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„Champions werden nicht entdeckt, wenn sie uns nicht kennen“So lief der Unternehmenstag an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg

3 min
Gut besucht war der Unternehmenstag der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg am Mittwoch und Donnerstag.

Gut besucht war der Unternehmenstag der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg am Mittwoch und Donnerstag.

Großen Zulauf hatte der Unternehmenstag an der Hochschule, bei dem die Unternehmen potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam machen.

Der Fachkräftemangel bedroht Industrieunternehmen im Rhein-Sieg-Kreis noch mehr als Inflation und Konjunkturschwäche. Also gehen sie dorthin, wo Fachkräfte sind: an die Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. Schon seit 24 Jahren veranstaltet diese einen „Unternehmenstag“, bei dem Studierende mit Firmen in Kontakt kommen.

Am Mittwoch und Donnerstag sind jeweils mehr als 60 Unternehmen vor Ort, um auf ihr Angebot aufmerksam zu machen – denn mittlerweile werben Firmen um Bewerberinnen und Bewerber. Im Angebot haben sie 600 offene Stellenangebote. Wer noch ein Bewerbungsfoto braucht, kann auch das auf der Messe machen lassen.

Firma CSE Seekamp aus Hennef sucht Elektrotechniker

Eine unscheinbare Coladose ist Anschauungsobjekt am Stand der Firma CSE Seekamp aus Hennef. „Wir stellen die Maschinen her, die die Deckel dafür produzieren“, sagt Betriebsleiter Martin Axler. Allgemeiner formuliert ist es die Elektroausrüstung für diese Geräte, die in Walzwerken zum Einsatz kommen. „Wir verlegen Kabel, von ganz klein bis armdick. Schaltkästen sind unser Fachgebiet.“

Martin Axler und Sonja Seekamp von der Firma CSE Seekamp aus Hennef, die Schaltkästen für Maschinen herstellt.

Martin Axler und Sonja Seekamp von der Firma CSE Seekamp aus Hennef, die Schaltkästen für Maschinen herstellt.

Entsprechend suche das Unternehmen Studierende der Elektrotechnik – was jedoch schwierig sei. „Das Studium ist anspruchsvoll, die Arbeit dann auch. Wir fahren raus zu Kunden, werden auch mal dreckig. Viele Leute wollen lieber eine einfachere Arbeit haben“, sagt Axler. Immer weniger junge Menschen studierten Maschinenbau. „Die machen lieber Informatik, da verdienen sie mehr, aber haben weniger Verantwortung.“ Doch ohne soziale Medien und persönliche Präsenz sei es noch schwieriger, Personal zu finden. „Vor zehn Jahren waren wir noch nicht auf Berufsmessen unterwegs.“

Veranstalter ziehen positives Feedback aus Jobmesse

So komme man in Kontakt mit denjenigen, die Interesse an einem Praxissemester oder der Bachelor- oder Masterarbeit bei CSE Seekamp hätten. „Stipendien gibt es auch. Wer auf uns zukommt und was lernen will, ist gerne gesehen. Versteckte Champions werden nicht entdeckt, wenn sie uns nicht kennen“, sagt Axler. Der Zulauf bei der Berufsmesse in der Hochschule sei groß. „Wir können uns nicht beklagen.“

Ein positives Zwischenfazit ziehen auch Michael Mauerhoff vom Veranstalter Red Braid und Simon Roth von der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg. „Die Jobmesse ist geeignet, weil Studierende mit ihrer Persönlichkeit überzeugen könnten“, sagt Mauerhoff. Auch Personalabteilungen setzten inzwischen künstliche Intelligenz ein, die Bewerbungsmappen analysiere und aussortiere.

Michael Mauerhoff (links) und Simon Roth (rechts) im Kreis des Organisationsteams des Unternehmenstags.

Michael Mauerhoff (links) und Simon Roth (rechts) im Kreis des Organisationsteams des Unternehmenstags.

„Das ist ein technologischer Trend, den man nicht ignorieren kann. Am Ende des Tages arbeiten aber Menschen mit Menschen. Die Messe ist ein niederschwelliges Angebot, bei Studierende überzeugen können, deren Bewerbungen die KI vielleicht aussortiert hätte.“

Unternehmen brachten Absolventen mit, die aus der Praxis berichteten

Viele Unternehmen hätten dazu ihre Absolventinnen und Absolventen mitgebracht, die einst selbst an der Hochschule studiert hätten. „Sie können aus der Praxis berichten, weil sich viele nicht vorstellen können, was beispielsweise ein technischer Ingenieur machen. Das geht nicht alles online“, sagt Simon Roth. „Viele haben denselben Werdegang: ein Praxissemester, dann die Bachelor-Arbeit dort geschrieben, im Master vielleicht nochmal als Werksstudent gearbeitet und dann für immer dort geblieben.“

Die Fachhochschule produziere keine Berufseinsteiger wie eine Universität, wo die Absolventinnen und Absolventen zwar gut ausgebildet seien, aber kaum Praxiserfahrung hätten. „Bei uns arbeiten die Studierenden schon während des Studiums und sammeln so wertvolle Erfahrung.“

Sara Mallon und ihr Kommilitone David studieren beide Informatik. „Es ist schön, zu sehen, dass es viele Industrieunternehmen gibt, von denen ich noch nichts wusste. Aber nicht alle haben Bedarf an Informatikern“, sagt der 30-Jährige. Mallon hat schon viele Berufsmessen besucht: „Meist sind dort große Unternehmen, die 100 Leute anfragen, aber gezielt wenige suchen. Das ist hier zum Glück nicht so.“ Sie suche jedoch nach einem Unternehmen, das nachhaltig produziere. „Da war leider noch nichts dabei.“