stände sind viel günstiger als der Supermarkt“, berichtet sie.

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