Corona in KölnOB Reker will „nicht nachlassen“ – die wichtigsten Fragen zu No-Covid

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Reker PK

Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Köln – Kölns Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat am Dienstag einen Strategiewechsel in der Corona-Politik gefordert. Nun legt sie nach – und kritisiert die Landesregierung scharf. Die wichtigsten Fragen und Antworten. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat mit ihrem Bekenntnis zur „No-Covid-Strategie“ für Aufsehen gesorgt. Was hat sie vor? Zum einen will sich Reker die Vorschläge der „No-Covid“-Initiative zunutze machen, um die Arbeit im Kölner Gesundheitsamt zu optimieren. Das gilt etwa für die Übergabe der Daten aus Antigen- und Schnelltests, die in Zukunft automatisch erfolgen soll. Außerdem arbeiten Uniklinik und Stadt an einem „Konzept für eine neue Kölner Teststrategie“, sagt Reker. Ein Ziel ist dabei der schnellere Zugang zu PCR-Tests. Reker erklärte am Mittwoch, man müsse in Tests und eine bessere Kontaktverfolgung investieren.

Beschränkt sich der Vorstoß auf die Stadt?

Nein. Rekers Aussagen sind auch als politischer Appell nach oben zu verstehen. Wie die Wissenschaftler der „No-Covid“-Bewegung ist die 64-Jährige überzeugt, dass ein längerer Lockdown in der Folge zu mehr Freiheiten führen würde – und künftige Einschränkungen verhindern kann. Die Stadt solle „alles dafür tun“, nicht nachzulassen, sofern es wie vom Land vorgesehen ab einer Inzidenz von 35 zu Öffnungen kommt.

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Ihr Ziel: Die Sieben-Tage-Inzidenz „Richtung zehn“ drücken und auf diesem Wert halten. So wäre das Virus „aus Sicht von Experten beherrschbar“, sagt Reker. Ihrer Meinung nach ist die Alternative zu „No-Covid“ beängstigend: „Von einem Lockdown in den Nächsten zu gehen“, führe „nur zu Frust und Ermüdung“ und sei wirtschaftlich kaum durchzuhalten.

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Doch verlängern kann sie den Lockdown nicht im Alleingang. Auch eine Ausgangssperre und ein stadtweites Alkoholverbot – Maßnahmen, von denen sich Reker viel versprochen hätte – wurden vom Land abgelehnt. So lautet ihr Schluss: „Eine No-Covid-Strategie können wir nur verfolgen, wenn uns als Kommune ein größerer Spielraum als bislang eingeräumt wird.“ Welche Änderungen sich für die Stadt im Detail ergeben, bleibt abzuwarten. Reker verwies am Mittwoch auf Sitzungen des Krisenstabs am Freitag und Montag, auf denen das weitere Vorgehen besprochen werde.

Wird der Lockdown jetzt noch einmal verschärft?

Erstmal nicht. Die Verschärfung des Lockdowns gehört – hier wird „No Covid“ gerne falsch verstanden – nicht zu den Zielen der Bewegung. Vielmehr geht es um eine effizientere Kontrolle und eine Verlängerung der Maßnahmen.

Doch Reker deutet mit ihrer Forderung nach einem „konsequenteren Lockdown“ und mehr Spielraum für Verschärfungen an, dass ihr in der aktuellen Situation ein härterer Lockdown vorschwebt. Hier würde sie womöglich über die Forderungen der „No-Covid“-Initiative hinausgehen. Unter den aktuellen Bedingungen wird sie dies allerdings nicht umsetzen können.

Lässt sich „No-Covid“ innerhalb einer Stadt realisieren?

Zumindest nicht ganzheitlich. Die vorgeschlagene Sieben-Tage-Inzidenz von unter zehn, ab welcher Lockerungen vorgesehen wären, kann Köln nicht zum neuen Ziel erklären. Auch bei den Schulöffnungen sind Reker weitgehend die Hände gebunden. Professor Michael Hallek, Mitinitiator von „No-Covid“ und wichtiger Berater der Oberbürgermeisterin, hält den Moment der Schulöffnung für einen „neuralgischen Punkt“ in der Pandemie.

Das Konzept der „roten“ und „grünen“ Zonen, in denen je nach Inzidenz Lockerungen möglich wären,ist nicht innerhalb einer Stadt umsetzen. „Das Konzept können Sie nicht in einem Alleingang als Insellösung einführen. Es funktioniert nur, wenn die Städte und Gemeinden einer Region gemeinsam im Boot sind“, so Hallek. Mit ihrer Forderung nach mehr Spielraum für Kommunen setzt Reker darauf, dass auch andere Städte im Umland offen für eine Verlängerung der Maßnahmen sind.

Was sagt die Landesregierung?

„Das Corona-Virus, auch das mutierte Virus, ist sehr ernst zu nehmen“, sagte ein Sprecher der Düsseldorfer Staatskanzlei. Um die Infektionszahlen dauerhaft zu senken, müssten „möglichst alle Beteiligten an einem Strang“ ziehen. Umso wichtiger sei es, „bei klaren Orientierungsgrößen zu bleiben“. Daher sei im  Infektionsschutzgesetz des Landes NRW die Sieben-Tage-Inzidenz von 50 und von 35 festgelegt worden. 

Was sagt die Kölner Politik?

„Wir müssen die Inzidenz möglichst kurzfristig herunterbekommen“, sagt Lino Hammer (Grüne). Es sei schädlich, sich von einem Lockdown in den nächsten zu hangeln. „Kein Kölner Sonderweg – es hilft nicht, wenn jeden Tag ein neuer Vorschlag zur Bewältigung der Corona-Pandemie gemacht wird“, sagt Christian Joisten (SPD). In Köln mache immer noch der Rat die Politik, nicht die Verwaltungschefin.

„Wir teilen das Ziel, dauerhaft niedrige Inzidenzzahlen zu erreichen“, sagt Bernd Petelkau (CDU). Gleichzeitig sei es wichtig, Schulöffnungen und Kinderbetreuung ebenso im Blick behalten wie die Belange von Handel, Gastronomie und Gewerbe. „Die Kölnerinnen und Kölner haben eine bessere Corona-Politik verdient, aber keine Stadtspitze die ihnen mit Ausgangssperren droht“, sagt Lorenz Deutsch (FDP). Reker solle stattdessen ihre Kollegen in den anderen Rathäusern fragen, was sie besser machen.

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