Wir bauen auf der Schiene, was das Zeug hält: Das Land NRW und die Deutsche Bahn unterzeichnen eine Kooperationsvereinbarung.
NRW besiegelt Baupakt mit der BahnWüst und Lutz: Plötzlich ziemlich beste Bahn-Freunde


Im Großraum Köln müssen sich Pendler in den kommenden Jahren auf viele neue Baustellen einstellen. Unser Bild zeigt Arbeiten an den Gleisen zwischen dem Bahnhof Köln Messe/Deutz und der Hohenzollernbrücke.
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So ist das immer auf der Sommertour des Bahnchefs Richard Lutz durch die Bundesländer, die ihn willkommen heißen, um mit ihm mal wieder über die marode Infrastruktur zu sprechen. Hinter verschlossenen Türen wird Klartext gesprochen, im Anschluss vor laufenden Kameras eine Kooperationsvereinbarung unterschrieben. Deren Inhalt besteht daraus, den Geldregen aus dem 500 Milliarden Euro schweren Sondervermögen Infrastruktur loben und noch einmal alle Projekte aufzulisten, die es „gemeinsam und stringent“ umzusetzen gilt.
Man treffe sich mit allen Landesregierungen, „die Interesse an einer guten Bestandsaufnahme, aber auch gemeinsamen Aktivitäten und Umsetzungen nach vorne haben“, sagt der Bahnchef. Das dürften so ziemlich alle sein. Mit Ausnahme der östlichen Bundesländer vielleicht.
NRW darf auf mehr Geld hoffen
„Insofern ist NRW nicht das erste und wahrscheinlich auch nicht das letzte Bundesland“, sagt Lutz. Aber NRW sei wie ein Brennglas. „Hier kann man sehen, wie die Schieneninfrastruktur leidet.“ Unter darunter leide ganz Deutschland. Wegen der vielen langlaufenden Linien und des Güterverkehrs. „Wenn wir etwas Gutes für NRW tun, hat das einen Effekt für ganz Deutschland.“
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Was das in konkreten Zahlen bedeuten könnte, wird natürlich nicht öffentlich und nur in hinter vorgehaltener Hand kolportiert. Die Bahn habe signalisiert, ihr Jahresbudget für NRW von zwei auf drei Milliarden Euro aufzustocken, heißt es. Hoffentlich ist das nicht eines der Signale, die kurzfristig auszufallen drohen.

Die Deutsche Bahn muss in NRW viel investieren: Bahnchef Richard Lutz (r.), Ministerpräsident Hendrik Wüst und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer unterzeichnen am Dienstag in Düsseldorf eine Kooperationsvereinbarung.
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Dass in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zum Rest der Republik alles noch viel schlimmer als schlimm ist, kann der Bahnchef bei seinem Besuch bei Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) in der Düsseldorfer Staatskanzlei gleich an einem aktuellen Fall verdeutlichen. Am Morgen tritt exakt das ein, was für die Bahnkunden im Rheinland in den Jahren 2028 und 2029 zum Alltag werden könnte. Kein Zugbetrieb entlang des Rheins. Auf beiden Seiten gleichzeitig. Im Rechtsrheinischen fährt zwischen Köln und Bonn bis auf ein paar Bauzüge im Moment gar nichts. Bauarbeiten. Linksrheinisch fällt am Morgen die Signaltechnik aus und legt den Verkehr zwischen Köln und Mainz für Stunden lahm.
„Deutschland hat viele Baustellen“, sagt Lutz. „Wir als Eisenbahn und als Infrastruktur sind eine davon. Das sieht man ganz besonders hier in NRW, wo der Zustand noch schlechter ist als in anderen Bundesländern.“
Bahnchef dankt für die Unterstützung
Bei 20 Millionen Fernreisenden, 215 Millionen Pendlern pro Jahr und „ganz viel Güterverkehr“ gebe es daher nur eine Lösung: „Sehr konsequent den Sanierungsstau auflösen, modernisieren und digitalisieren.“ Ohne Bauen werde das nicht gehen. Er sei sehr dankbar, „dem Ministerpräsidenten und dem Verkehrsminister, dass wir das gemeinsam angehen“, sagt Lutz. „Wir sind besonders dankbar, dass wir hier Unterstützung haben, nicht nur vom Ministerpräsidenten, der die Themen ja aus seiner Vergangenheit als Verkehrsminister kennt und der auch viele Dinge schon gemeinsam mit uns losgetreten hat.“
Aber wozu dann der Aufwand? Man könnte doch auch sagen: Wir machen einfach weiter. Wozu eine Kooperationsvereinbarung, die nur aus Absichtserklärungen und „unter dem Vorbehalt insbesondere der bedarfsgerechten Verfügbarkeit von Finanzierungsmitteln“ steht? Nach dem Motto: Wenn das Geld nicht reicht, könnt ihr alles vergessen: den Deutschlandtakt, die Zukunftsbahnhöfe, die Digitalisierung, das robuste Netz.
„Das Thema Finanzierung war in den letzten Jahren ein limitierender Faktor. Das hat jetzt eine andere Perspektive und eine andere Umsetzungsgeschwindigkeit. Das wird uns helfen“, sagt Lutz.
„Nirgendwo ist so viel zu tun wie bei uns“, ergänzt Ministerpräsident Wüst. Das war sein Mantra vor ein paar Jahren, mit Blick auf die maroden Autobahnen – und damit war er recht erfolgreich. Also warum jetzt nicht die Schiene in den Mittelpunkt rücken? Man werde sehr genau darauf achten, dass mit Blick auf den Zustand in NRW auch überproportional Mittel investiert werden, so Wüst. Das sei auch im Sinne der Deutschen Bahn. „Deshalb haben wir auch keinen Dissens. In München und Hamburg wird nichts besser laufen, wenn das Zwischenstück in NRW nicht besser läuft“, so Wüst weiter. Das Geld dürfe nicht „aus politischen Gründen an NRW vorbei investiert werden.“
Für den Bahnchef muss das wie ein Freifahrtschein klingen. Bei den Bauprojekten in NRW, allein zehn der 40 Generalsanierungen stehen im bevölkerungsreichsten Bundesland an, wird er auf keinen Widerstand stoßen. Wüst und Lutz, plötzlich sind sie ziemlich beste Bahnfreunde. Jetzt muss der Bahnchef nur noch das Baustellenchaos in den Griff kriegen. Aber das steht ja auch in der Absichtserklärung.