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Der Erftverband und die RückhaltebeckenDer Damm in Horchheim hielt stand

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Die Wassermassen haben im Juli am Niederberger Rückhaltebecken die Betonkante der Notentlastung überströmt, aber nicht den Damm. 

Eicherscheid/Weilerswist/Erftstadt – Das war knapp. Richtig knapp. Als im Juli die Hochwasserwelle Erft und Rotbach über die Ufer treten ließ, liefen die Rückhaltebecken bei Weilerswist-Horchheim, Eicherscheid und Erftstadt-Niederberg und  so voll wie nie zuvor. In  Niederberg stand das Wasser 40 Zentimeter unter der Deichkrone, in Horchheim floss es über den Damm, in Eicherscheid sprang erstmals in der Geschichte des Bauwerks die Hochwasserentlastung an. 150 Kubikmeter Wasser pro Sekunde flossen Richtung Eicherscheid. Aber: „Die Dämme haben gehalten“, sagt  Ulrich Muris, Abteilungsleiter Gewässerbetrieb beim Erftverband. Immer wieder hatte es während und nach der Katastrophe Gerüchte gegeben, der Horchheimer Deich sei gebrochen, das Niederberger Becken übergelaufen. In Eicherscheid fehlten nach Angaben des Erftverbands 40 Zentimeter bis der Damm überströmt worden wäre.

Beim Treffen mit dem  Diplom-Ingenieur in Horchheim zeigt sich das Hochwasserrückhaltebecken von seiner idyllischen Seite.  Ganz und gar harmlos fließt die Erft   dahin, Gräser und Sträucher in der flachen Senke glitzern bereift in der Wintersonne. Schwer vorstellbar, dass im Juli das Wasser vor und hinter dem Damm nahezu gleich hoch stand.

Neben dem Auslauf ist zu sehen, wie tief sich das Wasser, das über den Deich geströmt war, dort hineingefressen hat. Rückschreitende Erosion nennt man das. „Normalerweise ist Überströmen das Todesurteil für einen Damm“, sagt Muris. Dass er in diesem Fall gehalten habe, liege einerseits an den flachen Böschungen, andererseits am Kern aus Lehm.

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 Die ausgewaschene Stelle ist mittlerweile mit Wasserbausteinen aufgefüllt, das Betonbauwerk wurde untersucht. Muris zeigt die Messpunkte auf dem Deich, anhand derer regelmäßig überprüft wird, ob er sich bewegt hat. Die Wassermassen haben die Fenster  der Leitwarte im Durchlassbauwerk eingedrückt und dort die Elektrik zerstört.  Mindestens 230 Kubikmeter Wasser pro Sekunde sind bei der Flut in das Becken geströmt, das rund 1,3 Millionen Kubikmeter fasst.

Niederberg glimpflicher davongekommen

„Das Niederberger Becken ist glimpflicher davongekommen“, sagt Muris.  Es fasst rund eine Million Kubikmeter Wasser,  bis zu 78 Kubikmeter pro Sekunde flossen ein.  Ein Luftbild des Erftverbandes  zeigt, wie das Wasser die Notentlastung überströmt. Zu sehen  ist eine  Wand  vor dem Durchlass.  Am Morgen des 15. Juli wurden die Durchlässe geöffnet,  um zu verhindern, dass der Damm überflutet wird.

Beide Becken haben jeweils zwei Tore, die regulieren, wie viel Wasser in die Erft beziehungsweise  in den Rotbach abfließt. Diese Tore, Segmentschütze genannt, werden  abgesenkt, wenn die Becken eingestaut werden, und hochgefahren, wenn das Wasser abfließen soll.  Das kann man übrigens auch von Hand, wenn, wie in Horchheim, die Elektrik ausfällt. Normalerweise  werden die Tore automatisch gesteuert. Die in Horchheim verkleinern den Durchlass, wenn die Erft 30 Kubikmeter Wasser pro Sekunde führt, in Niederberg passiert das, wenn der Rotbach auf 20 Kubikmeter pro Sekunde angeschwollen ist. 

Zufluss muss neu gepflastert werden

Apropos Elektrik: In Eicherscheid funktioniert nach Angaben des Erftverbands  der Stellungsgeber noch nicht einwandfrei. Dadurch könne es zu Ungenauigkeiten  bei der Abflussmenge kommen. Das Problem werde aber in den kommenden Tagen behoben sein,  und da kaum Niederschlag angekündigt sei, sei das alles andere als besorgniserregend.

Ansonsten sei die Elektronik in Eicherscheid wieder komplett hergestellt und funktioniere einwandfrei, so Muris. Der Pegelmesser sei nun über Glasfaser angeschlossen. Der Erftverband habe auch in Eicherscheid die Reparaturarbeiten genutzt, um das Hochwasserrückhaltebecken auf den neuesten Stand zu bringen.

Eicherscheid

Nach Angaben des Erftverbands hat das Hochwasserrückhaltebecken bei  Eicherscheid einen Stauraum von rund 900 000 Kubikmetern. Am 14. Juli flossen laut Verband 130 m³/s in das Becken – mehr als das Doppelte als bei einem „Zehntausendjährlichen Hochwasser“.

Die maximale Staumenge ist kleiner als bei der Steinbachtalsperre. Dort konnten vor dem 14. Juli 1,2 Millionen m³ eingestaut werden. (tom)

Abgeschlossen sind die Arbeiten  aber auch zwischen Schönau und Eicherscheid noch nicht. So habe es den gepflasterten Zulaufspegel laut Muris „ganz schön zerhauen“. Das werde noch ausgebessert.

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„Der Zustand des Beckens selbst hat sich nicht geändert. Bei der Menge Regen, die statistisch einmal in 100 Jahren fällt, sollte nichts passieren“, so der Erftverband-Experte.

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