„Wo im Ernstfall Schutz finden?“So steht es um die Bunker in Köln

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Die Krankenstation im Atombunker Köln-Kalk.

  • Mit dem Angriffskrieg in der Ukraine ist die Sensibilität in der Bevölkerung zu Schutzräumen gewachsen.
  • Nachdem 2007 der Bund die Erhaltung der Schutzräume eingestellt hat, stellt ein Experte nun ein deutliches Zeugnis aus.
  • Die Expertinnen und Experten der Parteien in NRW fordern, den Zivilschutz neu zu bewerten.

Köln/Düsseldorf – Die Führungen finden an jedem ersten Sonntag im Monat statt. Robert Schwienbacher führt die Besucher durch einen Ort, der an den Kalten Krieg erinnern soll. An der U-Bahn-Station Kalk Post ist ein Atom-Schutzbunker erhalten, in dem einst 2366 Menschen untergebracht werden konnten.

„Seit dem der Krieg in der Ukraine ausgebrochen ist, erhalte ich täglich Anrufe von besorgten Bürgern, die sich einen Platz reservieren möchten, berichtet der 1. Vorsitzende des Vereins Dokumentationsstätte Kalter Krieg. „Die Menschen fragen sich, wo sie im Ernstfall Schutz finden könnten“, so Schwienbacher.

Kölner Schutzraum tauge nicht mehr als Zufluchtsort

In der U-Bahn-Station war in den 70er Jahren eine große Bunkeranlage entstanden, um Menschen vor dem radioaktiven Fallout zu schützen. Es gab Dieselaggregate, Luftfilter, einen Tiefbrunnen, Krankenstation und Liegen. „14 Tage hätten die Menschen dort überleben können“, berichtet Schwienbacher. Heute tauge der Schutzraum aber nicht mehr als Zufluchtsort. „Die technischen Anlagen sind seit 2005 nicht mehr gewartet worden“, berichtet der Experte für Wehr- und Schutzbauten.

Alles zum Thema Herbert Reul

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Bunker-Experte Robert Schwienbacher.

In Köln gibt es insgesamt noch 23 Hochbunker, die in Teilen noch vorhanden sind. Auch am Rudolfplatz gibt es noch Reste eines Atombunkers für 1536 Menschen, der allerdings nicht fertiggestellt worden ist. Nachdem der Bund die Erhaltung der Schutzräume im Jahr 2007 eingestellt hat, wurden die meisten umgenutzt oder an Investoren verkauft.

„Seitdem gibt es keinen Zivilschutz alter Prägung mehr“, stellt Schwienbacher fest. Und ergänzt: „Auch die so genannten Atombunker hätten einem direkten Bombentreffer übrigens nicht Stand gehalten.“

2007 wurde Zivilschutz beendet

Mit dem Krieg in der Ukraine gibt es nun eine neue Sensibilität für den Zivilschutz in der Bevölkerung. In der Politik deutet sich die Bereitschaft an, die Lage neu zu bewerten. Der Bund habe vor, die geplante Umnutzung von noch vorhandenen Bunkern zu stoppen und „gemeinsam mit den Ländern eine vollständige Bestandsaufnahme der noch vorhandenen Schutzräume durchzuführen“, sagte ein Sprecher von NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

Auch die Politiker im Düsseldorfer Landtag erhalten derzeit viele Anrufe von besorgten Bürgern aus ihren Wahlkreisen. „Beim Zivilschutz haben wir Nachholbedarf, hier muss eine detaillierte Analyse erfolgen“, fordert der FDP-Politiker Werner Pfeil. In Gefahrensituationen könne die Bevölkerung durch richtiges Verhalten einen erheblichen Eigenanteil zur Sicherheit leisten.

Flur

Der Flur im früheren Kölner Atombunker.

Gregor Golland, Innen-Experte der CDU, erklärte, mit der Widerherstellung der Abwehrbereitschaft nach außen müsse auch die Stärkung des Zivilschutzes einhergehen. Der Bund sei aufgefordert, ein zeitgemäßes Konzept für den Zivilschutz vorzulegen. 

Grüne verlangen Amt für Katastrophenschutz 

Die Grünen verlangen ein eigenes Katastrophenschutzamt des Landes sowie Katastrophenschutzbedarfspläne für die Kommunen. „Der Staat ist in der Verantwortung, für den entsprechenden Schutz seiner Bürgerinnen und Bürger zu sorgen“, sagte Fraktionschefin Verena Schäffer.

Allerdings könne effektiver Schutz nur gelingen, wenn Bürgerinnen und Bürger selbst grundsätzlich in der Lage seien, eine Notfallsituation für eine bestimmte Zeit ohne Hilfe durch andere gut zu überstehen. „Dazu gehören die bereits geltenden Empfehlungen wie zum Beispiel der Besitz eines batteriebetriebenen Radios, um bei Stromausfall über das Radio Warnungen und Hinweise zu erhalten“, so Schäffer.

SPD will Tiefgaragen und U-Bahnen in Schutzkonzept einbeziehen

Andreas Bialas, Bundeswehrbeauftragter der SPD-Landtagsfraktion, forderte das Land auf, ein neues Konzept für den Zivilschutz aufzulegen. „Dabei geht es nicht nur um die bessere Vorbereitung auf einen militärischen Ernstfall, der hoffentlich nie eintreten wird, sondern darum, sich auf unterschiedlichste Katastrophen-Szenarien besser einzustellen.“

Die Flut-Tragödie habe gezeigt, dass die Landesregierung nicht im Stande gewesen sei, eine Großlage erfolgreich zu managen. „Es ist dringend erforderlich, dass es mehr gemeinsame Übungen von Krisenstäben und Feuerwehren auf den unterschiedlichen Ebenen gibt“, erklärte Bialas.

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Der SPD-Politiker wies darauf hin, dass bei künftigen Bauplanungen auch der Zivilschutz wieder eine wichtigere Rolle spielen müsse. „Tiefgaragen und U-Bahnbauten können der Bevölkerung in begrenztem Umfang Schutz bieten, wenn sie entsprechend konzipiert werden“, sagte Bialas. „Am Ende werden auch solche Vorkehrungen nur ein einzelner Baustein sein. Von zentraler Bedeutung wird es sein, dass wir als Gesamt-Gesellschaft auf hybride Bedrohungslagen vorbereitet sind und die Grundfähigkeiten des Zivil- und Katastrophenschutzes insgesamt ausbauen.“      

Schutzanlagen-Referent Robert Schwienbacher rät dazu, den Menschen keinen Sand in die Augen zu streuen. „Sollte eine Atombombe auf Köln fallen, würde ein vier Kilometer großer Krater entstehen. Der Feuerball wäre heißer als die Sonne. Im Falle eines solchen Angriffs wäre jeder Zivilschutz zwecklos.“

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