„Gerade Jüngere reagieren stark“Welche Corona-Patienten in Köln schwer erkrankt sind

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Die Uniklinik Köln.

  • Das Coronavirus löst nicht nur bei älteren Menschen schwere Krankheitsverläufe aus. Die Uniklinik Köln und das Krankenhaus Merheim berichten, welche Patienten sie auf der Intensivstation behandeln mussten und müssen.
  • „Wir haben fast keine ganz alten Patienten, der jüngste war 27“, sagt Christian Karagiannidis, Oberarzt und Leiter der Lungen-Intensivstation im Krankenhaus Merheim. Er unterstreicht, dass „gerade Jüngere zum Teil sehr stark reagieren“.

Köln – Das Coronavirus ist unsichtbar, lautlos und nicht wählerisch. Vor einer Infektion ist niemand gefeit. Einen gewissen Schutz bieten die mittlerweile hinlänglich bekannten Dinge wie Händewaschen und Abstandhalten. Lebensalter gehört nicht dazu.

Die Lungenerkrankung Covid-19 trifft ältere und jüngere Menschen ab etwa 40 Jahren. Die ersten Analysen beispielsweise aus Italien und den USA  zeigen, dass auch jüngere Leute von schweren Verläufen der Erkrankung betroffen sind und im Krankenhaus auf der Intensivstation behandelt werden müssen. Das bestätigen auf Anfrage auch Kölner Intensivmediziner wie Matthias Kochanek, Leiter der internistischen Intensivmedizin an der Uniklinik Köln, und Professor Christian Karagiannidis, Oberarzt und Leiter der Lungen-Intensivstation im Krankenhaus Merheim.

„Keine Krankheit nur der Alten“

„Es ist keine Krankheit nur der Alten. Es trifft auch jüngere Menschen“, sagt Karagiannidis, „wir haben eine Auswahl von relativ jungen Patienten, zwischen 40 und 65 Jahren, behandelt, aber fast keine ganz alten Patienten. Darunter waren viele Männer, mindestens zwei Drittel. Der Jüngste war 27 Jahre alt.“

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In den zurückliegenden sechs bis sieben Wochen wurden in der Lungenklinik Merheim mehr als 30 Covid-19 Patienten intensivmedizinisch betreut. Christian Karagiannidis unterstreicht, dass „gerade Jüngere zum Teil sehr stark reagieren“.

Uniklinik Köln: „Intensivpatienten im Schnitt 61 Jahre alt“

Auf der Intensivstation der Uniklinik Köln zeigt sich ein ähnliches Bild. „Unsere Intensivpatienten sind im Schnitt 61 Jahre alt. Das Altersspektrum reicht von 48 bis 80 Jahren. Das deckt sich mit den bisher vorliegenden Daten internationaler Studien in China, Amerika, Italien oder Frankreich. Sie zeigen, dass für Menschen unter 45 Jahren das Risiko, an einer schweren Infektion zu erkranken, geringer ist“, sagt Dr. Matthias Kochanek.

In der Uniklinik Köln wurden über 60 Covid-19-Patienten behandelt, zu Spitzenzeiten bis zu zwölf Erkrankte gleichzeitig auf den Intensivstationen. „Das war gut händelbar. Wir sind bisher nie an den Rand unserer Kapazitäten gekommen.“

„Fast die zäheste Erkrankung, die ich bis jetzt gesehen habe“

Wann liegt ein besonders schwerer Verlauf vor, der die Behandlung auf der Intensivstation notwendig macht? „Wenn besonders wenig Sauerstoff in den Körper kommt. Oder wenn der Kreislauf extrem reagiert und die Patienten kreislaufunterstützende Medikamente brauchen. Oder wenn die Entzündungswerte sehr hoch sind“, erläutert Professor Karagiannidis. „Die meisten Erkrankten haben zunächst hohes Fieber und trockenen Husten. Wir haben bei fast allen Patienten festgestellt, dass es ein paar Tage gedauert hat, ehe es ihnen wirklich richtig schlecht ging. Das bedeutet, dass diese Patienten immer schneller und tiefer atmen. In diesem Stadium kommt nicht genügend Sauerstoff im Blut an. Sie erhalten zunächst Sauerstoff, aber bei vielen hat das nicht ausgereicht. Sie müssen in Vollnarkose gesetzt und invasiv beatmet werden.“

Für die Kranken ist diese Behandlung überlebensnotwendig und quälend zugleich. Patienten, die besonders viel Sauerstoff brauchen, werden in Bauchlage gedreht. Das Ganze erstreckt sich über eine längeren Zeitraum. Professor Karagiannidis: „Das ist fast die zäheste Erkrankung, die ich bis jetzt gesehen habe. Sie dauert  drei bis vier Wochen, bis die Patienten wieder gesund werden, bei  leichteren Verläufen zehn  bis 14 Tage. Manche Patienten benötigen eine künstliche Lunge, können aber wieder völlig gesund werden trotz eines sehr langen Verlaufes.“

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Wer die Intensivstation verlassen darf, wird auf die Normalstation verlegt und geht von dort aus in eine Reha-Klinik. Einige Patienten müssen auf einer sogenannten Weaningstation von der künstlichen Beatmung entwöhnt werden und wieder lernen, selbstständig zu Atmen. „Sie kämpfen sich Schritt für Schritt wieder ins Leben zurück.“

„Darauf darf man ruhig stolz sein“

Die Zahl der Intensivpatienten geht derzeit in beiden Kliniken deutlich zurück. Die Intensivmediziner sehen indes keinen Anlass zum Leichtsinn in der Bevölkerung. „Man muss wachsam bleiben. Für ein sorgloses Verhalten besteht keine Veranlassung. Wir müssen uns noch eine ganze Weile weiter an die Spielregeln im Umgang mit dem Virus halten“, sagt Christian Karagiannidis. 

Matthias Kochanek beurteilt das ähnlich: „Wir sind auf einem guten Weg, wir sollten das nicht aufs Spiel setzen.  Man darf nicht vergessen: Wir haben in Deutschland einen wahnsinnigen Erfolg erreicht. Mein Eindruck ist, dass das manchmal in der Gesellschaft ein wenig untergeht. Man nimmt das fast wie selbstverständlich hin, nach den Motto: Glück gehabt“. Das habe aber weniger mit Glück zu tun.

„Wir haben eine gute Infrastruktur mit vielen Intensivbetten“, so Kochanek von der Uniklinik weiter. „Ich habe mit etlichen Freunden und Kollegen in Italien und Frankreich gesprochen, die über ganz andere Zustände berichten. Wir haben viele Infektionen, vergleichbar mit anderen europäischen Ländern, haben aber mit Abstand die geringsten Sterberaten. Wir haben gemeinsam eine Menge geschafft, darauf darf man ruhig stolz sein.“

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