Wer Rheinwasser abpumpt, muss normalerweise fünf Cent pro Kubikmeter zahlen. Dies müsse auch bei der Befüllung der Braunkohle-Tagebaue gelten.
Tagebau-GutachtenRWE muss für Wasser aus dem Rhein bezahlen

So soll es in Jahrzehnten im Tagebau Garzweiler aussehen: Ab dem Jahr 2030 werden die Kohle-Löcher mit Rheinwasser gefüllt.
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Der Konzern RWE Power muss für das Rheinwasser bezahlen, mit dem er seine Braunkohle-Tagebaue im Rheinischen Revier fluten will. Zu diesem Ergebnis kommt ein Rechtsgutachten der Kanzlei PNT-Partner. „Der Konzern hat über Jahrzehnte hinweg durch das Abpumpen von Grundwasser den Gewässerhaushalt in der Niederrheinischen Bucht zerstört“, sagte Dirk Jansen vom nordrhein-westfälischen Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND), der das Gutachten in Auftrag gegeben hat: „Anstatt die Verantwortung für die wasserwirtschaftlichen Langzeitfolgen der Braunkohlengewinnung auf die Allgemeinheit abwälzen zu wollen, muss RWE endlich zu seiner Verantwortung der dauerhaften Nachsorge stehen.“
Die Aufgaben zur Renaturierung der Tagebaue sind gigantisch. Wenn es gut geht, wird es Schätzungen zufolge etwa 40 Jahre dauern, bis die Kohle-Löcher vollständig geflutet sind. Der Tagebau Inden soll das Wasser aus dem Fluss Rur bekommen. Der bis zu 400 Meter tiefe Tagebau Hambach und der 200 Meter tiefe Tagebau Garzweiler sollen mithilfe einer Pipeline aus dem Rhein in Freizeit-Seen verwandelt werden. Das Rheinwasser wird zudem genutzt, um die Feuchtgebiete des Naturparks Schwalm-Nette wieder aufzufüllen, die durch den Tagebau austrocknen.
45-Kilometer-Pipeline vom Rhein bis nach Hambach und Garzweiler
RWE plant dafür den Bau und Betrieb einer 45 Kilometer langen Rheinwassertransportleitung von Dormagen-Rheinfeld zu den Braunkohlentagebauen Hambach und Garzweiler. Das hat auch die Landesregierung in ihrer Leitentscheidung bekräftigt. Noch gibt es die Pipeline aber nur auf dem Papier. Allerdings hat RWE mit der Stadt Dormagen bereits eine Rahmenvereinbarung über Bau und Betrieb der Transportleitung geschlossen.
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Über ein „Entnahmebauwerk“ sollen laut Naturschutzbund bis zu 18 Kubikmeter Rheinwasser pro Sekunde aufgenommen und dann weitergeleitet werden. Ab 2030 würden dadurch jährlich bis zu 340 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Rhein entnommen und in das ehemalige Braunkohlenrevier geleitet werden. Da die Pipeline laut BUND noch 70 Jahre nach Tagebauende betrieben werden soll, könnte durch das Wasserentnahmeentgelt ein Milliardenbetrag zustande kommen.
Konzern glaubte, nicht zahlen zu müssen
Nach dem Wasserentnahmeentgeltgesetz NRW (WasEG) jedenfalls erhebt das Land „für das Entnehmen und Ableiten von Wasser aus oberirdischen Gewässern“ üblicherweise eine Gebühr in Höhe von fünf Cent pro Kubikmeter. Die Einnahmen sollen, gemäß der EU-Wasserrahmenrichtlinie, beispielsweise für die Renaturierung von Fließgewässern eingesetzt werden.
In der Vergangenheit hatte RWE verlautbaren lassen, dass es sich bei den Maßnahmen um „behördlich angeordnete Benutzungen“ handele, weshalb der Konzern die Gebühr nicht zahlen müsse. Die Intention des Wasserentnahmegesetzes würde auf die Befüllung der Tagebaue nicht zutreffen, hat ein Sprecher des Konzerns dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ vor etwa einem Jahr gesagt. „Wir entnehmen das Wasser doch nicht, um es zu verbrauchen. Wir überführen es lediglich aus ökologischen Gründen.“
RWE: „Werden uns nicht an Spekulationen beteiligen“
Schriftlich hatte der Konzern zuvor wissen lassen, „die Überleitung von Rheinwasser“ diene schließlich „der Befüllung der Tagebauseen, der Ökowasserversorgung im Nordraum und der Wiederauffüllung der Grundwasserkörper“. Durch die „frühzeitige und schnellstmögliche Befüllung“ werde „die ökologische Situation im Rheinischen Revier in vielerlei Hinsicht verbessert“. Insgesamt also würde „eine Kostenbelegung der geplanten Zuführung von Rheinwasser ins Revier nicht der Lenkungsabsicht des Wasserentnahmeentgelts entsprechen“, so der Konzernsprecher.
Vor einem Jahr noch deutlich, äußerte RWE sich jetzt auf Anfrage zurückhaltender. Der Konzern wolle dem behördlichen Verfahren „nicht vorgreifen“ und sich „darüber hinaus auch nicht an Spekulationen beteiligen“, hieß es. Zum Rechtsgutachten des BUND NRW, das dem Unternehmen nicht vorliege, könne man sich nicht äußern.
Gutachter: „An der Bezahlung führt kein Weg vorbei“
Auch die Frage, ob der Energieversorger auch weiterhin der Ansicht ist, das Flusswasser für die Tagebaue kostenlos entnehmen zu können, beantwortete ein Sprecher nicht. Lediglich grundsätzlich, ohne Bezug auf die eigentliche Fragestellung, teilte er mit: „Selbstverständlich hält sich RWE Power jederzeit an alle rechtlichen Vorgaben und entrichtet bereits heute, zum Beispiel für das zur Stromerzeugung benötigte Kühlwasser für die Kraftwerke, ein Wasserentnahmeentgelt in zweistelliger Millionenhöhe.“
Rechtsanwalt Tobias Kroll von der Kanzlei PNT interessiert die Kühlwasser-Bezahlung nicht. „An der Entgeltpflicht für die Wasserentnahme von Tagebauflutungswasser jedenfalls führt gegenwärtig kein Weg vorbei“, betont der Gutachter. „Die Befüllung der Restlöcher“ diene „der Wiedernutzbarmachung und damit der Herstellung eines nachbergbaulichen Zustandes“.
Flutung der Tagebaue ist „bergrechtliche Pflicht von RWE“
Dies erfolge zwar im Rahmen eines behördlich abgestimmten, zum Teil auch vorgegebenen Rahmens. „In erster Linie ist die Renaturierung aber eine bergrechtliche Pflicht der RWE, die durch das eigene unternehmerische Interesse an der Aufnahme der Bodenschatzgewinnung begründet ist“, so Kroll. „Die abschlussbetriebsplankonforme Wasserhaltung in Form der Flutung“ erfolge „im eigenen Interesse“ des Konzerns, wenn er nach dem Ende des Braunkohleabbaus aus ihren Pflichten nach dem Bundesberggesetz entlassen werden will“.
Da die Kosten der Bewirtschaftung von Gewässern angesichts der Folgen des Klimawandels zunehmend steigen würden, wäre eine Befreiung von Wasserentnahmeentgelten auch rechtspolitisch nicht vertretbar, heißt es im Gutachten. „Die Nutzung der aus dem Tagebau stammenden Braunkohle zur Energiegewinnung und die dadurch bedingte Freisetzung von CO2 hat schließlich selbst unmittelbar zum Klimawandel beigetragen.“

