Johannes Jülich zeigt „Superman“, eine Übung für fortgeschrittene Pole Dancer.
Copyright: Inge Swolek
Köln – Madonna macht's, Teri Hatcher und Angelina Jolie machen es auch: Pole Dance. Bei dem Fitnessprogramm dreht sich alles um eine bis zu vier Meter hohe vertikale Stange, an der atemberaubende Figuren vollführt werden. Bis in die 90er Jahre hinein galt der Tanz an der Stange als anrüchig, man verband vor allem Striptease in schummrigen Clubs damit.
Heute ist Pole Dance eine Trend-Sportart, die vorwiegend von Frauen ausgeübt wird. Und ab und an von Männern – wie etwa von Johannes Jülich aus Köln. „Ich habe vieles ausprobiert: Fechten, Baseball, Fußball, Basketball, Judo, Tennis, nichts war wirklich passend. Nach dem Training fühlte ich mich nie richtig zufrieden und ausgelastet. Durch Zufall habe ich dann vor sechs Jahren beim Uni-Sport einen Kurs in Pole Dance entdeckt, ausprobiert und war sofort begeistert“, sagt der 27-jährige Masterstudent.
Johannes Jülich trainiert Luftakrobatik am Aachener Weiher.
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90 Minuten anstrengendes Einzeltraining
Seitdem spult Johannes Jülich zweimal die Woche mit seiner Trainerin Anna Köhler ein anspruchsvolles Programm ab. Das anstrengende Einzeltraining dauert 90 Minuten, dabei werden gleichzeitig Arme, Schultern, Rücken, Bauch und Po gefordert, der ganze Körper wird trainiert. Die Stange ersetzt quasi ein Fitnessstudio. „Pole Fitness ist sehr effektiv, und viele machen es nicht, um akrobatisch etwas leisten zu wollen, sondern um ihre Muskulatur zu stärken. Das Training sorgt für einen definierten Körper und man findet seine innere Mitte“, sagt Trainerin Anna Köhler. Die promovierte Biochemikerin hat erst vor rund fünf Jahren diesen Sport für sich entdeckt, mehrere Trainerscheine gemacht und schließlich ein Pole Dance-Studio an der Luxemburger Straße eröffnet.
Johannes Jülich, 1,83 Meter groß und 72 Kilo leicht, wirkt auf den ersten Blick wie das Gegenteil eines Muskelpakets. „Ich möchte keine Muskeln, die einfach nur dick sind und bei jedem Klimmzug zum Problem werden. Mein Ziel ist es, meinen ganzen Körper zu trainieren, elastisch zu bleiben und schon jetzt präventiv an der Beweglichkeit im Alter zu arbeiten.“
Das Training an der Stange erfordert Konzentration und Koordination, aber auch Kraft und Ausdauer. Pole Dance-Figuren gibt es für verschiedene Level und Schwierigkeitsgrade. „Ich schaue mir häufig Videos bei YouTube oder Instagram an, wie es die Profis machen und übe dann so lange bis die Figur optimal steht. Mal ist das Bein oder der Arm auf der falschen Seite, mal stimmt der Winkel nicht, dann beginne ich wieder von vorne. Bei den Figuren kommt es auf Präzision, Ästhetik und fließende Linien an“, so der 27-Jährige.
Johannes Jülich im Verikaltuch.
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Akrobatik in der frischen Luft in Köln
Neben Pole Dance, das man wegen der Verankerung für die Stange ausschließlich drinnen trainiert, hat Johannes Jülich während der Pandemie die Luftakrobatik für sich entdeckt – das Training mit dem Vertikaltuch lässt sich perfekt auch draußen betreiben, denn das spezielle, reißfeste Tuch (ab 80 Euro aufwärts) wird einfach in einen Baum gehängt und das Training kann beginnen. Schwingend, drehend, sich ein- und auswickelnd. „Die Aussicht von oben ist atemberaubend und das Gefühl, durch die Luft zu fliegen, ist unbeschreiblich. Dabei habe ich weniger Angst, dass das Tuch reißt, als dass der Ast abbricht“, sagt Jülich, der an der Kölner Universität Genderwissenschaften studiert hat.
Kölner zeigt Haut an der Stange
Ernsthafte Verletzungen habe er noch nie erlitten, außer den gängigen Blessuren wie blaue Flecken, Verbrennungen und Schnittwunden durch das Tuch. „Da der Stoff sehr eng um den Körper, die Beine und Arme gewickelt wird, schneidet er tief ins Fleisch. Aus Fehlern lernt man, deshalb habe ich stets einen Ganzkörperanzug an. Beim Pole Dance hingegen sollte man möglichst wenig anhaben, denn Haut ist das Einzige was auf der Stange wirklich Halt gibt. “
Pole Dance und Pole Fitness
Die Wurzeln des Stangentanzes liegen in der traditionellen asiatischen Akrobatik, die vorwiegend Männer ausübten. In Asien nutzt man Pfähle und Stangen schon seit dem 12. Jahrhundert um den Körper zu trainieren. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts tauchte Pole Dance in Wanderzirkussen in den USA und Australien auf. Ab den 50er Jahren vermehrten sich die Bars, die Pole Dance in ihr Programm aufnahmen, in so genannten „Girlie Shows“ räkelten sich Frauen an Stangen und entblößten sich peu à peu. In den 80er Jahren wurde Pole Dance als Fitnesssport populär, die ersten Studios öffneten. 2012 wurde die erste Pole-Weltmeisterschaft ausgetragen, 2015 gründete sich die Organisation des Deutschen Pole Sports e.V. (ODPS). In Deutschland gibt es rund 150 Pole-Dance Studios.
Zuschauer und Applaus braucht Jülich nicht. Und er hat auch keine Ambitionen, auf Privatpartys oder Hochzeiten aufzutreten oder gar an den Deutschen Meisterschaften teilzunehmen. „Ich bin mit den anderen Sportarten nicht klargekommen, weil es da meistens ums Gewinnen geht. Ich will aber nichts gewinnen, das Einzige was mich antreibt ist, an mir zu arbeiten. Ich konzentriere mich auf mich, schaue auf meinen Körper, will den Spagat perfekt beherrschen oder die Brücke und habe keinerlei Interesse am Wettkampf. Wenn ich eine besonders schwierige Figur geschafft habe, dann poste ich das Video und freue mich über anerkennende Kommentare.“
Im Bekannten- und Freundeskreis erfährt Jülich, wie er sagt, mit seinem Hobby beides: Ver- und Bewunderung. Auch seine Eltern seien hin- und hergerissen, „mein Vater stellte bei unserer letzten Umarmung beinahe neidisch fest, dass ich eine irre Rückenmuskulatur hätte. Meine Mutter ist da etwas gespalten. Sie bewundert meine Beweglichkeit, zuckt aber auch immer zusammen, aus Angst ich könnte mir das Genick brechen.“ Johannes Jülich weiß, dass Pole Dance nicht selten mit dem Rotlichtmilieu in Verbindung gebracht und zu 95 Prozent von Frauen ausgeübt wird. Aber er steht zu seinem Hobby. „Es geht mir darum, dass ich mir selbst gefalle und ich mich wohlfühle.“
Johannes Jülich mach eine Backbend-Figur mit seiner Trainerin Anna Köhler.
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Pole Dance in der Region
1. Cologne Pole Fitness (Altstadt Süd)
Das erste Pole Dance Studio Deutschlands wurde 2007 in Köln eröffnet und bietet an fünf Abenden in der Woche meist auf Englisch gehaltene, aufeinander aufbauende Kurse. Samstags ist es für private Gruppen geöffnet. Auch Privatunterricht, Workshops, Fitness- und Stretching-Kurse stehen auf dem Programm
Kleine Witschgasse 8, 50676 Köln, Anmeldung telefonisch werktags zwischen 12 und 16.30 Uhr unter 01520 2147403 oder per E-Mail
Normalerweise bietet das CK Team in den Studios in Ehrenfeld und Lindenthal montags bis freitags und sonntags Pole Dance- und Pole Fitness-Kurse an, aufgrund eines Wasserschadens ist das Studio in der Dürener Straße derzeit aber geschlossen. Pole Dance-Kurse sind ab 14 Jahren möglich. Außerdem gibt es bei „We Love Poledance“ einen Wettbewerb, die Polegames Köln, und wöchentliche Youtube-Videos.
Studio 5, Venloer Str. 551-555, 50825 Köln, 0221 16841838, Studio 6, Dürener Straße 153, 50931 Köln, 0221 16841838
Pole Paradise bietet in zwei Kursräumen Pole Dance an. Durch Kraft- und Stretching-Übungen und aufeinander aufbauende Kurse werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf die Fortgeschrittenen-Kurse vorbereitet. Es gibt zudem verschiedene Gymnastikkurse an der Stange, Aerial Hoop und Aerial Flow, auch spezielle Angebote für Kinder, Workshops und Einsteiger-Angebote.
Ravensburger Str. 110, 50739 Köln, 0163 6815305Pole-paradise.com
4. Sweat n Dance
In den vier „Sweat n Dance“- Studios in Köln werden Kurse und Workshops in Pole Fitness, Pole Spinning, Pole Power, Areal Silk, Areal Hoop & Stretching angeboten. Der Schwerpunkt liegt auf den Gruppenkursen, darüber hinaus gibt es aber auch Privatstunden und oder Gruppenveranstaltungen wie Junggesellen/innen-abschiede.
Hans-Sachs-Straße 18, 50931 Köln
In dem auf Tanz- und Akrobatikkurse spezialisierten Studio in Holweide kann man montags bis donnerstags und sonntags Aerial Yoga, Pole Dance, Pole Dance-Fitness und -Akrobatik, Sensual Pole und Hoop erlernen.
Holweide, Steyler Str. 11, 51067 Köln
Polestructions ist ein auf Pole Dance und Pole Fitness spezialisiertes Studio in Bonn-Beuel und bietet daneben auch Kurse für Luftaktakrobatik am Tuch oder Ring, Stretching und Yoga, Stuhl-Tanz und Burlesque an. Der Floorwork-Kurs dient dazu, Bodenkombinationen und dazugehörige Dehnungen zu erlernen. Darüber hinaus gibt es auch Workshops und Gruppen-Workouts zum Beispiel für Junggesellinnenabschiede oder Geburtstage.
Auguststraße 8-10, 53229 Bonn-Beuel, 0178/6058030
Im Studio für Vertikaltanz und Artistik ist Tanzen und Fliegen in Pole Dance-, Aerial Hoop -oder Aerial-Silk-Kursen möglich. Die Kurse des Studios sind vom Zirkus inspiriert, folgen dem Motto „Warum nur tanzen, wenn du fliegen kannst? und richten sich an Anfängerinnen und Fortgeschrittene, egal welchen Alters. Auch Gruppenveranstaltungen, speziell Junggesellinnenabschiede sind möglich.
Sirius Business Park Köln-Porz, Wilhelm-Ruppert-Straße 38, 51147 Köln
8. Annaconda (Neustadt Süd)
Das familiäre Studio in der Luxemburger Straße bietet Trainings in einer kleinen Gruppe von maximal vier Personen für drei Monate. Daneben gibt es die Möglichkeit des Personal-Trainings an einem Ort der Wahl oder im Studio.
Pole & Fitness, Luxemburger Str. 55, 50674 Kölnwww.annaconda-polefitness.de
