NRW-Check„Schlechte Noten für Schulpolitik müssten Wüst zu denken geben“

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Gebauer 090222

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer  

  • Im „NRW-Check“ der Tageszeitungen zeigt sich eine große Unzufriedenheit mit der Schulpolitik.
  • Thomas Poguntke ist Co-Direktor des Instituts für Parteienrecht und Parteienforschung der Uni Düsseldorf.
  • Er analysiert die Umfrage-Ergebnisse und die Chancen der Parteien ein Vierteljahr vor der Landtagswahl.

Herr Professor Poguntke, was sind für Sie die interessantesten Ergebnisse des aktuellen „NRW-Checks“?

Thomas Poguntke: Die Landesregierung unter dem neuen Ministerpräsidenten Hendrik Wüst berappelt sich, aber doch relativ langsam. So kurz im Amt und so kurz vor der Wahl, ist Wüst da in einer durchaus schwierigen Lage. Beide Frontmänner stehen ein Vierteljahr vor der Wahl auffallend schwach da. Bei Thomas Kutschaty, als Oppositionsführer eigentlich schon länger in der Pole Position, ist das nochmal eklatanter. Sein Rückhalt in der SPD ist schlechter als Wüsts in der CDU.

Was noch?

Die generelle große Skepsis der Bevölkerung, was die Kompetenz der Parteien insgesamt angeht. In der Parteienforschung kennen wir das inzwischen auf allen politischen Ebenen, ob nun im Bund, in den Ländern oder den Kommunen. Für die Demokratie und die Legitimation unseres politischen Systems ist es kein schöner Befund, wenn die Hälfte aller Bürger sagt: Von denen, die da zur Wahl stehen, löst keiner die Probleme. Über die Grünen sagt das sogar mehr als die Hälfte der eigenen Wählerschaft.

Aber liegt das nicht eher an der Übermacht der Probleme als an der Schwäche der Politik?

Ganz gewiss stehen wir vor Großproblemen, angesichts derer die Politik ein Stück weit hilflos ist. Bestes Beispiel: der Klimawandel. Dann natürlich die Pandemie, in der nach zwei Jahren das Zutrauen bröckelt und viele Menschen auch die ständig wechselnden Ansagen satthaben. Demgegenüber gibt es aber Politikfelder, auf denen es schon sehr vom Handeln der jeweils Verantwortlichen abhängt, wie gut sie bestellt sind. Die schlechten Noten für die Schulpolitik müssten Hendrik Wüst sehr zu denken geben. Das Schulministerium ist zwar von der FDP besetzt, die in der Wahl dann womöglich den höchsten Preis bezahlen muss. Aber das Thema Schule erscheint als Achillesferse für die ganze Regierung.

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Zumal viele Bürger ihre Wahlentscheidung laut Umfrage deutlich von Themen abhängig machen, die spezifisch landespolitisch sind.

Das ist ein Reifezeugnis für die Wählerinnen und Wähler. Sie wissen, worum es geht und worauf die Landesregierung direkten Einfluss hat. Aber die Landespolitik hat in den vergangenen Jahren auch noch aus einem anderen Grund wieder eine eigenständigere Rolle bekommen, den man im „NRW-Check“ gut ablesen kann.

Welchen Grund meinen Sie?

Die Unübersichtlichkeit der Koalitionsmodelle. In der alten Bundesrepublik sind die Länder gern dem Bund gefolgt – konkret der Farbenkombination Schwarz-Gelb oder Rot-Gelb. Landtagswahlen waren da oft nur eine Art „Bundesratswahlen“, das bedeutet, dass die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat eine wichtige Rolle spielten. Inzwischen ist auf der Landesebene so gut wie jede Konstellation vertreten. Alles ist möglich, alles ist machbar. Statt festgefügter Blöcke kommt es deshalb umso mehr auf die Personen an, also auf die jeweiligen Ministerpräsidenten oder -präsidentinnen.

Es gab aber doch immer auch das Phänomen der Frust- oder Denkzettelwahl in den Ländern nach einem Machtwechsel im Bund.

Richtig. Aber das trifft heutzutage eher eine einzelne Partei als ein Koalitionsmodell.

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Professor Thomas Poguntke

Die Präferenzen der Bürgerinnen und Bürger für die Regierungsbildung liegen ganz klar bei den Zweierkombinationen: CDU/FDP versus SPD/Grüne. Die Ampel hat keinen erkennbaren Sog-Effekt. Wie erklären Sie sich das?

Die Wahlberechtigten sind auch hier clever. Sie wissen, dass Zweierbündnisse einfacher zu handhaben sind als Dreierkombinationen. Aber die Angabe der Präferenzen vor einer Wahl würde ich nicht überbewerten. Die Menschen folgen am Ende – also nach der Wahl – dem, was dann politisch möglich ist. Als nach der Bundestagswahl im September die Ampel konkret wurde, stiegen sofort auch ihre Zustimmungswerte.

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