Christiane Hoffrath (Vorsitzende Notfallverbund) und Ulrich Fischer (Stellvertretender Leiter des Kölner Archivs)
Copyright: Dirk Borm
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Köln – Als im Juli 2021 Stolberg bei Aachen von der Flutkatastrophe heimgesucht wurde, brachen die Wassermassen auch in das Stadtarchiv ein. Wenige Tage darauf leistete Köln mit einem bundesweit einmaligen Einsatzmittel Hilfe: dem „Notfallcontainer Kulturgutschutz“ des Notfallverbunds Kölner Archive und Bibliotheken.
In dem Container, den die Kölner Feuerwehr zum Einsatzort fuhr, wurden die geborgenen Schriftstücke gereinigt und verpackt, bevor sie zur weiteren Bearbeitung an einen anderen Ort gebracht wurden.
Kulturschutz-Container bewahrte Archivalien aus Bad Neuenahr-Ahrweiler
Schon im Juli 2021 kam der Kulturschutz-Container erneut zum Einsatz, diesmal zur Bewahrung von Archivalien aus dem Depot des Stadtmuseums von Bad Neuenahr-Ahrweiler. Allerdings konnte er wegen der Situation vor Ort nicht ins Hochwassergebiet geschafft werden. Ein Spezialtransporter der Feuerwehr Weimar brachte das Kulturgut zum Parkplatz des Kölner Historischen Archivs am Eifelwall.
Auf einer Informationsveranstaltung auf dem Heumarkt zur Kulturgurettung wurde der Notfallcontainer vorgestellt.
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Dort war der Container platziert, in dem ein Team nicht nur Objekte aus Papier reinigte und verpackte, sondern zum Beispiel auch Grafiken und Gemälde. Am Samstag haben der Notfallverbund, das Historische Archiv der Stadt Köln und die Kölner Feuerwehr den innovativen Container, der als Folge von Einsätzen und auch Übungen technisch optimiert worden ist, auf dem Heumarkt vorgestellt. Anlass war der 5. Europäische Tag der Restaurierung.
Prototyp Resultat des Stadtarchiv-Einsturzes
Dass die Kölner mit diesem Prototyp die Nase vorne haben, liegt daran, dass man Schlüsse aus der Erfahrung mit dem Einsturz des Stadtarchivs an der Severinstraße im März 2009 gezogen hat. Damals habe man noch improvisieren müssen, sagte Claudia Tiggemann-Klein, Sprecherin des Historischen Archivs.
Auf dem Schulhof des Kaiser-Wilhelm-Gymnasiums seien Zelte und Klapptische aufgestellt worden, an denen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mithilfe von Schläuchen, Brausen und anderen Utensilien aus dem Baumarkt die geborgenen Archivalien mit Wasser gereinigt und dann verpackt hätten, bevor sie tiefgefroren wurden. Der in Gemeinschafsarbeit entwickelte Notfallcontainer, der seit Oktober 2020 bereitsteht und sowohl mobiler Arbeitsraum als auch Lagerbehälter für die nötigen Materialien ist, macht es möglich, bei einer Havarie mit der Erstversorgung von schriftlichem Kulturgut gleich vor Ort zu beginnen.
Container kann jederzeit mobil verlagert werden
Es ist ein sogenannter Abrollcontainer, der auf ein Fahrzeug der Feuerwehr geladen, zum Einsatzort gebracht und dort „abgerollt“ wird. Drinnen durchläuft das gerettete Kulturgut mehrere Stationen. Zur Dokumentation von Schäden wird es fotografiert, dann grob trocken gereingt, anschließend auf perforierten Metallblechen abgeduscht und zum Schluss in Klarsichtfolie eingeschlagen.
Nun ist es vorbereitet auf die Schockgefrierung, die verhindert, dass sich sein Zustand verschlechtert. Später wird ihm das Wasser in einer Vakuum-Gefriertrocknungsanlage entzogen, bevor es an die Restaurierung geht.
Stammplatz in Weidenpesch
Auf dem Heumarkt standen auch zwei Fahrzeuge des Fernmeldediensts der Freiwilligen Feuerwehr Köln, denn dieser ist mit der technischen Unterstützung des Containers betraut, der seinen Stammplatz in der Feuer- und Rettungswache in Weidenpesch hat. Er hat rund 125 000 Euro gekostet und wurde mit städtischen Mitteln, Beiträgen der Institutionen, die im Notfallverbund zusammengeschlossen sind, und Fördergeldern finanziert.
Der Bund habe in Millionenhöhe Geld dafür bereitgestellt, nach dem Vorbild in Köln zehn Notfallcontainer mit Ausrüstung und Materialien für den Kulturgüterschutz anzuschaffen, sagte Christiane Hoffrath, Vorsitzende des Kölner Notfallverbunds. Auch international wecke der Prototyp großes Interesse, sagte Ulrich Fischer, stellvertretender Leiter des Historischen Archivs.
Kürzlich habe er dessen Funktionsweise in einer Videokonferenz mit Vertretern der Karibikinsel Curaçao erläutert, die einen solchen Container nach Havarien durch einen Hurrikan gebrauchen könnten; und bald komme ein „Kollege aus dem französischen Innenministerium“ zu einem Informationsbesuch. Zu den Vorteilen, die Frank Peters von der Kölner Berufsfeuerwehr nannte, gehört, dass der Abrollbehälter wartungsarm ist und sich die Arbeitsabläufe leicht erklären lassen. Zur Robustheit des mobilen Raums sagte er: „Auch bei Sturm und minus zehn Grad kann man hier noch arbeiten.“