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Fossilienfunde im Tagebau HambachDelfine und Krokodile lebten im Rheinischen Revier

Lesezeit 3 Minuten

Tagebauchef Thomas Körber (r.) unterstützt Hobby-Paläontologe Ulrich Lieven.

Elsdorf/Revier – In unseren Breitengraden ist es ausgeschlossen, dass der Delfin in der Nahrungskette vor dem Krokodil landet. In grauer Vorzeit muss das anders gewesen sein. Fossilienfunde aus dem Tagebau Hambach weisen nach, dass Delfine in der Nordsee schwammen, deren Küste vor 16 Millionen Jahren im heutigen Revier lag.

Sie lassen auch den Schluss zu, dass Krokodile im benachbarten Urwald und seinen Wasserläufen dösten. Dort war es im Durchschnitt drei Grad wärmer als heute. Ein Delfinknochen in der Fossiliensammlung weist den Abdruck eines Krokodilsgebisses auf.

Ulrich Lieven, Hobby-Paläontologe und Mitarbeiter des Tagebau-Betreibers RWE, sucht nicht nur das Abraumfeld nach Fundstücken ab, er pflegt auch eine kleine, nicht öffentlich zugängliche Ausstellung im Verwaltungstrakt auf der Hambacher Seite. Seit den 80er-Jahren wandert das Team von Lieven regelmäßig hinter den großen Baggern her. So kann Schicht für Schicht auf den Sohlen untersucht werden.

Tagebau Hambach: Spannend wurde es in 400 Metern Tiefe

Spannend wurde es jedoch erst in mehr als 400 Metern Tiefe in der Nähe der Kohle. Das Sediment dort hat sich vor etwa 16 Millionen Jahren abgelagert. Knochen und Zähne weisen 70 Säugetiere nach. Darunter ein Elefant mit vier Stoßzähnen und ein Nashorn ohne Horn. Viel zu erzählen haben auch ein Krokodilsgebiss, Wirbelkörper von Wal und Delfin und säbelscharfe Haifischzähne.

Knochen belegen, dass vor 16 Millionen Jahren die Nordseeküste und Urwald im Rheinischen Revier lagen.

Als absolute Seltenheit gilt in der Wissenschaft der Pliopithekus, eine Frühform des Gibbons, von dem ein Stück Unterkiefer und mehrere Zähne gesichert und wissenschaftlich ausgewertet wurden, bevor sie in der RWE-Vitrine landeten.

Fragmente wurden zusammengesetzt

Nachgewiesen wurden anhand zusammengesetzter Fragmente unter anderem Beutelratten, Fledermäuse, Fleischfresser, Hasenartige, Nagetiere, Paarhufer und Rüsseltiere. Sie lebten voneinander oder von der Flora. So hat es Lieven nicht erstaunt, dass auch Pflanzen und Blätter gefunden wurden.

Die Sumpfzypresse deutet darauf hin, dass Wasser in der Nähe war. Es gibt Eichen- und Buchenblätter, Kiefernzapfen und als „absolute Seltenheit“ (Lieven) Ginkgo-Blätter und Blätter mit bläulicher Imprägnierung. Die rührt vom Vivianit her, einem Phosphormineral. So gefärbte Blätter waren bislang lediglich an zwei weiteren Fundstellen in Europa anzutreffen.

Funde im Tagebau: Sensation für die Fachwelt

Eine weitere Sensation für die Fachwelt ist die Versteinerung des Wurzelwerks einer Wasserpflanze, die der heutigen Strandsimse, einer subtropische Sumpfpflanze, ähnelt. Sie wurde 2015 im Tagebau entdeckt und bekam den Namen „Rhizocaulon hambachense“. Auch diese Versteinerung lässt den eindeutigen Schluss zu, dass es im Revier warm und feucht war, Hambach oder Elsdorf am See also gar keine Neuheit ist, die der Tagebau uns bescheren wird. Dass sich Delfine und Krokodile wieder ansiedeln, dürfte jedoch als eher unwahrscheinlich gelten.

Lieven geht zum Jahresende nach mehr als 40 Tagebaujahren in den Ruhestand, will sein Hobby aber – mit Unterstützung von Tagebauchef Thomas Körber und seinem Team – keineswegs aufgeben und weiter auf die Suche nach Fossilien gehen.

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Zu besichtigen sind seine Fundstücke in der Regel im Rheinischen Museum in der Jülicher Zitadelle, beim LVR in Bonn und einige aktuelle Stücke am Tag der offenen Tür in der LVR-Außenstelle Titz-Höllen. Was mit der Sammlung wird, wenn der Tagebau selbst nach 2030 Geschichte sein wird, ist noch nicht entschieden.